Star der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wien
Gastbeitrag | 16. Oktober 2013Der 14. Oktober 2013 stand nicht nur durch den Wirtschaftsnobelpreis ganz im Zeichen der Wirtschaftswissenschaften: An der Universität Wien wurde die Oskar-Morgenstern-Medaille an Roger B. Myerson verliehen. Gemeinsam mit Studierenden berichtet uni:view über das glanzvolle Ereignis am neuen Universitätsstandort.

"Ich freue mich, den Preis im Namen von Oskar Morgenstern zu erhalten", erklärt Roger B. Myerson, Wirtschaftsnobelpreisträger und erster Träger der Oskar-Morgenstern-Medaille der Universität Wien. Bei der Pressekonferenz im Vorfeld der feierlichen Preisverleihung äußerte sich der US-Amerikaner nicht nur zu seinen eigenen Forschungen, sondern nahm mit dem Blick des Spieltheoretikers auch zur aktuellen politischen Krise in den USA Stellung. Der Demokrat kritisierte pointiert das Zwei-Kammern-System, das zahlreiche Blockademechanismen enthalte, und wies darauf hin, dass die US-Regierung nicht tatsächlich zahlungsunfähig sei. "Es wird etwas passieren, damit sie am Donnerstag irgendwie zahlen können. Wir können wohl mit einer Einigung rechnen, aber beide Parteien werden so lange wie möglich bei ihren Positionen bleiben", so Roger B. Myerson im ORF-Interview zum US-Budgetstreit. (zum ZIB2-Beitrag)

Die Oskar-Morgenstern-Medaille der Universität Wien wurde am 14. Oktober 2013 erstmals vergeben. Die Medaille wurde im Andenken an den großen österreichischen Wirtschaftswissenschafter Oskar Morgenstern (1902-1977), der 1938 in die USA emigrieren musste, ins Leben gerufen, aber auch anlässlich der Feier des 250-jährigen Bestehens der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien. Morgenstern ist auch Namenspate für den Platz vor dem neuen Gebäude (vormals Rossauer Lände 3). Er gilt gemeinsam mit John von Neumann als Begründer der Spieltheorie, die an der Schnittstelle zwischen Ökonomie und Mathematik angesiedelt ist. "Oskar Morgenstern hat für beide Disziplinen am neuen Standort eine besondere Bedeutung und steht symbolisch für die Zusammenlegung der beiden Fakultäten", so Heinz W. Engl, Rektor der Universität Wien, bei der Pressekonferenz im Vorfeld der Preisverleihung, ...

... an der auch der ehemalige Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, teilnahm – in seiner Rolle als Vorstandsvorsitzender der Austria Privatstiftung, die den Preis gestiftet hat. Winckler gilt als "Vater" des neuen Standorts der Universität Wien, dessen Errichtung er initiiert hat. Der Altrektor beschreibt die Oskar-Morgenstern-Medaille als ein Zeichen für die Förderung von Exzellenz an Universitäten. Auszeichnungen wie diese seien Wege, um Wissenschaft und Forschung sichtbar zu machen. Zum Namensgeber der Medaille, die mit Roger B. Myerson nun ein Wirtschaftsnobelpreisträger trägt, sagte Winckler: "Hätte es den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften früher gegeben, Oskar Morgenstern hätte ihn zusammen mit Von Neumann erhalten." Der Wirtschaftsnobelpreis, der 1969 nachträglich im Gedenken an Nobel gestiftet wurde, wurde heuer übrigens am selben Tag verliehen wie die erste Morgenstern-Medaille: am 14. Oktober 2013.

Oliver Fabel, Dekan der Wirtschaftswissenschaften, erklärte die Symbolik der Namenspatenschaft von Oskar Morgenstern näher: Sein Fachgebiet, die Spieltheorie, beschäftige sich mit den mathematischen Strukturen für strategische Interaktionen, die grundlegend für Wirtschaftssysteme sind. Mit der Benennung sowohl der Medaille als auch des Platzes vor dem neuen Gebäude solle dem großen Wissenschafter Morgenstern, aber auch dem Unrecht, das ihm in der Zeit des Nationalsozialismus widerfuhr, gedacht werden. Morgenstern wurde 1938 während eines Forschungsaufenthaltes in Amerika seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben. Er emigrierte in die USA, wo er an der University of Princeton lehrte und forschte.

Wien sei für ihn ein Zentrum von Wissenschaft und Kultur, und eine Auszeichnung von der traditionsreichen Universität Wien zu bekommen "an enormous honor", so Roger B. Myerson. Er hat bereits 2007 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften (gemeinsam mit Leonid Hurwicz und Eric Maskin) für den Beitrag zur Mechanismus-Design-Theorie erhalten; er ist Glen A. Lloyd Distinguished Service Professor of Economics an der Universität Chicago.

Mit Stadtpanorama im Hintergrund: Georg Winckler im Gespräch mit dem Preisträger Roger B. Myerson.

Die feierliche Verleihung der Oskar-Morgenstern-Medaille fand um zehn Uhr vor einem bis auf den letzten Platz besetzten Audimax im neuen Gebäude statt. Zahlreiche Studierende hatten die Chance genutzt, den berühmten Nobelpreisträger über sein Fachgebiet sprechen zu hören.

In seiner Begrüßungsrede erinnerte sich der Rektor, selbst Mathematiker, u.a. schmunzelnd, dass er bereits als Student vom Gewicht des Klassikers "Theory of Games and Economic Behavior" (1944) von Morgenstern und Von Neumann beeindruckt gewesen sei – zunächst vom schieren physischen (das Standardwerk ist über 700 Seiten stark), dann mehr und mehr vom wissenschaftlichen Gewicht. Er freut sich, mit der Oskar-Morgenstern-Medaille einen renommierten Wirtschaftswissenschafter zu ehren, der ebenfalls für die Verbindung von Mathematik und Ökonomie steht.

Die Laudatio für Roger B. Myerson hielt Karl Schlag vom Institut für Volkswirtschaftslehre, der seine Lieblings-Papers des Preisträgers vorstellte und dessen "fast magische Genialität" bereits zu Studienzeiten betonte, ...

... aber auch Anekdoten anhand von E-Mails von Kollegen erzählte. Beispielsweise sei Myerson auch ein begabter Mundharmonikaspieler und habe nicht nur eine eigene Methode zum Stimmen des Instruments entwickelt, sondern damit auch einmal wie ein "Pied Piper" einen ins Haus verirrten Affen wieder hinaus ins Freie geleitet.

Anschließend übernahm Dekan Oliver Fabel das Wort und bat für die Verleihung der Medaille und der Urkunde den Rektor, den Altrektor und den renommierten Preisträger aufs Podium.

Stolz auf das neue Gebäude und geehrt, dass der renommierte Wirtschaftswissenschafter Roger B. Myerson (im Bild rechts) die Medaille der Universität gerne angenommen hat: Altrektor Georg Winckler, Rektor Heinz W. Engl und Dekan Oliver Fabel (v.l.n.r.).

Myerson gab in seinem Festvortrag "An Information Economist's Perspective on Macroeconomics" Einblicke in die mathematischen Strukturen, auf denen unser Verständnis von Wirtschaft basiert, und erklärte, wie die Spieltheorie die Sichtweise auf Makroökonomie verändert hat. Vorab bedankte er sich für die Auszeichnung und vor allem auch für die launige und herzliche Laudatio von Karl Schlag und sagte: "Although I did not meet Oskar Morgenstern personally, I feel he would profoundly approve of bringing together the faculties of mathematics and economics."

Ein begeistertes Publikum bedankt sich mit lang anhaltendem Applaus für die spannenden Einblicke in die Forschungen des Oskar-Morgenstern-Preisträgers 2013. Für die Studierenden war es ein besonderes Erlebnis, den Nobelpreisträger, dessen Werk sie in vielen Lehrveranstaltungen besprochen haben, einmal persönlich zu erleben.

Im Anschluss fand im 12. Stock des neuen Gebäudes, von dem man einen tollen Blick auf die Stadt hat, das Festbankett statt. Dort waren auch AbsolventInnen anwesend. Noch bis 16. Oktober gibt es die Möglichkeite, den Träger der Oskar-Morgenstern-Medaille live zu erleben - beim 8. NobelpreisträgerInnenseminar mit dem Themenschwerpunkt Wirtschaft, an dem neben Roger B. Myerson auch die Wirtschaftsnobelpreisträger der Jahre 2000 und 2004, James Heckman und Finn Kydland, teilnehmen.

Dekan Oliver Fabel, Rektor Heinz W. Engl, Roger B. Myerson und Altrektor Georg Winckler auf der Dachterasse im 12. Stock des Standorts Oskar-Morgenstern-Platz.

Dieser Fotobericht entstand in Zusammenarbeit mit den Studierenden Alissa Hacker und Simon Schütt: Sie haben die Veranstaltung mit Kamera und Notizblock begleitet. Alissa Hacker (19) studiert im dritten Semester Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie Vergleichende Literaturwissenschaft. Simon Schütt (24) studiert seit 2010 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie Slawistik im ersten Semester. (Fotos: Alissa Hacker, Simon Schütt, Joseph Krpelan/Universität Wien. Text: Alissa Hacker, Simon Schütt, Redaktion uni:view)
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