Am 6. Tag ihrer Neuseeland-Exkursion setzen unsere Studierenden ihre Reise Richtung Ostküste fort. Auf ihrem Weg zum Tagesziel, der ehemaligen schottischen Siedlung Dunedin, nutzen sie die Zeit für Zwischenstopps, um die zahlreichen interessanten Besonderheiten der Küste Otagos zu bestaunen.
6. Februar: Heute brechen wir wieder in Begleitung von Michael Crozier und seiner Partnerin von Ranfurly Richtung Ostküste auf. Ranfurly war früher ein kleiner ausgestorbener Ort, profitierte aber vom Tourismus und wurde dadurch wiederbelebt. Beliebt sind zum Beispiel die zahlreichen Fahrradwege, die auf den stillgelegten Eisenbahnstrecken angelegt werden. Wir verlassen somit Central Otago und nähern uns Coastal Otago. Unser erster Zwischenstopp am Weg Richtung Dunedin sind die Moeraki Boulders. Dort kommen wir – wie auf dem Foto zu sehen – glücklich an.
Auf dem Bild sieht man die berühmten kugelförmigen Moeraki Boulders. Diese entstanden vor mehreren Millionen Jahren durch chemische Reaktionen in den feinkörnigen Sedimenten am Tiefseeboden. Durch tektonische Kräfte wurden sie nach langer Bildungszeit über den Meeresspiegel gehoben. Heute kommen sie durch Küstenerosion wieder zum Vorschein. Der Anblick ist äußerst eindrucksvoll. Die naheliegende Moeraki Halbinsel besteht hauptsächlich aus vulkanischem Gestein und wird daher langsamer als der restliche Küstenabschnitt erodiert. Der Boden darüber ist so wie bei großen Teilen der Küste aus Löss und daher höchst anfällig für Rutschungen.
Weiter geht es zum Shag Point, ein beliebter Ruheort für die heimischen Seehunde. Die Population wurde im Zuge der europäischen Besiedlung durch Seehundjäger stark verkleinert. Heute sind die Seehunde geschützt.
Für uns interessanter am Shag Point ist jedoch das Schichtungsgefüge der Küste. Eine der Schichten ist nicht horizontal, sondern – wie am Foto zu sehen – aufgebrochen. Diese wurde schollenartig übereinander geschoben und leicht schräg gelagert. Michael Crozier hat mit einigen KollegInnen die mögliche Ursache der ungewöhnlichen Schichtung bereits erforscht und berichtet uns dazu genaueres: Das Aufbrechen und die Umlagerung des ehemaligen Horizonts erfolgte durch einen damaligen Tsunami. Es handelt sich hierbei um die ältesten gefundenen Tsunamirückstände Neuseelands. Tsunamis, die an der Ostküste antreffen, haben ihren Ursprung meistens an der Westküste Südamerikas.
Ein weiterer Aufschluss an der Küste zeigt uns eine schwarze Kohleschicht. Diese wurde damals in küstennahen Lagunen gebildet und setzt sich heute unter dem Meer fort. Früher wurden diese Schichten mit Schächten gefördert, die unter das heutige Meer reichen. Weiter oben im Profil sehen wir eine mit Steinen durchsetzte Lössschicht, die etwa fünf bis sechs Meter über dem heutigen Meeresspiegel liegt. Diese stammt aus dem letzten Interglazial und lässt darauf schließen, dass sich das Land seitdem nicht weiter gehoben hat, da der Meeresspiegel in dieser Zeit genau auf dieser Höhe lag.
Die Küste Otagos bietet viele Besonderheiten – so auch die sogenannten "Shore platforms". Diese sind beinahe horizontale Steinplattformen an der Küste, die am Ende zum Meer hinaus steil abfallen. In diesem Fall sind sie aber nicht von Wellen geformt worden, sondern durch biologische Verwitterung. Durch den Tidenunterschied liegt die Fläche abwechselnd trocken und wieder feucht, wodurch geochemische Reaktionen gefördert werden.
Ein weiteres Indiz dafür, dass die obengenannte Plattform nicht durch Wellen geformt wurde, ist, dass es – wie auf dem Bild zu erkennen – keine Brandungshohlkehle gibt. Wellen würden die Küste unterschneiden und so zu verstärkter Erosion führen. An diesem Küstenabschnitt schützt die Plattform jedoch die Küste vor Erosion. Auch an diesem Strand kommen die kreisrunden "Kugeln" zum Vorschein. Da das umgebende Material aber verfestigt ist, dauert die Loslösung wesentlich länger als bei den berühmten Moeraki Boulders.
Nach unserer Mittagspause auf den Shore Plattforms fahren wir weiter Richtung Süden und machen unter anderem auf einer kleinen Anhöhe mit Blick auf die Küste Halt. Die Landzungen haben vulkanisches Grundgestein und sind deshalb weniger stark erodierbar – im Gegensatz zum Rest der Küste. Außerhalb der Vulkanite befindet sich unter dem Löss weicher Tonstein – diese Kombination ist ausschlaggebend für gravitative Massenbewegungen. Unser Aussichtspunkt befindet sich auf einer großen Rutschung, die sich etwa 100 bis 150 Millimeter pro Jahr fortbewegt und so groß ist, dass sie nicht aufzuhalten ist. Diese Situation finden wir in der gesamten Gegend, was sich auf den Straßen- und Schienenverkehr auswirkt. Bei der Weiterfahrt über die sehr holprigen Straßen bekommen wir dies nicht nur zu sehen, sondern auch zu spüren. Wir können uns sehr gut vorstellen, welcher Aufwand betrieben werden muss, um die querende Eisenbahnlinie offen zu halten.
Unsere heutige Reise bringt uns schlussendlich nach Dunedin, eine ehemals schottische Siedlung an der südöstlichen Küste. Beim Spaziergang durch das als Oktagon angelegte Stadtzentrum erläutert uns Michael Crozier viele Hintergründe dieser Stadt. Dunedin liegt auf einem erloschenen Vulkan. Der Hafen befindet sich in dessen Caldera, die heute mit dem Meer verbunden ist. Die schottischen Wurzeln finden wir im Stadtbild überall, wie zum Beispiel am Bahnhofsgebäude, das auf dem Bild zu sehen ist. Als Vorbild für die Stadtplanung galt Edinburgh in Schottland. Dunedin zählt rund 120.000 EinwohnerInnen, von denen knapp 20.000 StudentInnen sind. Die Universitäten tragen einen Großteil zum wirtschaftlichen Wohlstand der Stadt bei. Zwei Drittel der Studierenden kommen von außerhalb. Früher war der Goldmarkt ein wichtiger Wirtschaftszweig.
Was die 21 Studierenden der Universität Wien über die Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Gesellschaft in Neuseeland lernen, darüber berichten sie im Februar aktuell für uni:view – nachzulesen im Dossier "Die grüne Insel ruft" .