Von Wien über Hawaii nach China: Botaniker mit Weltruf

Josef Franz Karl Rock, geboren 1884 in Wien (vis-à-vis des Hauptgebäudes der Universität Wien) verließ Österreich im Jahr 1905, zunächst nach New York, zwei Jahre später nach Hawaii. Hier nahm die faszinierende Karriere des Autodidakten, der heute als einer der bedeutendsten Botaniker seiner Zeit gilt, ihren Anfang. Aber auch als Geograph, Linguist, Ethnologe und Fotograph, vor allem während seiner "chinesischen Jahre", erwarb sich J.F.K. Rock Weltruf. Im Gedenken an den österreichisch-amerikanischen Forscher versammeln sich von 23. bis 25. September 2011 WissenschafterInnen aus aller Welt, die sich mit den verschiedenen Forschungsfeldern und Arbeiten Rocks beschäftigen, an der Universität Wien.

1913 erschien J.F.K. Rocks "Indigenous trees of Hawaii" – bis heute eines der Standardwerke der Botanik. "Schon hier zeigte sich auch sein fotografisches Talent", berichtet Michael Kiehn, Leiter der Core Facility Botanischer Garten, von der Karriere des österreichisch-amerikanischen Multitalents, der nie eine formale botanische Ausbildung genoss. 1920 reiste Rock zum ersten Mal nach Indochina, um dann von 1922 bis 1949 – mit nur kurzen Unterbrechungen – in China zu leben und zu arbeiten. Seine Affinität zu China hatte sich schon in Wien gezeigt – in der Universitätsbibliothek gibt es ein Manuskript J.F. Rocks aus dem Jahr 1903 mit dem Titel "Praktisches Handbuch der nord-chinesischen Umgangssprache".

Rock war als Botaniker, Geograph, Fotograph, Linguist und Ethnologe tätig. "In all diesen Disziplinen hat er Herausragendes geleistet", sagt Kiehn, der das bevorstehende Symposium gemeinsam mit dem Visuellen Anthropologen Paul Harris (People and Places, Köln) organisiert, und erzählt weiter: "Seine letzten Lebensjahre verbrachte Rock wieder in Hawaii, wo er sich erneut mit der Pflanzenwelt der Inseln befasste und gleichzeitig seine ethnologisch-linguistischen Arbeiten zur Naxi-Kultur in China fortsetzte."

Faszinierende Forschungspersönlichkeit

Wie zahlreiche rezente Publikationen und Filme zu seinen Arbeiten und seinem Leben zeigen, ist die Faszination, die die Forschungspersönlichkeit "J.F.K. Rock" im internationalen Kontext ausübt, ungebrochen. Rocks Betätigungsfelder, in denen er individuell herausragende Leistungen erbrachte, sind in inhaltlicher wie geographischer Hinsicht äußerst divers. "Hierin ist wohl die Ursache dafür zu suchen, dass er zwar in einzelnen Wissenschaftsdisziplinen große internationale Anerkennung gefunden hat, sein Lebenswerk in seiner Gesamtheit aber erst nach und nach umfassend gewürdigt wird", so Kiehn.

Rock-Arbeitsgruppe in Wien gegründet

Denn während die Universität von Hawaii jüngst ihr Herbarium nach Rock benannt hat, und sein Werk auch in China höchste Wertschätzung genießt, ist der Wissenschafter in Österreich fast unbekannt. Um dies zu ändern, hat sich in Wien unter Koordination der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft eine Arbeitsgruppe zusammengefunden, bestehend aus ForscherInnen der verschiedenen Fachgebiete, in denen Rock tätig war, sowie aus offiziellen Vertretern der Stadt Wien. "Ziel dieser Gruppe ist es u.a., Rocks Forschungen und Aktivitäten in multilateralen Projekten – vor allem mit chinesischen Partnern – weiterzuführen", so Kiehn. So soll das Andenken an J.F.K. Rock und seine Leistungen für Wissenschaft und Kultur – bestenfalls zusätzlich mit positiven Auswirkungen auf den Wien-Tourismus – belebt werden.

Erste Schritte zur Würdigung gesetzt

"Joseph Francis Charles Rock, wie er sich nach seiner Einbürgerung in die USA nannte, hat mich von dem Moment an fasziniert, an dem ich zum ersten Mal mit seinen botanischen Arbeiten in Hawaii in Kontakt kam", erinnert sich Michael Kiehn: "Schon diese Arbeiten alleine hätten genügt, ihm dauerhaft einen Namen in der Wissenschaft zu machen. Dass er in weiteren Gebieten der Welt botanische Grundlagenforschung geleistet hat, und darüber hinaus in ganz anderen Wissenschaftsdisziplinen Weltruf genießt, wurde mir erst allmählich bewusst", so der Botaniker, dem es aus diesem Grund ein besonderes Anliegen ist, den aus Österreich stammenden Forscher (wieder) in das allgemeine Gedächtnis zu bringen.

In seiner Geburtsstadt Wien ist im Jahr 2011 ein erster Schritt für die Würdigung J.F. Rocks gesetzt worden: Am 18. Mai dieses Jahres ist ihm im ersten Wiener Gemeindebezirk, ganz in der Nähe seines Geburtshauses an der Mölkerbastei (Dr.-Karl-Lueger-Ring) ein Park gewidmet worden.

Symposium in Wien

"Das Symposium, das mit Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien am Botanischen Garten der Universität Wien und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften stattfinden wird, stellt einen weiteren Schritt dar", so Kiehn. Neben der Schaffung eines internationalen Kontaktforums und einer Plattform zur Präsentation, Diskussion und Würdigung der diversen Leistungen von J.F.K. Rock ist geplant, die Vorträge des Symposiums in Buchform zu veröffentlichen. Eingeleitet wird die Veranstaltung mit einem Film über J.F.K. Rock, in dem auch Original-Filmmaterial des Forschers zu sehen sein wird. Die Teilnahme am Symposium ist kostenlos. (red)

Internationales Symposium: Joseph Francis Rock: Botanist, Explorer and Preserver of Culture
Freitag, 23. bis Sonntag, 25. September 2011
Veranstaltungsorte:
Universität Wien, Fakultätszentrum für Biodiversität, Rennweg 14, 1030 Wien
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Dr. Ignaz-Seipel-Platz 2, 1010 Wien
Programm und nähere Details zu den Veranstaltungsorten (PDF)


Eckdaten zum Leben und Werk von J.F.K. Rock:

* am 13.1.1884 in Wien als zweites Kind von Franz und Franciska Rock
1903: Publiziert ein "Praktisches Handbuch der Nord-Chinesischen Umgangssprache"
1905: Abreise nach New York
1907-1920: Botanische Arbeiten in Hawaii
1920: Erste Exkursion nach Indochina
1922-1949: Ansässig in Lichiang – botanische und ethnologische Arbeiten in China
1949-1962: Botanische Arbeiten in Hawaii
† am 5. Dezember 1962
Wichtige Tätigkeiten:
- Botanische Forschungen: u.a. mehrere 10.000 getrocknete Herbarbelege chinesischer Pflanzen
- Pionier der fotografischen und filmischen Dokumentation von Pflanzen, Landschaften, Menschen und Kulturgütern in China
Ethnologische Dokumentationen, v.a. der Kultur der Naxi
- Umfangreiche fachwissenschaftliche und populärwissenschaftliche Publikationstätigkeit in Zeitschriften und Monographien
 Zur Liste