Lehren mit Feuer und Flamme
Redaktion (uni:view) | 05. Juni 2014Der 4. Juni 2014 stand an der Universität Wien ganz im Zeichen der Lehre. Ausgezeichnet wurden die diesjährigen PreisträgerInnen der UNIVIE Teaching Awards. uni:view war mit dabei und hat die stimmungsvolle Veranstaltung in Wort und Bild festgehalten.

Nach einem spannenden Nachmittag im Zeichen der Lehre – mit Diskussionen u.a. zur Gestaltung von Masterstudien – wurde die feierliche Verleihung des UNIVIE Teaching Award am 4. Juni 2014 buchstäblich eingeläutet: Nach einem kurzen Intermezzo an der frischen Luft nach einem Feueralarm (Fehlalarm) versammelten sich die zahlreich erschienenen Gäste umso gespannter im Kleinen Festsaal der Universität Wien.

Vizerektorin Christa Schnabl eröffnete mit der Frage, wie denn "gute Lehre" zu bemessen sei. Schließlich gebe es dafür keine eindeutigen Kriterien. Es sei aber wichtig, diese Frage immer wieder zu diskutieren – und mit der Verleihung des Teaching Awards will die Universität Wien die Bedeutung dieses Diskurses unterstreichen. "Gute Forschung und gute Lehre gehören zusammen", so die Vizerektorin für Studierende und Lehre.

"Gute Lehre ist nicht quantifizierbar", sagt auch Konstanze Fliedl, Preisträgerin des UNIVIE Teaching Awards und des nationalen "ars docendi" 2013. Die Universität Wien habe ihre Drittmitteleinnahmen in den letzten Jahren um 65 Prozent gesteigert – hat sie auch die Qualität ihrer Lehre in diesem Ausmaß steigern können? Und was sei das messbare "Produkt" guter Lehre? Ein Skriptum, ein guter Notendurchschnitt, eine hohe Beschäftigungsrate bei den AbsolventInnen? "Vielleicht sind die Gedanken, die in den Köpfen der Studierenden Platz nehmen und zu einem späteren Zeitpunkt wirken, das Produkt guter Lehre", sinniert Fliedl: "Wer kann evaluieren, was sie fürs Leben lernen?"

Die Verleihung des UNIVIE Teaching Awards sieht Konstanze Fliedl als Zeichen dafür, dass auch gewürdigt wird, "was sich nicht ins Forschungsinformationssystem u:cris eintragen lässt". Für die Germanistin sind ForscherInnen dann auch gute Lehrende, wenn sie für ihr Fach brennen und die Auffassung vertreten, dass die Ausbildung der Studierenden das Allerwichtigste ist. Eine gute Ausbildung sei eine "Kostbarkeit im Kopf, die nicht veraltet". "Danke, dass Sie unsere Studierenden mit solchen Kostbarkeiten versorgen", richtet sich Fliedl an die PreisträgerInnen und alle Lehrenden im Publikum.

"Forschung und Lehre sind gleichrangige Aufgaben der Universität und ihrer Lehrenden", leitet der Rektor der Universität Wien, Heinz W. Engl, die feierliche Übergabe der Preise ein. Während es lange schon Usus sei, Forschungsleistungen auszuzeichnen, werde gute Lehre oft als Selbstverständlichkeit gedacht, was sie natürlich nicht sei. Aus der Reihe der PreisträgerInnen des Abends hebt er stellvertretend das Beispiel der Lehre von Christoph Dellago von der Fakultät für Physik hervor, der den Preis aufgrund einer Konferenzteilnahme nicht persönlich entgegennehmen kann: Ihm sei die schwierige Herausforderung gelungen, eine Mathematik-Einführung für StudienbeginnerInnen der Physik zu gestalten, die fortgeschrittene Mathematikkenntnisse schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt ihres Studiums benötigen. Der Rektor freut sich, "dass einer, der für seine ausgezeichnete Forschung bekannt ist, auch so gut lehrt".

Der UNIVIE Teaching Award 2014 wurde in zwei Kategorien vergeben: "Erfolgreicher Studieneinstieg" und "Gelebte Modularisierung". Richard Hartl von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften erhält den Preis in der Kategorie "Erfolgreicher Studieneinstieg": Ihm ist es u.a. gelungen, im Modul ABWL Produktion und Logistik den Spagat zu meistern, sowohl die interessierten Studierenden an der Stange zu halten als auch die "Nicht-Interessierten" – der Großteil der Studierenden schlägt später eine andere berufliche Richtung ein – für die Materie zu begeistern. Dass dies gelingt, zeigt das Zitat einer Studierenden, das während der Preisverleihung eingeblendet wird: "Prof. Hartl hat es damals bewiesen. Die Lehrinhalte können noch so trocken sein, es kommt darauf an, wie man sie vermittelt! Hätte er nicht mein Interesse in diesem Maße geweckt, stände ich jetzt nicht hier mit der Gewissheit, damals die richtige Entscheidung getroffen zu haben."

Richard Hartl kombiniert in seiner Lehre verschiedene didaktische Methoden und setzt beispielsweise gerne Youtube-Videos ein. "Es ist mir ein Anliegen, nicht zu akzeptieren, dass Studierende die Vorlesung nicht besuchen, wenn es ein gutes Skriptum gibt", sagt der Preisträger und bedankt sich für die Auszeichnung. Im Bild (v.l.n.r.): der Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Oliver Fabel, Rektor Heinz W. Engl, Preisträger Richard Hartl und Vizerektorin Christa Schnabl.

Der nächste der insgesamt drei Preise in der Kategorie "Studieneinstieg" geht an ein ganzes Team: das Team "SOWI-STEOP+" der Fakultät für Sozialwissenschaften für die Ausarbeitung einer gemeinsamen, fächerübergreifenden Studieneingangsphase für die Kultur- und Sozialanthropologie, die Politikwissenschaft und die Soziologie. Der Preis geht an die Lehrenden Ulrich Brand, Marie-France Chevron, Johann Dvorak, Eva Flicker, Josef Hochgerner, Patric Kment, Regina Köpl, Wolfgang Kraus, Friedhelm Kröll, Daniele Lipp, Elke Mader, Hermann Mückler, Wolfgang Claudius Müller, Andrea Payrhuber, Hans Pühretmayer, Christoph Reinprecht, Rudolf Richter, Sieglinde Rosenberger, Thomas Streitfellner, Anna Weiß sowie die STEOP+ AssistentInnen Anna Ellmer, Theresa Fibich, Petra Gnadenberger, Helmut Hönigmayer, Johanna Xenia Kafka, Franziska Klauser, Barbara Metzler, Alexandra Meyer, Armin Puller, Matthias Reitter, Victoria Reitter, Barbara Rieger, Anna Weiß, Mathias Johannes Zimm.

Elke Mader vom Institut für Kultur- und Sozialanthropologie sieht die Auszeichnung als Motivation, intensiv weiterzuarbeiten. Die große Herausforderung war es, sowohl die gemeinsamen Elemente der verschiedenen Fächer als auch ihre Besonderheiten herauszuarbeiten und dabei eine Durchlässigkeit zu bewahren, so dass ein Studienwechsel nach der STEOP möglich ist. Christoph Reinprecht vom Institut für Soziologie fügt hinzu, dass auch "wir als Lehrende und Forschende die gemeinsame Einführungsphase nutzen, um den integrativen Teil unserer Disziplinen besser zu verstehen." Im Bild (v.l.n.r.): der Dekan der Fakultät für Sozialwissenschaften Rudolf Richter, Rektor Heinz W. Engl, Elke Mader, Barbara Rieger, Christoph Reinprecht und Christa Schnabl.

Der dritte in der Kategorie "Studieneinstieg" vergebene Lehrpreis geht an den bereits erwähnten Physiker Christoph Dellago, den stellvertretend Studienprogrammleiter Martin Hopf entgegennimmt. Der geehrte Lehrende lässt ausrichten, er habe sich über den Lehrpreis sehr gefreut, "weil mir die Lehre sehr am Herzen liegt und ich sehr viele Mühe in die prämierte Lehrveranstaltung gesteckt habe. Besonders gefreut habe ich mich dabei über die vielen positiven Rückmeldungen, die ich von Studierenden zur Verleihung des Preises erhalten habe."

Seine Studierenden haben dem beliebten Professor Dellago für diesen Anlass ein Gedicht geschrieben. Zwei Verse daraus: "An der Uni ist er für sein perfektes Tafelbild bekannt, daher wird er auch Ritter der Tafelkreide genannt" und "Wir verdanken ihm mehr als einen Einblick in die Welt der Zahlen, ohne seinen Unterricht würden viele Studierenden von Anfang an verzagen." Für das obligatorische Gruppenfoto bittet der Rektor den Fotografen, das auf die Wand projizierte Porträt des heute leider nicht persönlich anwesenden UNIVIE Teaching Award-Preisträgers mit abzulichten. V.l.n.r.: Christa Schnabl, Martin Hopf, der künftige Dekan der Fakultät für Physik (ab Oktober 2014) Robin Golser und Rektor Engl.

Weiter geht es mit der Verleihung der drei Lehrpreise in der Kategorie "Gelebte Modularisierung". Ausgezeichnet werden zunächst die Lehrenden Dorothea Born, Ulrike Felt, Maximilian Fochler und Philippe Sormani und die StudienassistentInnen Marlene Altenhofer, Leo Matteo Bachinger, Florian Bayer von der Fakultät für Sozialwissenschaften. Sie benutzen das Konzept eines "Case based learning" zur fallorientierten Abstimmung der Kernlehrveranstaltungen der Einführungsphase des Masterstudiums Science-Technology-Society – und meistern damit die Herausforderung, dass sowohl die Lehrenden als auch die Studierenden dieses Masterprogramms aus unterschiedlichen Fächern kommen. Dass dies bei den Studierenden sehr gut ankommt, beweist der Fanclub im Publikum: Sie haben ein Plakat gebastelt und bringen ihre "Lehr-Stars" etwas in Verlegenheit, indem sie symbolisch Spitzenunterwäsche aufs Podium werfen.

"Der Lehrpreis 'gelebte Modularisierung' ist für uns von besonderer symbolischer Bedeutung, da er die Aufmerksamkeit wieder auf größere Zusammenhänge in Lehre und Forschung und auf das Verbindende lenkt", sagt Wissenschaftsforscherin Ulrike Felt. Sie erklärt das prämierte Lehrkonzept als Versuch, das Konzept des Labors als Denkraum, wie es in den Naturwissenschaften praktiziert wird, auch in die Sozialwissenschaften zu übertragen. Im Bild das Team mit Rektor, Vizerektorin, Dekan und Studierenden.

Renate Faistauer vom Institut für Germanistik wird für das Modul "Methoden der Sprachvermittlung" mit dem UNIVIE Teaching Award geehrt. Sie schließt sich ihren VorrednerInnen in der Meinung an, dass ein guter Lehrender für sein Fach brennen muss – sie selbst ist dafür das beste Beispiel: "Für mich gibt es nichts Wichtigeres als das Fach Deutsch als Fremdsprache", sagt die Preisträgerin, der forschungsgeleitete Lehre sehr wichtig ist und die in ihren Lehrverantaltungen Wert darauf legt, Theorie und Praxis zu verknüpfen und die Studierenden darin aktiv einzubinden.

Wie gut das gelingt, veranschaulicht nicht nur der lautstarke Applaus der "Faistauer-Fans" im Publikum, sondern auch ein Zitat der Institutsgruppe Germanistik: "Als Studienvertretung sind wir eine zentrale Anlaufstelle für Rückmeldungen von Studierenden in allen Bereichen der Germanistik. Wir können daher garantieren, dass es keine Selbstverständlichkeit darstellt, dass eine Lehrveranstaltung, geschweige denn ein gesamtes Modul ständig derart positive Rückmeldungen und Bewertungen erfährt." Im Bild v.l.n.r.: Vizedekan der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät Michael Zach, Rektor Engl, Renate Faistauer und Vizerektorin Schnabl.

Für das Modul "Evolution und Diversität der Samenpflanzen" am Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien erhalten Luise Ehrendorfer-Schratt (im Bild), Josef Greimler, Michael Kiehn, Gerald Schneeweiss und Walter Till den Lehrpreis der Universität Wien in der Kategorie "Gelebte Modularisierung". Dieses Modul zeichnet sich laut Vizerektorin Schnabl u.a. dadurch aus, dass sich die Lehrenden in diesem Fall nicht untereinander abstimmen, um Wiederholungen zu vermeiden, sondern um Wiederholungen im Gegenteil gezielt einzusetzen, um das Wissen der Studierenden zu vertiefen.

Für Luise Ehrendorfer-Schratt und das gesamte Lehrteam ist die Auszeichnung mit dem UNIVIE Teaching Award deshalb so erfreulich und bedeutungsvoll, "weil die Universität damit ausdrückt, dass ihr gute Lehre ein Anliegen ist und weil die Studierenden damit eine grundsätzliche Zustimmung zu unserer arbeitsintensiven und materialaufwändigen Arbeit signalisieren". Studierende bestätigen: "Das Modul bietet eine optimale Basis für unser weiteres Botanikerleben. Wir möchten uns bei allen mitwirkenden Lehrenden herzlich bedanken." Im Bild die PreisträgerInnen mit Rektor Engl.

Immer wieder betonen der Rektor und die Vizerektorin die Qualität der diesjährigen Einreichungen und Nominierungen für den Lehrpreis 2014. Eine war darunter, die in beiden Kategorien eine Auszeichnung verdient hat, und darum wurde ein ursprünglich nicht geplanter "Sonderpreis in beiden Kategorien" eingeführt. Diesen erhalten Richard Heinrich, Martin Kusch, Angela Kallhoff und Hans Bernhard Schmid von der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft für die STEOP Module Einführung in die theoretische Philosophie und Einführung in die praktische Philosophie.

Die Lehrenden bemühen sich besonders, die Studierenden "für das Fach zu faszinieren, sie in ein Gespräch zu ziehen und ihnen wesentliche begriffliche Werkzeuge in die Hand zu geben". Vor allem die Zusammenarbeit zwischen KollegInnen aus der theoretischen Philosophie zum einen und jenen aus der praktischen Philosophie zum anderen sei für die Lehrenden spannend und lehrreich gewesen. Sie bedanken sich auch besonders bei den engagierten TutorInnen, denen dieser Lehrpreis zu verdanken sei. Von Studienseite kommt das Lob: "Der erste große Erfolg eines jeden Studiums ist die Erkenntnis, ein Fach gewählt zu haben, dem man gerne bereit ist, einen Lebensabschnitt zu widmen. Die Einführungsvorlesungen haben mir diesen Erfolg ermöglicht." Im Bild die PreisträgerInnen mit den TutorInnen.

Nach einer musikalischen Einlage durch ein Streicherquartett des Orchesters der Universität Wien reflektieren drei der PreisträgerInnen des Abends ihre eigenen Lehrmethoden und nehmen darüber hinaus zu den Themen "Studieneinstieg" und "Gelebte Modularisierung" Stellung und bedanken sich auch bei den Studierenden. Richard Hartl ist überzeugt: "Lehre ist keine lästige Pflicht", Ulrike Felt forscht und lehrt "mit Feuer und Flamme" und Richard Heinrich betont die Bedeutung gegenseitigen Vertrauens unter den Lehrenden.

Man darf also den diesjährigen PreisträgerInnen und allen Lehrenden der Universität Wien für ihre Leistungen applaudieren und auf die Einreichungen im nächsten Jahr gespannt sein ...

... und verlässt den Kleinen Festsaal – gestärkt durch das abschließende Buffet und nette Gespräche mit KollegInnen und Studierenden – mit dem guten Gefühl, dass die Studierenden an der Universität Wien in guten Händen sind und dass auch das Bewusstsein für den hohen Wert der Lehre an einer Universität stetig wächst. (Text: Bernadette Ralser/Fotos: Joseph Krpelan, Universität Wien).