Zehn Tage zwischen Moscheen, Graffitis und pharaonischen Bauten: Vom 17. bis 26. April reisten 22 Studierende und MitarbeiterInnen des Instituts für Kunstgeschichte nach Ägypten, um Architektur und Kunst islamischer Zeit zu entdecken.
Am Ankunftsabend lud der Exkursionsleiter Markus Ritter, Vorstand des Instituts für Kunstgeschichte, nahe dem Tahrir-Platz zum Willkommenstrunk ein – mit Blick von ganz oben auf die 20-Millionen-Metropole. Hier teilt sich der Nil und umfließt die Insel Zamalek. Den Strom säumen moderne Bauten und eine mehrere Kilometer lange Uferstraße, die Corniche.
Frühmorgendlicher Blick aus dem Hotel auf den westlichen Nilarm an der Insel: Hausboote, Wohnviertel und eine moderne Moschee in historischen Formen sind zu sehen. Noch ist die Stadt ruhig. Das Wohnen auf Hausbooten war bis in die 1960er beliebt. In den letzten Jahren sind sie wieder in Mode gekommen und viele der alten verfallenen Boote wurden renoviert.
Ein Höhepunkt der Reise war der Besuch in der Moschee des Gouverneurs Ibn Tulun aus dem Jahr 869. Der gewaltige Bau ist eine der ältesten weitgehend erhaltenen arabischen Moscheen im Nahen Osten. Er gibt eine Vorstellung, wie zeitgleiche Moscheen unter den Abbasidenkalifen im Irak ausgesehen haben, nach deren Vorbild er entstand.
Später am Tag in der al-Hakim-Moschee: Der Lehrzirkel (Arabisch: halqa) war das klassische Vorlesungsformat im mittelalterlichen Islam. Der Lehrer saß in der Moschee an eine Säule gelehnt und trug vor; die Studenten nahmen im Kreis Platz und schrieben mit. Wie das Bild zeigt, funktioniert diese Form auch für die Kunstgeschichte, nur steht jetzt die Diskussion im Vordergrund.
Graffiti und Wandmalerei nahe dem Tahrir-Platz: Hier war ein Brennpunkt der Proteste von 2011 und 2013. Das Wandbild zeigt die Hoffnung auf einen "Neuen Ägypter" – eine Figur, die auf dem "vitruvianischen Menschen" von Leonardo da Vinci basiert, als Symbol des "neuen Menschen": Die dunkle Hautfarbe und die pharaonische Maske Tutanchamuns machen sie zu einem Ägypter alter Herkunft; die Fesseln (Handschellen) des Regimes sind gesprengt und hängen noch am Arm; Pflaster und Verbände zeigen die Gewalt gegen die Protestierenden.
Als Architekturstadt ist Kairo mit Rom und Istanbul zu vergleichen. Hier lässt sich Architekturgeschichte vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart studieren. Die Altstadt prägen Bauten aus der Zeit der Sultane der Mamluken (1260-1517). Kennzeichnend für das 14. Jahrhundert, wie hier in der Madrasa des Sultans Barquq, sind prunkvolle Marmorböden und die vielfarbig ornamentierten Wände.
Ein Referat im Empfangssaal des Palastes von Amir Bishtaq führt uns in das frühe 14. Jahrhundert.
Nach dem Luxus des ersten Abends wurde erfolgreich daran gearbeitet, unterwegs günstige und schnelle Mittagsmahlzeiten zu finden. Das ist in Kairo nicht schwierig: schmackhaftes Essen, Ful (braune Bohnen) und die daraus hergestellten Ta‘mia oder Falafel sind nahezu an jeder Straßenecke zu finden. Schwieriger war die Abwechslung: Die Alternative Kuschari – eine Mischung aus Nudeln, Linsen und Reis mit scharfer Tomatensauce und Röstzwiebeln – hatte Fans, fand aber nicht bei allen Anklang.
So leer sind die Straßen nur am Freitagmorgen, analog unserem Sonntagmorgen. "Downtown", das moderne Stadtzentrum Kairos ist ein Freilichtmuseum europäischer Architekturformen des 19. und 20. Jahrhunderts: Beaux arts, Art déco und internationaler Bauhausstil. Das Stadtviertel entstand mit sternfömig ausstrahlenden Straßenzügen nach dem Beispiel des neuen Paris.
Lebhafte Diskussionen gab es bei modernen Bauten, die historische ägyptische Formen – mittelalterlich-islamische oder pharaonische – und europäische Vorstellungen "orientalischer" Formen zeigen: als historistisches Revival, als visuelle Identität des modernen Nationalstaats oder als ein europäischer Orientalismus. Der Ramsis-Bahnhof verbindet Motive mittelalterlicher Architektur in Ägypten mit andalusisch-arabischen Formen.
Vor der Knickpyramide von Dahschur und im Hintergrund die sogenannte Rote Pyramide: Nach einem dichten und anstrengenden Programm zu islamischer Architektur in den ersten Tagen war der Tag bei pharaonischen Bauten in Wüsten- und bei Oasenlandschaft auch eine Verschnaufpause.
Ein Tagesausflug führte von Kairo nach Norden zu den christlichen Klöstern im Wadi Natrun und weiter ans Mittelmeer nach Alexandria. Etwa zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung gehören der koptischen Kirche an, die von Rom unabhängig ist und ihren eigenen Papst hat.
Beim Rückflug nach Wien traf eine nach zehn Tagen immer noch bestens gelaunte Gruppe im Flugzeug auf den ORF-Korrespondenten in Kairo, Karim El-Gawhary, dem das einen Eintrag mit Foto in seinem Blog wert war. (Fotos: Armin Plankensteiner und Markus Ritter/Text: Markus Ritter)