20 Jahre Institut Wiener Kreis

Das Institut Wiener Kreis feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen – u.a. mit einem Jubiläumssymposium am Campus der Universität Wien (5. bis 7. Dezember 2011). In seinem Gastbeitrag, der als Vorwort in der Jubiläumsbroschüre erschien, beschreibt Friedrich Stadler die Erfolgsgeschichte des Instituts.

Im Oktober 1991 im Rahmen des internationalen Symposiums "Wien-Berlin-Prag. Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie" als "Verein zur Förderung wissenschaftlicher Weltauffassung" begründet, hat das Institut Wiener Kreis seitdem eine beachtliche Aufwärtsentwicklung vorzuweisen: Einerseits ist es gelungen, die Tradition des aus seinem Heimatland vertriebenen Wiener Kreises des Logischen Empirismus lebendig zu dokumentieren und weiterzuentwickeln, andererseits auch auf internationaler Ebene ein Forum für die entsprechende Forschung und Lehre geschaffen zu haben.

Jubiläumssymposium von 5. bis 7. Dezember

Das Institut hat in den letzten zwei Dekaden zahlreiche internationale Konferenzen und Symposien veranstaltet, betreibt daneben drei Buchreihen in Deutsch und Englisch und hat ein internationales Zentrum für eine wissenschaftsorientierte Philosophie sowie für eine moderne Wissenschaftsphilosophie in der heutigen Wissenschaftslandschaft geschaffen. Die Tatsache, dass die Scientific Community verstärkt an diesem Unternehmen teilnimmt, ist ein erfreulicher Indikator dafür, dass es sich hier nicht nur um eine museale Vergangenheitsbewältigung, sondern um eine aktuelle länder- und fächerübergreifende Forschungsinitiative handelt.

Dies wird nicht zuletzt mit dem diesjährigen Jubiläumssymposium zum Thema "Philosophy of Science in Europe – European Philosophy of Science and the Viennese Heritage" sichtbar, das in enger Zusammenarbeit mit dem fünfjährigen Research Network Program "The Philosophy of Science in a European Perspective" (PSE) der European Science Foundation (ESF) mit Vortragenden aus der ganzen Welt veranstaltet wird.

Internationale und universitäre Einbettung

Die internationale Einbettung war bereits seit 1999 durch die Mitgliedschaft in der International Union for History and Philosophy of Science, Division of Logic, Methodology and Philosophy of Science gegeben. Darüber hinaus hat das Institut Wiener Kreis seit 2001 zusammen mit der Universität Wien die jährliche "Vienna International Summer University – Scientific World Conceptions" (VISU/SWC) erfolgreich veranstaltet, was somit heuer ebenfalls mit dem zehnjährigen Bestehen mitgefeiert werden kann.

In der Lehre spiegelt sich diese Aktivität in der Beteiligung an dem laufenden FWF-Doktoratsprogramm "The Sciences in Historical, Philosophical, and Cultural Contexts" sowie im Rahmen des neuen Master-Programms "History and Philosophy of Science". Außerdem ist das Institut seit Ende 2006 Hauptquartier der in Wien gegründeten "European Philosophy of Science Association" (EPSA).

Zwei wichtige Ereignisse haben die Bedeutung des Instituts mitbestimmt: Erstens der Kooperationsvertrag mit der Universität Wien im Jahre 1997, vor allem aber die Errichtung als Institut (Subeinheit) im Rahmen der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft der Universität Wien seit dem 1. Mai 2011.

Aktivitäten im In- und Ausland

Das sind nur äußere Zeichen der wachsenden Aktivitäten im In- und Ausland sowie der entsprechenden Kooperationen mit verwandten universitären Institutionen und Vereinigungen. Laufende längerfristige Forschungsvorhaben sind z.B. das viele Jahre vom FWF finanzierte Moritz Schlick Editionsprojekt einer kritischen Gesamtausgabe des Begründers des Wiener Kreises, das in Zusammenarbeit mit der Universität Rostock (Moritz Schlick-Forschungsstelle) ab heuer von der Akademie der Wissenschaften in Hamburg finanziert fortgesetzt wird. Eine seit 2008 laufende Ernst Mach Studienausgabe komplettiert diese Editionsprojekte, in der die Hauptwerke und ausgewählte Schriften des für den Wiener Kreis prägenden Naturforschers herausgeben werden. Daneben wurde die Geschichte der Wissenschaftstheorie im Rahmen von zwei FWF-Projekten zusammen mit dem Brenner-Archiv der Universität Innsbruck bis Ende 2011 erforscht und dokumentiert.

Ausblick


Mit Blick auf die Zukunft scheint noch immer das unvollendete Projekt eines empirisch-rationalen und sprachkritischen Programms als Erbe des klassischen Wiener Kreises in Zeiten anwachsender Wissenschaftsskepsis und kulturpessimistischer Öffentlichkeit relevant, mit dem utopischen Horizont einer demokratischen und humanen Gesellschaft im vereinten Europa und im globalen Kontext angesichts der krisenhaften ökonomischen und politischen Entwicklungen.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Friedrich Stadler ist Vorstand des Instituts Wiener Kreis und Professor für History and Philosophy of Science (Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftsphilosophie, Wissenschaftstheorie) an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät und der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft. Der vorliegende Gastbeitrag ist die gekürzte Version seines in der Broschüre "20 Jahre Institut Wiener Kreis" (PDF) erschienenen Vorworts.

Internationales Symposium "Philosophy of Science in Europe – European Philosophy of Science and the Viennese Heritage"

Montag, 5. bis Mittwoch, 7. Dezember 2011
Campus der Universität Wien, Aula und "Alte Kapelle"
Spitalgasse 2–4, 1090 Wien
Weitere Informationen (PDF)

Eintritt frei, um Anmeldung per Email an ivc@univie.ac.at wird gebeten.


Programmhinweis:
Wiener Vorlesung anlässlich 20 Jahre Wiener Kreis: "Das Denken der Wiener Moderne. Dynamik der Kreise, Resonanz der Räume"
Mittwoch, 30. November 2011, 19 Uhr
Wiener Rathaus, Wappensaal
Lichtenfelsgasse 2, Feststiege II, 1010 Wien
Weitere Informationen (PDF)