Permafrost im Kaiserbergtal
| 08. August 2018Zehn Geographie-Studierende der Universität Wien sind in ihrem Fachpraktikum Ende Juli dem Permafrost im Kaiserbergtal in Tirol "auf den Grund gegangen". An einem aktiven Blockgletscher haben sie vom 23. bis 27. Juli untersucht, wo Permafrost zu finden ist und wie sich dieser auf die Hydrologie und die Bewegungsgeschwindigkeit auswirkt.
Dass Drohnen nicht nur für atemberaubende Selbstportraits nützlich sind, wurde die Woche von den Studierenden am Blockgletscher getestet. Um ein Luftbild mit simplen Mitteln zu erhalten, wurde eine Drohne eingesetzt, die über den Blockgletscher geflogen wurde und alle zwei Sekunden eine Aufnahme des Gebiets gemacht hat. Mithilfe dieser Aufnahmen und Punkten zur Georeferenzierung kann man ein digitales Modell des Gletschers erstellen. (© Sabine Kraushaar)
Hier sieht man eine Nahaufnahme der Drohne, mit der die Messungen durchgeführt wurden. Sie ist leicht genug, um von allen Studierenden problemlos geflogen werden zu können. Um die gemachten Aufnahmen georeferenzieren zu können, das heißt ihre Lage auf unserer Erdkugel bestimmen zu können, mussten über den Blockgletscher verteilt Ground Control Points vermessen werden, die mit Spraydosen markiert worden sind. Mithilfe dieser Punkte können am Ende die Einzelbilder zu einem großen Gesamtbild zusammengefügt werden. (© Christian Prochaska)
Sehr interessant war es zu sehen, dass Vermessungen dieser Art vor 15 Jahren schon einmal gemacht worden sind und die Markierungen teilweise bis heute erhalten sind. Überall, wo wir solche alten Punkte gefunden haben, haben wir eine Messung mit dem DGPS durchgeführt. Durch den Vergleich der aktuellen Koordinaten mit jenen vor 15 Jahren lässt sich nachvollziehen, wie weit sich der Gletscher seit der letzten Messung Richtung Tal bewegt hat. (© Christian Prochaska)
Das Einmessen der Punkte erfolgte mit Hilfe eines Differential GPS (DGPS), das aus einer Basisstation und einem mobilen Rover besteht. Letzerer ist auf dem Bild zu erkennen. Bei den Messungen bestimmt die Basis immer wieder selbst mit Hilfe von Satelliten ihre Position, während der Rover im Feld Punkte misst, die dann durch die Distanz zur Basis lokalisiert werden können. Dadurch erhält man präzise Koordinaten für jeden Punkt, welche für die Weiterverarbeitung der Daten grundlegend sind. (© Ulrich Zangerl)
Als Ergebnis der Befliegung entsteht ein digitales Modell des Blockgletschers, mit dem vergangene und künftige Bewegungen festgestellt werden können. (© Sabine Kraushaar)
Bei der Suche nach einem geeigneten Standort für die Errichtung unserer Geoelektrik-Anlage auf dem Blockgletscher stießen wir auf eine alte Messsonde, welche noch von einem früheren Forschungsprojekt stammt. Diese war ausgestattet mit batteriebetriebenen Temperaturloggern und reichte in einem Schacht mehrere Meter in die Tiefe. Solche Messeinrichtungen werden verwendet, um Temperaturprofile des Untergrunds erstellen zu können. (© Ulrich Zangerl)
Um mit der Geoelektrik brauchbare Ergebnisse zu erhalten, müssen Elektroden in einem regelmäßigen Abstand entlang eines zuvor definierten Profils platziert werden. In unserem Fall wurden 100 Elektroden mit einem Intervallabstand von 2 Metern gesetzt. Es ist wichtig, dass Strom in ausreichender Stärke in den Boden eindringen kann. Dazu ist es manchmal nötig, Felsblöcke, die tief in den Untergrund ragen, anzubohren und die Elektrode daran zu befestigen. Um die Leitfähigkeit zu erhöhen, werden die hierbei verwendeten Metallschrauben mit Polfett bestrichen. (© Birgit Ortner)
Nach dem Setzen der Elektroden haben wir anschließend deren genaue Position mithilfe eines dGPS Gerätes ermittelt. Dafür muss mit dem sogenannten Rover jede einzelne Elektrode abgegangen und vermessen werden. Die genaue Positionsbestimmung ist wichtig, um das Profil mit seinen Messpunkten im Nachhinein genau verorten und in ein GIS (Geographisches Informationssystem) einzuspielen zu können. (© Ulrich Zangerl)
Ein Ansatz um die Menge des geschmolzenen Eises innerhalb eines Blockgletschers zu quantifizieren, ist den Wasserabfluss an dessen Zunge über längere Zeit zu messen. Hierfür wurde eine Abflussmessstation installiert, welche über Schwankungen des Abflussregimes im Tages- und Jahresverlauf Aufschluss geben soll, wodurch, in Abstimmung mit den aufgenommen Klimadaten, Rückschlüsse auf Schmelzprozesse im Inneren gezogen werden können. Um für einen konzentrierten Abfluss im Bereich der Messsonde zu sorgen, wurde eine künstliche Verbauung mit Hilfe von Steinen und wasserundurchlässigen Planen eingerichtet. (© Christian Kolesnik)
Der in der wetterfesten "Blackbox" befindliche Datenlogger zeichnet die am Flussbett, sowie an der Wetterstation ermittelten Messdaten auf, welche bei Bedarf über einen USB-Stick extrahiert werden können. Die für die Aufzeichnung notwendige Energieversorgung wird über einen zwölf Volt Akku bereitgestellt und mit einer extern angebrachten 50 Watt Solarzelle verbunden ist, welche für eine stetige Aufladung des Akkumulators sorgen soll. Die ebenfalls im Koffer angebrachten Autobatterien dienen als Energiereserve und sollen eine wochenlange autarke Stromversorgung bei Ausfall jenes Systems oder bei unzureichender Sonneneinstrahlung garantieren. (© Christian Kolesnik)
Für eine detaillierte Messung wurde in diesem Projekt eine Multiparametersonde namens "Hydrolab HL4" eingesetzt. Die Hülle beinhaltet mehrere voneinander unabhängige Sonden. Diese messen unter anderem die Leitfähigkeit, den Sauerstoffgehalt, den Wasserstand, den PH-Wert, die Temperatur und die Trübung. Diese Sonde leitet die gemessenen Daten direkt an die angeschlossene „Blackbox“ weiter, wo sie mittels USB Stick übertragen werden können. (© Christoph Nezhyba)
Die Abflussmenge eines Gerinnes wurde mittels einer Tracermessung festgestellt. Dabei wurde die ökologische Salzverdünnungsmethode herangezogen. Hierbei wurden 500 g Kochsalz (NaCl) an einem Querschnitt eingespeist. Nach ausreichender Entfernung zur Eingabestelle (etwa 20 m flussabwärts) wurden zwei verschiedene Messsonden positioniert, welche die Leitfähigkeit des Wassers messen (siehe Abbildung). Der mittlere Durchfluss und damit die Abflussmenge (in Liter pro Sekunde), während des Zeitraums von Beginn bis zum Ende der Messung, kann aus dem Verhältnis zwischen eingegebener Salzmenge und dem Integral der Konzentrationskurve über dem Wert der Basisleitfähigkeit ermittelt werden. (© Tino Putner) AutorInnen: Markus Anys, Gabriel Meusburger, Christoph Nezhyba, Birgit Ortner, Christian Prochaska, Tino Putner, Horst Roth, Laura Stark, Hannes Wirnsberger und Ulrich Zangerl.
Man spricht von Permafrost, wenn die Temperatur im Boden oder im Gestein mindestens zwei Jahre unter 0°C bleibt. Permafrost findet man besonders im Hochgebirge, wo er jedoch durch die Klimaerwärmung auf dem Rückzug ist und so Hänge und Gipfel destabilisiert werden. Im Zuge des Fachpraktikums "Kartierung im Gelände zur Naturgefahren- und Risikoforschung" unter der Leitung von Sabine Kraushaar (Universität Wien), David Morche (Umweltamt Gewässerschutz Saalekreis) und Jan Blöthe (Universität Bonn) führten die StudentInnen verschiedene Erkundungsmethoden durch und eigneten sich über forschendes Lernen viel Wissen zur Relevanz von Blockgletschern in Bezug auf die Trinkwasserversorgung und Pufferung von extremen Niederschlagsereignissen an. Neben der geoelektrische Detektion von Eis wurden hydrologischen Messstationen installiert, Wasserproben genommen und der Blockgletscher photogrammetrisch abgebildet.
