Uni:Blicke: Ehrendoktorat für Carl Djerassi
Redaktion (uni:view) | 08. Juni 2012Am Dienstag, 5. Juni 2012, erhielt der gebürtige Wiener und Ausnahmewissenschafter Carl Djerassi die höchste Ehrung der Alma Mater Rudolphina: das Ehrendoktorat. Unter den Ehrengästen im Großen Festsaal waren u.a. Bundeskanzler Werner Faymann und Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder.
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Vor Beginn des eigentlichen Festakts kamen Rektor Heinz W. Engl und Bundeskanzler Werner Faymann noch ein wenig mit dem Ehrengast Carl Djerassi zum Plaudern.
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Wie Bundeskanzler Faymann später in seiner Rede kurz erwähnte, unterhielt er sich im Vorfeld mit Carl Djerassi über das Thema und den Begriff "Heimat".
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Nach dem Einzug der Amts- und SzepterträgerInnen der Universität Wien in den Großen Festsaal, …
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… begrüßte Rektor Heinz W. Engl die Ehrengäste im Saal, insbesondere natürlich Carl Djerassi, weiters Bundeskanzler Werner Faymann und Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder – Carl Djerassi hat der Wiener Albertina u.a. Werke aus seiner Paul Klee-Sammlung zur Verfügung gestellt.
Rektor Engl betonte, dass die Verleihung des Ehrendoktorats – die höchste Auszeichnung, die die Universität Wien zu vergeben hat – an Carl Djerassi ein besonderes Anliegen der Universität sei. Und nicht nur der Universität Wien, sondern auch der Republik Österreich, wie die Anwesenheit von Bundeskanzler Faymann zeige.
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Bundeskanzler Werner Faymann freute sich, dass Carl Djerassi zurück in seine Heimatstadt gekommen sei und das Ehrendoktorat der Universität Wien annehme. Das sei "eine große Geste der Versöhnung" – Djerassi musste 1938 vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen. Weiters betonte der Bundeskanzler, dass die Verleihung weit über den wissenschaftlichen Anlass hinaus gehe und Djerassi sich als aktives Mitglied der österreichischen Gesellschaft für eine weltoffene, gerechte und soziale Gesellschaft einsetze.
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Gleich vier Fakultäten, ein Unikum in der Einreichung bisheriger Ehrendoktorate, stellten den Antrag auf ein Ehrendoktorat für Carl Djerassi, so Horst Seidler, Dekan der Fakultät für Lebenswissenschaften, in seiner Begrüßungsrede. "Dieses Ehrendoktorat ist ein großes Danke Ihrer Universität, aus tiefstem Herzen", betonte der Dekan. Beide Eltern von Djerassi studierten an der Universität Wien, und hätte der Nazi-Terror nicht in Österreich gewütet, wäre die Universität Wien auch die Heimatuniversität von Carl Djerassi geworden. Dekan Seidler lud Carl Djerassi ein, gemeinsam mit der Universität Wien die Botschaft der Humanität in die Welt hinauszutragen.
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Bernhard Keppler, Dekan der Fakultät für Chemie, erläutert dem Publikum im Großen Festsaal die fachlichen Aspekte der bahnbrechenden Errungenschaften, die Carl Djerassi im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere erzielt hat. Berühmt ist dieser für die Erfindung der Pille, als deren "Mutter" er sich selbst bezeichnet. Keppler betonte, dass Djerassi neben der Pille weitere herausragende wissenschaftliche Leistungen vollbrachte, darunter die Entwicklung des ersten Antihistaminikums. Keppler schließt mit einem Zitat von Carl Djerassi aus seinem jüngsten Radiointerview: "Alles fängt mit der Chemie an."
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Die bewegende Laudatio sprach Karl Sigmund von der Fakultät für Mathematik, der gleich zu Beginn anmerkte, dass Carl Djerassi mit seinem vielseitigen Schaffen "jede Kategorie sprengt". Es folgte ein persönlicher Abriss von Djerassis wichtigsten Lebensstationen: Geboren 1923 in Wien, besuchte Djerassi das Sperlgymnasium in Wien Leopoldstadt. 1938 musste der damals begeisterte Fußballspieler vor den Nazis fliehen. "Dieser Verlust wiegt schwer", so Sigmund. Djerassi promovierte in Wisconsin, und entwickelte 1951 die erste Antibabypille. "Es gibt tausende verschiedene Pillen weltweit, aber nur eine davon wurde zu 'der Pille'", so Sigmund: "Ich kenne nur ein vergleichbares Beispiel, wo 'ein Buch' zu 'dem Buch' wurde, die Bibel." Neben seinen bahnbrechenden wissenschaftlichen Leistungen ist Djerassi auch künstlerisch tätig, als Literat und Kunstsammler, der u.a. ein wichtiges Residency-Programm zur Förderung junger KünstlerInnen ins Leben gerufen hat.
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"Das Ehrendoktorat der Universität Wien ist eine unerlässliche Geste der Abbitte", so Sigmund abschließend.
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Nach der Laudatio stiegen Rektor Heinz W. Engl und Harald Rindler, Dekan der Fakultät für Mathematik, für die feierliche Übergabezeremonie auf das Podium. Dekan Rindler trug den Text des Ehrendoktorats auf Latein vor und zeigte sich dabei, nach seinen eigenen Worten, "sehr bewegt".
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Die Urkunde des Ehrendoktorats an Carl Djerassi überreichten Rektor Heinz W. Engl, Dekan Horst Seidler, Dekan Harald Rindler und Dekan Bernhard Keppler.
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Seine Rede begann Carl Djerassi gleich mit einem Schuss Humor: er finde die Vielzahl an Titeln, wie Magnifizenz oder Spectabilis toll, und überlege gerade, ob er den Bundeskanzler nicht "El Magnifico" nennen könne. Nachdem das Gelächter im Publikum abebbte, wurde Djerassi ernst und betonte, dass sich dieses Ehrendoktorat von seinen anderen 27 unterscheide: "Hier haben meine Eltern studiert. Hier hätte ich studiert." Für Schmunzeln sorgte er dafür jedoch gleich wieder: "Dieses Ehrendoktorat geschenkt zu bekommen, ohne dafür zu arbeiten, ist nett." Und weiter: "Ich verdiene es ja auch."
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Nach seiner Rede, gab Carl Djerassi gemeinsam mit der Regisseurin Isabella Gregor eine szenische Lesung aus seinem jüngsten Theaterstück "Insufficiency/Killerblumen" zum Besten. Die Welturaufführung des Stücks findet im September 2012 in London statt; im Großen Festsaal der Universität Wien spielten Djerassi und Gregor kurze Exzerpte aus drei Szenen. Die Handlung passt äußerst gut in diesen Rahmen, da es sich beim Stück um einen akademischen Krimi handelt.
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Rektor Heinz W. Engl versprach Carl Djerassi, zur Premiere nach London zu kommen, bedankte sich bei allen Ehrengästen und erklärte das Buffet im Kleinen Festsaal für eröffnet.
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Dort gab es noch Gelegenheit, mit dem neuen Ehrendoktor der Universität Wien zu plaudern. Im Bild Konrad Paul Liessmann (vorne links), Vizedekan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft, mit Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder (Mitte hinten) und Carl Djerassi. (Text: Theresa Dirtl, Fotos: Petra Schiefer, Foto Weinwurm)
Die Verleihung des Ehrendoktorats an Carl Djerassi steht auch als Videomitschnitt zur Verfügung. Hier geht es zum Webstream.