Nachbarschaftspflege: Slowenische Spurensuche in Wien
Gastbeitrag von Elizabeta Jenko | 09. September 2013Exkursionen haben in der Slowenistik an der Universität Wien Tradition. Seit über zehn Jahren unternimmt Elizabeta Jenko mit ihren Studierenden jährlich eine Reise nach Slowenien. Heuer besuchten slowenische KollegInnen die Universität Wien und begaben sich auf Spurensuche in der Wiener Innenstadt.

Ljubljana. Im Sommersemester 2013 besuchten wir die Hauptstadt Sloweniens und durften dort, wie immer, die Gastfreundschaft des Zentrums für Slowenisch als Zweit-/Fremdsprache (Center za slovenščino kot drugi/tuji jezik), genießen. Mit dem Zentrum verbindet uns eine langjährige Partnerschaft, die sich in gemeinsamen Projekten und jährlichen Stipendien für Studierende der Universität Wien manifestiert. Im Bild sind (v.l.n.r.) die Studierenden Tamara Kerschbaumer, Daniela Stojanovic, Daniela Dämon, Nathalie Ghazarian, Martina Erhart und Christine Seltenreich zu sehen.

Wien. Im August 2013 haben uns KollegInnen aus Ljubljana einen Gegenbesuch abgestattet. 19 wissenschaftliche LehrerInnen, die Slowenisch an verschiedenen europäischen Universitäten unterrichten, besichtigten zunächst den Arkadenhof der Universität Wien, in dem etlichen slowenischen Persönlichkeiten ein Ehrenplatz zu Teil wurde, allen voran Fran Miklošič, dem Begründer der Wiener Slawistik. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch der Slawist Jernej Kopitar und der Mathematiker und Physiker Jožef Štefan; letzterer stammt aus dem heutigen zweisprachigen Gebiet in Kärnten.Die Universität Wien spielte bis zur Gründung der Universität Ljubljana 1919 für die slowenische Wissenschaft eine große Rolle. Bereits im 15. und 16. Jahrhundert sollen etwa zehn Prozent der Studierenden slowenischer Abstammung gewesen sein. Einerseits war die Universität Wien sozial positioniert, hatte sie doch drei Tarifstufen, wobei die Ärmsten keine Gebühren entrichten mussten. Andererseits hatte Luka Knafelj, ein im 17. Jahrhundert in Großrußbach tätiger slowenischer Priester, eine Stiftung eingerichtet, die slowenischen Studierenden durch ein Stipendium ein Studium – mit Ausnahme der Theologie – in Wien ermöglichte.

Im Knafelj-Haus in der Seilerstätte ist heute das Slowenische Wissenschaftsinstitut in Wien untergebracht, das mit zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen die slowenische Wissenschaft und Kultur in Wien pflegt. Für die Studienrichtung Slowenistik der Universität Wien stand und steht diese Tür immer offen. Im Zuge der Wien-Besichtigung besuchten wir auch dieses Institut (im Bild). Es folgte eine Präsentation der Wiener Slawistik und im Besonderen der Slowenistik samt Erfahrungsaustausch und Diskussion am Institut für Slawistik der Universität Wien mit einem Impulsvortrag von Elizabeta Jenko und Doris Krajnc Cerny, einer Absolventin der Slowenistik in Wien.

Slowenen und Sloweninnen haben nicht nur in Wien studiert, sie haben hier auch ihre Spuren hinterlassen. Am deutlichsten sichtbar wird dies am Werk slowenischer Architekten. Auf dem Weg vom Universitätsplatz zur Seilerstätte befindet sich auf dem Kohlmarkt das Haus Artaria (im Bild), von Maks Fabiani entworfen, der auch die Urania gestaltete und bei der Projektierung der Stadtbahnstation Karlsplatz beteiligt war.

Auf dem Weg durch den ersten Bezirk erfuhren wir, dass der erste Wiener Bischof, Jurij Slatkonja (1456-1522) slowenischer Abstammung war. Er ist im Wiener Stephansdom begraben. Weiters erinnert eine Gedenktafel rechts neben dem Haupteingang des Doms an den Mathematiker, Astronom und Arzt Andrej Perlah (1490-1551) aus Maribor. Seine Verdienste als Mediziner sind besonders wegen der Erkenntnisse um die damals grassierende Pest in die Geschichte eingegangen.

Jože Plečnik, der berühmte Schüler Otto Wagners und spätere Stadtarchitekt von Ljubljana, beschritt bald eigene Wege: Das Zacherlhaus am Wiener Bauernmarkt wurde von ihm geplant und erbaut.

Moderne Funktionalität kennzeichnet auch Plečniks Hl.-Geist-Kirche in der Herbststraße im 16. Bezirk, vor der wir uns nach einer stimmungsvollen Besichtigung von den slowenischen Gästen verabschiedeten.