Leben und Arbeiten "weit weg von zuhaus"
| 01. Juli 2013Ob Erdöl oder Kohle: Fossile Brennstroffe werden zumeist in unbewohnten oder wenig besiedelten Gebieten abgebaut, z.B. in Sibirien. Wie leben jene Menschen, die als Arbeitskräfte an diese Orte pendeln? Damit beschäftigt sich von 8. bis 10. Juli eine Konferenz der Universität Wien und der ÖAW.
Im Zentrum der Konferenz "Mobiles Arbeiten im Bergbau und in der Petroleumindustrie" stehen die Arbeits- und Lebensbedingungen jener Menschen, die unsere fossilen Energieträger – wie Erdgas, Erdöl, Kohle – sowie weitere, wichtige Rohstoffe fördern. "Die Abbaugebiete verlagern sich weltweit stetig weiter in wenig besiedelte bzw. unbewohnte Gebiete. Zum Beispiel in die Arktis oder ins australische Outback. Wo keine lokalen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, muss ferngependelt werden", erklärt die Sozialanthropologin Gertrude Eilmsteiner-Saxinger.
Gemeinsam mit der Historikerin Elena Aleskevich und unter der Leitung von Heinz Faßmann führt sie am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien das FWF-Projekt "Lives on the Move: Vakhtoviki in North-Western Siberia" durch. Auf der Konferenz, die von 8. bis 10. Juli in der Kunsthalle am Karlsplatz stattfindet, werden Ergebnisse dieses Forschungsprojekts präsentiert und Einsichten internationaler ExpertInnen aus verschiedenen Disziplinen eingeholt. Organisiert wird die dreitägige Veranstaltung vom "Lives on the Move"-Projektteam in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Arktis und Subarktis am Institut für Stadt- und Regionalforschung der ÖAW.
Von der kanadischen Arktis bis ins australische Outback
Neben den vielschichtigen Verschränkungen von natürlichen Rohstoffen, sozialen und räumlichen Besonderheiten stehen aber auch das private Umfeld mobiler Menschen und regionale Entwicklungen in ihren Herkunftsregionen auf dem Tagungsprogramm. Weitere Schwerpunkte sind die Interaktion zwischen den kleineren Gemeinden in den Rohstoffgebieten und den einpendelnden ArbeiterInnen sowie die sozioökonomische Tragfähigkeit der Rohstoffindustrie in ruralen Peripherien.
Etwa thematisiert der kanadische Zirkumpolarforscher Chris Southcott von der Lakehead in seinem Konferenzbeitrag die Teilhabe der lokalen Bevölkerung an den Gewinnen des mobilen Rohstoffsektors in der kanadischen Arktis. Sharon Harwood von der James Cook University (Cairns, Australien) beschäftigt sich mit der Entwicklung von Dörfern und Kleinstädten rund um die Minen: Diese Siedlungen verlieren stetig an Bevölkerung, da die ArbeiterInnen lieber in den Großstädten leben und fernpendeln, als permanent im Outback zu wohnen.
Unser Erdgas aus Russland
Was haben Fernpendler in Russland mit uns hier in Österreich zu tun? "Jeder von uns, der sich heute auf dem Gasherd seinen Frühstückskaffee gekocht hat, kam schon indirekt mit jenen Menschen in Berührung, die 4.000 Kilometer entfernt am Gasfeld Yamburg täglich ihre Arbeit verrichten und in Fernpendlercamps leben", bringt Eilmsteiner-Saxinger den Bezug zum Konferenzthema auf den Punkt: "Yamburg ist eine Siedlung jenseits des Polarkreises in Westsibirien und wird von 6.000 mobilen Menschen zyklisch besiedelt. Von dort kommt der Großteil des Erdgases, mit dem wir in Europa, auch in Österreich, versorgt werden."
Neben Gertrude Eilmsteiner-Saxinger wird im Rahmen der internationalen Konferenz auch die Ethnologin Olga Povoroznyk von der Russischen Akademie der Wissenschaften zum Thema "russisches Fernpendeln" sprechen: Sie bringt das Beispiel von fernpendelnden Indigenen ein. (red)
Internationale Konferenz "Mobiles Arbeiten im Bergbau und in der Petroleumindustrie"
Montag, 8. Juli 2013, 9 Uhr bis Mittwoch, 10. Juli 2013, 13 Uhr
Kunsthalle Wien Karlsplatz, Treitlstrasse 2
1040 Wien
Weitere Informationen
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