Die China-Exkursion führte die Studierenden der Universität Wien auch nach Beijing. Ihre Eindrücke über historische Sehenswürdigkeiten, wie die Verbotene Stadt, sowie über ihren Besuch an der Universität von Beijing haben Annika Dislich und Cornelia Nemluvil in einem weiteren Beitrag festgehalten.
Tag 9 beginnt frühmorgens um sieben mit dem Besuch des Tian'anmen-Platzes: Mit seinen 440.000 Quadratmetern ist er der weltweit größte öffentliche Platz. In der Mitte des Platzes, der rund um die Uhr mit Hilfe von Videokameras und (Zivil)polizei überwacht wird, befindet sich das 1958 errichtete Monument der Volkshelden: Es zeigt Episoden aus Chinas Revolutionsgeschichte und Kalligrafien von Mao Zedong und Zhou Enlai. Der Platz wurde während der Kulturrevolution (1966-1976) von der Roten Garde für Massenaufmärsche benutzt. Internationale Aufmerksamkeit wurde dem Platz 1989 zuteil: Das chinesische Militär hat damals Studentenproteste gewaltsam niedergeschlagen. Auf dem Tian'anmen-Platz befindet sich auch das Mao-Mausoleum, vor dem sich aufgrund des Touristenansturms täglich lange Schlangen bilden.
An der Westseite des Tian'anmen-Platzes befindet sich die Große Halle des Volkes. Die architektonisch einschüchternde Halle wurde im Jahr 1959 erbaut. Das Gebäude dient als Empfangsort für hohe Staatsgäste, wobei das große Auditorium Platz für 10.000 Menschen bietet. Neben den Parteitagen der Kommunistischen Partei Chinas findet hier das alljährliche Treffen des Nationalen Volkskongresses statt.
Eingang in die Verbotene Stadt: Das Tor mit dem zweistufigen Dach wurde im 15. Jahrhundert erbaut und ist eine der bekanntesten Attraktionen Chinas. Vom Balkon dieses Tores rief Mao Zedong am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China aus. Noch heute hängt ein großes Porträt von Mao, das übrigens alle vier Jahre durch ausgewählte Maler neu angefertigt wird, über dem Tor.
Das größte geschichtliche Bauwerk Chinas ist die Verbotene Stadt: Sie ist eine der am besten erhaltenen historischen Bauten und somit auch eine der bedeutendsten touristischen Attraktionen Chinas. 500 Jahre durften "normale" BürgerInnen die Stadt nicht betreten. Die Herrscher zweier Dynastien (Ming und Qing) verbrachten den Großteil ihres Lebens mit ihren Eunuchen und Konkubinen abgeschottet in der Verbotenen Stadt. Der letzte Qing Kaiser Pu Yi wurde 1911 durch die nationalistischen Kuomintang (Nationalpartei) aus der Verbotenes Stadt vertrieben. In den Architekturelementen spielen Zahlen eine große Rolle: So kommen die Zahlen drei, fünf, sieben und neun sehr häufig vor (zum Beispiel in der Anzahl der Figuren auf Dachgiebeln, was etwas über die Wichtigkeit der einzelnen Gebäude aussagt). Insgesamt hat die Palastanlage 9.999½ Räume, da nach der traditionellen Vorstellung lediglich der Himmel 10.000 haben kann.
Am Nachmittag besuchen wir die österreichische Botschaft in Beijing. Zentrale Arbeitsthemen sind hier unter anderem die Unterstützung österreichischer Unternehmen bei der Erschließung des chinesischen Marktes sowie kulturelle und wirtschaftliche Kooperationen. Eine besondere Herausforderung ist die, im Vergleich zu China, relativ kleine Größe Österreichs sowie die Einzelkämpfermentalität österreichischer UnternehmerInnen. Da in China alles groß und umfangreich ist, sollten Anbieter die entsprechende Quantität liefern. Wir diskutierten auch die rasante Urbanisierung Chinas und die Möglichkeiten Österreichs, sich im Planungsbereich unterstützend einzubringen.
Der Jietai-Tempel liegt etwa 35 Kilometer westlich des Stadtzentrums und wurde vor über 1.400 Jahren erbaut. Er ist eine Oase der Ruhe im hektischen Beijing und einer der berühmtesten buddhistischen Tempel Chinas. Noch heute schließen hier zahlreiche Mönche ihre religiöse Ausbildung ab. Seit mehreren Jahrhunderten treten immer wieder kleinere Hangbewegungen im Tempelbereich auf, welche zu geringen Schäden wie z.B. Rissen in Gebäuden und Mauern führten. Nach starken Regenfällen im Jahr 2004 kam es zu einem Versatz von über einem Meter, was zur Zerstörung der historischen Säulenhalle führte. Die historische Bedeutung des Tempels erforderte eine aufwändige – etwa 150 Mio. Euro teure – geotechnische Hangstabilisierung mittels dutzenden – bis 70 Meter tiefen – Bodenankern.
Beim anschließenden Treffen im neuen Institutsgebäude des "China Institute of Geo-Enviroment Monitoring" (CIGEM) werden wir in mehreren Vorträgen über deren Tätigkeiten im Bereich geologischer Naturgefahren und deren Prävention informiert. Die Hauptaufgaben des CIGEM bestehen in der Identifikation und Bewertung von Großgefahren und der anschließenden Vergabe von Aufträgen und Mitteln zur Gefahrenprävention an untergeordnete Institute. Ein weiteres aktuelles Arbeitsthema liegt im Bereich der Frühwarnung vor gravitativen Massenbewegungen. Hierzu werden mit aufwändigen Sensornetzwerken Messungen von primären Faktoren wie z.B. Bewegungsraten, Niederschlag und Wassergehalt durchgeführt und die Messdaten von den Sensoren selbstständig auf eine für ExpertInnen zugängliche Internetplattform transferiert.
Beim anschließenden Abendessen genießen wir regionale Spezialitäten wie gefüllte Teigtaschen, Rindfleisch in scharfer Soße und ein in mundgerechte Stücke geschnittenes Hühnchen – sprich: Das Hühnchen wird als Ganzes in etwa ein bis zwei Zentimeter breite Streifen geschnitten. Generell gehört das Abnagen von Knorpeln und Knochen zur chinesischen Esskultur. Deshalb ist knochenfreies Filet im Supermarkt deutlich günstiger als Fleisch mit Knochen. Wir werden auch in die chinesische Trinkkultur eingeweiht: Man geht mit einem gefüllten Glas die Runde und stößt mit dem Ausruf Ganbei ("trockne das Glas") mit einem Partner an – das Glas muss anschließend "auf ex" geleert werden. Die Universität Wien-Vertretung behauptet sich dabei ausgezeichnet und erlangt Achtung bei den Gastgebern (Zitat: "Strong men and women"!).
Tag 10: Beim Besuch der Beijing Normal University lernen wir die Arbeitsgruppe "Disaster Risk Management" unter der Leitung von Professor Peijun Shi kennen. Die 1902 gegründete Universität ist die älteste – und angesehenste – Bildungseinrichtung Chinas. Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Naturgefahren- und Katastrophenforschung auf nationaler und Provinzebene und zeichnet sich durch eine starke internationale Vernetzung aus. Besonders beeindruckt hat uns der "Atlas of Natural Disaster Risk of China": Hier werden die Risiken für alle in China vorkommenden Naturgefahren (u.a. Erdbeben, Überschwemmungen, Hagel und Waldbrände) in Kartenform aufbereitet. Die Karten stellen nicht nur die räumliche Gefahrenverteilung dar, sondern berücksichtigen auch die Verwundbarkeit der Gebiete und geben dadurch Aufschluss über die zu erwartenden Schäden.
Nach einem Mittagessen in einem der vielen Restaurants des Uni-Campus brechen wir in Richtung Flughafen auf, um nach Chengdu zu fliegen. Auf dem Weg besichtigen wir den Olympia Park, der für die olympischen Spiele 2008 errichtet wurde. Das riesige Areal ist eine weitere touristische Attraktion Beijings und wird auch heute noch gelegentlich für sportliche Veranstaltungen genutzt. Das zentrale Stadion "Vogelnest" mit seiner faszinierenden Stahlkonstruktion wurde unter anderem für die Eröffnungs- und Abschlusszeremonien genutzt. Fortsetzung folgt ...