"Joint Classroom" an der Hebrew University
| 29. November 2018Eine Woche lang erkundeten zehn Studierende der Evangelischen Theologie und der Judaistik unter der Leitung von Marianne Grohmann die Hebräische Universität Jerusalem. Thema des "Joint Classroom" waren die biblischen Klagelieder.
Von der Universität Wien zum Joint Classroom nach Jerusalem: Die Hebräische Universität thront wie eine Festung über der Stadt auf dem Mount Skopus.
Das Rothberg Amphitheater wurde 1925 anlässlich der Eröffnungsfeier der Hebräischen Universität gebaut und ist heute ein Ort für Veranstaltungen. Dahinter liegen palästinensische Dörfer, israelische Siedlungen und die judäische Wüste. Bei klarer Sicht reicht der Blick bis zum Toten Meer und nach Jordanien.
Im Mandel Building ("Jack, Joseph and Morton Mandel School for Advanced Studies in the Humanities"), dessen Grundsteinlegung 2012 erfolgte, sind Studiengänge wie "Jewish Studies" und "Hebrew Bible" untergebracht.
Wir besuchen reguläre Kurse an der Hebräischen Universität, die ausnahmsweise in englischer Sprache abgehalten werden. Im "Biblical Historiography"-Kurs von Ronnie Goldstein werden gemeinsam mit israelischen Studierenden die historischen Hintergründe der biblischen Klagelieder erforscht. In den Unterrichtseinheiten wird viel in Kleingruppen gearbeitet. Team-Teaching ist selbstverständlich.
Neben dem Besuch zahlreicher Seminare können wir an der Hebräischen Universität auch Zeit in der Bibliothek verbringen. Bei unserer Erkundungstour stolpern wir in der Abteilung für Literatur und Linguistik auch über die "Österreichbibliothek" mit Werken deutschsprachiger AutorInnen, die vom österreichischen Außenministerium gespendet wurde. Dort und im "European Forum" können u.a. Themen mit Österreich-Bezug erforscht werden.
Von der Terrasse des "Beit Maiersdorf" reicht der Blick über die ganze Stadt. Nach einem langen Tag an der Hebräischen Universität können wir noch den Sonnenuntergang über Jerusalem mitverfolgen.
Bei einer Sonderführung durch das Bible Lands Museum, das Beispiele aus den altorientalischen Kulturen im Umfeld der Bibeltexte zeigt, mit Uri Gabbay wird auf die Seminarinhalte des nächsten Tages vorbereitet. Historische und archäologische Hintergründe der mesopotamischen Stadtklagen und der viel jüngeren biblischen Klagelieder werden anschaulich. Wir besuchen eine Sonderausstellung zu "Jerusalem in Babylon" und den Al-Yahudu-Tafeln.
Bibel und Bier: Beim Pub-Besuch mit Nili Wazana und ihren Studierenden wird über das wissenschaftliche Studium der Hebräischen Bibel in unterschiedlichen Kontexten, Ländern, Sprachen und Religionen diskutiert.
Neben den universitären Veranstaltungen ist Zeit zur Besichtigung der Jerusalemer Altstadt. Dazu gehört ein Rundgang auf der Stadtmauer. Bergauf und bergab legt man über zahlreiche Stufen einige Höhenmeter zurück und bekommt so einen Eindruck, wie hügelig die Landschaft ist. Aber die Mühe lohnt sich: beim "Ramparts Walk" kann man tolle Ausblicke genießen. Hier geht es scheinbar direkt auf die Universität am Skopusberg zu – vielleicht wäre man, angesichts der Verkehrslage, zu Fuß sogar schneller dort, als mit dem Bus.
Blick von der Stadtmauer: Beim Rundgang auf der Mauer bekommen wir Einblicke in die verschiedenen Viertel: christliches, muslimisches, armenisches und jüdisches Viertel. Uns fällt auf, dass es auch im christlichen Viertel muslimische Schulen gibt und dass das Österreichische Hospiz und Teile der Via Dolorosa mit ihren Kirchen im muslimischen Viertel liegen. Wir können die Unterschiede der angrenzenden Neustadt – West- und Ostjerusalem – von oben erkennen.
Sachertorte und Melange – eine Pause vom orientalischen Basar im Österreichischen Hospiz, früher Krankenhaus, heute Pilger-Hospiz und Hotel.
Ein ungewöhnlicher Anblick in Jerusalem: eine wehende Österreich-Fahne. Von der Dachterrasse des Österreichischen Hospiz genießen wir den Rundumblick über die Altstadt. Von hier aus sieht man den Felsendom am Tempelberg besonders gut und schräg links davon den jüdischen Friedhof am Ölberg.
An der Grenze zum muslimischen Viertel der Altstadt gelegen, ist die sogenannte "Klagemauer", die "Mauer", die ursprüngliche Westmauer des Tempels, die wichtigste religiöse Stätte des Judentums. Männer und Frauen getrennt, wird an der Mauer weniger geklagt, als gebetet und gefeiert – bei Tag und bei Nacht. Darüber befindet sich der Felsendom.
Begibt man sich etwas abseits der üblichen Touristenwege innerhalb der Altstadt, kann man so manche erstaunliche Entdeckung machen, z.B. die Santa Claus Lane.
Die mehrere hundert Jahre alten Olivenbäume in dem Garten, in dem an die biblisch überlieferte Gethsemane-Szene erinnert wird (Gebet und Verhaftung Jesu), warten geduldig auf Frieden. (Text: Exkursionsteam/Fotos: © privat)
Vom 11. bis zum 16. November 2018 besuchten zehn Studierende der Evangelischen Theologie und der Judaistik unter der Leitung von Marianne Grohmann die Hebräische Universität Jerusalem. Bei Seminarsitzungen, Vorträgen, Gesprächen und Museumsbesuchen war es möglich, einen Einblick in universitäres Leben in Israel zu bekommen. Thema des Joint Classroom waren die biblischen Klagelieder: Sie wurden in drei unterschiedlichen Kontexten analysiert: in ihrem altorientalischen Umfeld, in der rabbinischen Literatur und in zeitgenössischem Shoah-Gedenken. Daneben war Gelegenheit, modernes Israel kennen zu lernen: das tägliche Verkehrschaos in Jerusalem, die Spannungen zwischen religiösen und säkularen Menschen und die angespannte politische Lage.
Der Aufenthalt an der Hebrew University of Jerusalem wurde durch die Programme "Erasmus+ International Teaching Mobility" und "Joint Classroom" gefördert. Nähere Informationen zu diesen Förderprogrammen gibt es beim International Office der Universität Wien.
