Auch am vierten Tag der Neuseeland-Exkursion dreht sich alles ums Wasser: Wie die Farmer ihre riesigen Landflächen bewässern und welche Herausforderungen sich durch den Bau gewaltiger Staudämme für Umwelt und Gesellschaft ergeben, erzählen die Studierenden in ihrem aktuellen Reisebericht.
4. Februar: Wir haben eine stürmische und kalte Nacht in der Jugendherberge im Mount Cook Village hinter uns. Eigentlich wäre für heute eine Wanderung zur Mueller-Hütte geplant gewesen. Aufgrund des extrem schlechten Wetters müssen wir diese aber leider absagen. Nun steht der Besuch einer Verwerfungszone auf dem Programm: Sie liegt in einem Gebiet, wo zwei tektonische Platten aufeinander treffen, was zur allgemeinen Hebung des Gebiets führt. Innerhalb dieser Region gibt es immer wieder einzelne Verwerfungszonen, von denen wir jene am Table Hill südlich von Twizel besuchen. Dieser Bereich Neuseelands ist auch heute noch äußerst aktiv – was unter anderem die Rutschungen an den Hängen sichtbar machen.
Doch bevor wir mit dem "Freiland Programm" starten, statten wir dem Visitor Center des Nationalparks Mount Cook – das vom Department of Conservation unterhalten wird – einen Besuch ab. Das vom Staat finanzierte Center bietet zahlreiche Informationen zur gesamten Region, deren Entwicklung und momentanen Nutzung. Besonderer Fokus liegt dabei auf der Erforschung des Gletschers. Außerdem bietet das Center zahlreiche Wanderinformationen, wie beispielsweise Wettervorhersagen, für dieses Gebiet.
Auch heute begleiten uns Michael Crozier und seine Frau Sally Marx, die früher als Environmental Consultant in einem großen neuseeländischen Ingenieurbüro tätig war. Den ganzen Tag über informieren sie uns über die besuchten Regionen und deren Phänomene – insbesondere über die Wasserkraftsysteme sowie die Herausforderungen an die Umwelt und Gesellschaft, die sich durch den Bau solch gewaltiger Staudämme ergeben. Sie vermitteln uns viel Faktenwissen und stellen gleichzeitig den Bezug zu den Maoris und der Besiedelungsgeschichte her. Die beiden würzen die Informationen immer wieder mit vielen kleinen – aber sehr aufschlussreichen – Anekdoten: Die helfen uns dabei, Neuseeland umfassend und aus einem ganz anderen Blickwinkel kennenzulernen.
Aufgrund des Klimas werden in Neuseeland zahlreiche landwirtschaftliche Flächen bewässert. Da es sich um riesige Gebiete handelt, sind dafür natürlich besonders große Bewässerungsanlagen nötig. Das Wasser wird entweder aus dem Grundwasser entnommen, von Flüssen abgepumpt oder aus den großen Wasserreservoiren zu den landwirtschaftlichen Flächen geleitet. Die Farmer müssen jedoch nicht das Wasser selbst, sondern nur einen einmaligen Betrag für die Nutzungsgenehmigung zahlen sowie für den Bau der Wasserleitungen aufkommen. Wir erfahren aber auch, dass in einigen Gebieten damit begonnen wird, den Wasserverbrauch in Rechnung zu stellen.
Die Clay Cliffs – auch Erdpyramiden genannt – sind ursprünglich glazialfluviale Ablagerungen. Diese werden durch tektonische Bewegungen gehoben und denn erodiert. Auf dem Bild sind verschiedene Horizonte – mit unterschiedlich großen Mächtigkeiten – erkennbar. Sie haben verschiedene Korngrößen und wurden unter ganz unterschiedlichen Abflussregimen abgelagert. Auch diese Hebungen befinden sich in einer tektonisch sehr aktiven Region. Die herausgehobenen Sedimente erodieren mit hohen Abtragungsraten, wobei das Material komplett im Ahuriri River abtransportiert wird.
Der Ahuriri River ist einer der wenigen natürlich belassenen Flusssysteme im südlichen Canterbury. Das Department of Conservation versucht das spezielle Ökosystem des Flusses zu schützen. Die Pflanzenvielfalt Neuseelands zeigt sich hier von ihrer vielfältigen Seite. Michael Crozier erläutert jedoch im Detail, dass viele Pflanzenarten nicht heimisch, sondern im Zuge der Besiedlung Neuseelands eingeschleppt wurden. Um die einheimischen Pflanzen zu schützen, gibt es bei der Einreise nach Neuseeland strenge Kontrollen. So soll das – bewusste oder unbewusste (z.B. durch verschmutzte Schuhe) – Einführen weiterer Pflanzensamen verhindert und somit die natürliche Umwelt geschützt werden.
Der Massedamm "Benmore Dam" wurde nach den internationalen Richtlinien konstruiert. Nach einer Bauzeit von etwa zehn Jahren dauerte es weitere acht bis zehn Jahre, bis sich das Reservoir völlig gefüllt hat und die volle Leistung von 740 MW erbringt. Die Bevölkerung ist durch ein Frühwarnsystem geschützt, falls es zu einem Dammbruch kommen sollte. Ein Erdbeben oder eine große Masse, die in den See rutscht oder fällt, könnte einen solchen auslösen. Trotz Frühwarnsystem wären die Folgen für die flussabwärts gelegenen Gebiete sicherlich fatal. Nach dem Bau des "Benmore Dam" haben sich viele Menschen in den Ortschaften unterhalb des Dammes angesiedelt und sich einem gewissen Risiko ausgesetzt. Doch sie sind sich der Gefahren eines Dammbruchs nicht wirklich bewusst.
Was die 21 Studierenden der Universität Wien über die Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Gesellschaft in Neuseeland lernen, darüber berichten sie im Februar aktuell für uni:view – nachzulesen im Dossier "Die grüne Insel ruft" .