Am 15. Jänner traf Vienna University Totonka, der Eishockeyclub der Wiener Universitäten, auf das Team der Oxford University Canadians. Rund 200 ZuschauerInnen verfolgten im einzigartigen Ambiente des Wiener Eislaufvereins ein spannendes Match, das die Gastgeber mit 11:5 für sich entscheiden konnten.
Bei für Freiluft-Eishockey fast schon angenehmen Temperaturen verfolgten die ZuschauerInnen das Aufwärmen der beiden Teams: Vienna University Totonka in den roten Trikots und Oxford Canadians in weiß. Nach 2012 und 2013 kreuzten diese Mannschaften schon zum dritten Mal die Schläger. Das erste Aufeinandertreffen gegen die "Büffel" von Totonka konnten die Oxforder noch mit 8:2 gewinnen, im Vorjahr revanchierte sich die sehr international zusammengesetzte Mannschaft der Wiener Studenten mit einem 10:5-Erfolg.
Die Oxford Canadians sind ein Verein mit langer Tradition: Der Club war ursprünglich von 1905 bis 1914 aktiv und galt zu dieser Zeit als eine der besten europäischen Mannschaften, die als Vorläufer der kanadischen Nationalmannschaft viel zur Entwicklung des Eishockeysports in Europa beitrug. Zum 100-jährigen Jubiläum der kriegsbedingten Auflösung der Canadians hat der Oxforder Universitäts-Eishockeyclub – sonst der Farben wegen "Blues" genannt – die Canadians wiederbelebt und unter diesem Namen auf die seit Jahrzehnten übliche Winterferientour durch Kontinentaleuropa mit Spielen gegen verschiedene Universitätsteams geschickt.
Nach dem Eröffnungsbully legten beide Teams mit hoher Intensität los. Hier bedrängt Tobias Wassmer – der Schweizer Mathematiker ist PhD-Student an der Universität Wien – den Oxforder MBA-Studenten Alex Dortok aus Toronto im Verteidigungsdrittel der Büffel. Unterwasserarchäologe Nick Bartos aus Denver lauert vor dem Tor der Wiener auf seine Chance, während im Hintergrund Martin Strauch aus Prag – er studiert internationale Betriebswirtschaft an der Universität Wien – seine Kreise zieht und auf eine Gelegenheit zu einem Angriff auf das Tor der Canadians wartet. Strauch konnte einige davon erfolgreich (mit)gestalten und wurde mit zwei Toren und drei Assists zum "Man of the Match" für Totonka gewählt.
Im Eishockey mit seiner relativ hohen Frequenz an Torschüssen ist der Torwart individuell gesehen der wichtigste Spieler eines Teams. Trotz raffinierten Winkelspiels musste Marc Orlainsky, Absolvent der juristischen Fakultät der Universität Wien, als erster hinter sich greifen und den Puck nach dem Führungstreffer der Canadians aus dem Netz holen. Insgesamt konnten die Oxforder den Vorarlberger Juristen drei Mal überwinden bevor dieser für das letzte Drittel den Platz im Tor an Neo-Totonka Ömer Cetin übergab. Der 22-jährige Student der transkulturellen Kommunikation erlernte das Eishockey beim EHC München und konnte als Mitglied der Türkischen Juniorennationalmannschaft schon WM-Erfahrung sammeln. Neben Cetin gilt dies noch für zwei weitere Spieler der Wiener: Martin Casanova (Kommunikationswissenschaften Universität Wien) aus Bruneck in Südtriol war Kapitän der italienischen U20-Nationalmannschaft und zog das Studium in Wien der Karriere als Eishockeyprofi vor. Dritter im Bunde der Spieler mit internationaler Erfahrung bei den Büffeln ist Flügelstürmer Harry Papazov aus Sofia.
Über Arbeit konnte sich Politikwissenschaft-Dissertant Ryan Berg aus Wisconsin im Tor der Oxforder nicht beklagen. Bis zum Ende des Mitteldrittels konnte Berg sein Team gut im Spiel halten. Hier können er und einer seiner Verteidiger, der Postdoc-Wissenschafter Rod Lubbock (weißer Helm), einen Treffer des Studenten Amadeus Gallmetzer von der Wirtschaftsuniversität Wien jedoch nicht verhindern. Berg und Lubbock, der einsame Brite bei den Canadians, sind die einzigen Spieler, die schon bei den vorigen beiden Spielen gegen Totonka dabei waren und somit das Gefühl kennen, den Büffeln das Fell abziehen zu wollen.
Zumindest könnte man glauben, das "Juggernaut Jacket" der Oxforder Cracks – hier getragen von Torhüter Ryan Berg auf Besuch in der Staatsoper – sei aus Büffelfell geschneidert. Woraus auch immer dieses Kleidungsstück gefertigt ist, es wird nach jedem Spiel dem mannschaftsintern bestimmten "Man of the Match" verliehen, der es bis zur Weitergabe – also auch in Vorlesungen und Übungen – ständig tragen darf. (Foto: Oxford University Icehockey Club)
Ein Grund für den letztendlich doch recht deutlichen 11:5-Erfolg der Büffel war die gut gefüllte Spielerbank. Beim Eishockey können die bis zu 20 Feldspieler des Matchkaders fliegend wechseln. Um ein hohes Tempo aufrechtzuerhalten, müssen die Einsatzzeiten der verschiedenen Spielerblöcke eines Teams kurz (ca. 45 Sekunden) bleiben und die Spielzeit darf nicht zu stark auf einzelne Blöcke konzentriert werden. Totonka-Coach Tim Heiss (im Hintergrund) hatte die Qual der Wahl, ... (Foto: Matthias Repke)
... während die eher locker besetzte Bank der Oxforder deutlich weniger Wechselmöglichkeiten zuließ. Die mit zwei Verteidigerpaaren und drei Sturmlinien angereisten Cracks von der Insel mussten am Ende dem hohen Tempo der Wiener Tribut zollen.
Alle Beteiligten haben das dritte "International Varsity Game" zwischen Vienna University Totonka und den Vertretern der Universität Oxford genossen und die Gelegenheit genutzt, auch abseits des Eises ins Gespräch zu kommen und sich zu vernetzen. Mit der klassischen Rivalität zwischen Oxford und Cambridge, die auch auf gefrorenem Wasser seit über hundert Jahre gepflegt wird, kann das Duell Wien gegen Oxford zwar noch nicht mithalten, der Grundstein zu einer langfristigen sportlichen Rivalität ist jedoch gelegt. Das nächste Spiel der "best of infinite"-Serie folgt im Jänner 2015. (Text: Wolfgang Höchtl, Fotos: Wiener Eislaufverein, außer anders angegeben)