Die grüne Insel ruft (Tag 16)
Gastbeitrag von Natalie Wolf und Moritz Bernglau | 24. Februar 2015Heute führt eine Wanderung die Geographie-Studierenden der Universität Wien auf den Mt. Ruapehu – einen Vulkan, der etwa alle zehn Jahre ausbricht. Ein Frühwarnsystem soll die BesucherInnen schützen: Im Falle eines Ausbruchs bleiben 90 Sekunden Zeit, um das Skigebiet zu evakuieren.
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16. Februar: Den heutigen Tag verbringen wir mit einer Wanderung auf den Mt. Ruapehu, einem Vulkan im Tongariro Nationalpark: der erste – im Jahr 1892 – gegründete Nationalpark Neuseelands. Seit dem späten 19. Jahrhundert hielt der Tourismus in diesem Gebiet Einzug. Heute sind es jährlich rund eine Million BesucherInnen, wobei besonders die Zahl der AsiatInnen stetig steigt. Für die indigene Bevölkerung stellt das Areal eine Verbindung zu ihren Vorfahren dar und ist daher heilig. Deshalb sind sie im Umgang mit der Natur im Allgemeinen überaus Achtsam.
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Während das Gebiet im Sommer vorrangig für Wanderungen genutzt wird, stellt es im Winter aufgrund der enormen Schneehöhe (20 bis 30 Meter) – zusammen mit denen auf den Westhängen des Mt. Ruapehu's – das wichtigste Skigebiet der Nordinsel dar. Täglich zieht es rund 6.500 WintersportlerInnen an. Zunächst wurden die Liftanlagen von lokalen Skiclubs unterhalten, doch seit geraumer Zeit übernimmt dies die Gesellschaft der Ruapehu Alpine Lifts (RAL). In den vergangenen Jahren wurden jedoch weitere Investitionen eingestellt, da das Fortbestehen aktuell ungewiss ist und die Betreiberlizenz des Skigebietes im National Park 2016 ausläuft. Für eine Verlängerung dieser Lizenz sind unter anderem die Zustimmungen des DOC (Department of Conservation) und der Maori erforderlich.
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Etwa alle zehn Jahre kommt es zu einer größeren Eruption des Vulkans. Der letzte große Ausbruch fand 2007 statt, der auch einen Lahar auslöste. Dabei handelt es sich um vulkanisches Material, das mit Wasser versetzt ist und sich mit einer mittleren Geschwindigkeit hangabwärts bewegt. Die Gründe für einen Lahar können vielfältig sein: Eine Möglichkeit ist das Aufsteigen eines "Glutdoms", der an den Rändern abkühlt. Die ausgeworfene Asche dient als Kondensationskern für Starkniederschläge. Weitere Wasserquellen, die als Grundlage für Lahare dienen können, sind abschmelzende Gletscher, ausbrechende Gletscherseen oder Starkregenereignisse, die auch ohne Vulkanaktivitäten auftreten können.
Jeder Vulkanausbruch setzt sich aus verschiedenen Phasen zusammen, die zeitlich eindeutig zugeordnet werden können. Eine der Datierungsmöglichkeiten ist die Tephrachronologie, welche die unterschiedlichen aufeinander abgelagerten Horizonte analysiert.
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Durch Eruptionen werden verschiedene Gesteinsmaterialien unterschiedlichster Art und Form zu Tage befördert. Folgende Erscheinungen sind auf dem obigen Bild zu erkennen: Bomben sind runde Gesteinsbrocken, die aus dem Vulkan herausgeschleudert werden und deren charakteristische Form sich durch Rotation während der Flugphase ergibt. Weiters weisen sie außen eine dichte Kruste auf und innen große Hohlräume, die aus Gaseinschlüssen resultieren. Bei Lapilli handelt es sich um sehr feines Material vulkanischen Ursprungs, das oftmals auch in weiter Entfernung zum Vulkan anzutreffen ist, da es mit dem Wind abtransportiert und anschließend abgeregnet wird. Konglomerate sind aus heißem Magma entstanden. Beim Auswurf aus dem Schlot wird Material vom Schlotrand herausgerissen und anschließend rasch abgekühlt. Dadurch kommt es zu charakteristischen Einschlüssen. Sehr ausgefallene Minerale sind typisch für den Vulkanismus. Im Bild kann aufgrund der Struktur, der Farbe und des Geruches auf Schwefel geschlossen werden.
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Der Vulkan befindet sich in ständigen Erwärmungs- und Abkühlungszyklen, die sehr gut mittels der Temperatur des Kratersees festzustellen sind. In Warmphasen betragen diese mehr als 40 Grad Celsius, aktuell befindet sich der Mt. Ruapehu in einer Abkühlungsphase – die Temperatur des Sees liegt bei rund 30 Grad Celsius. Mitte der 90er Jahre kam es zu mehreren Eruptionen des Vulkans: Das ausgeworfene Material bildete einen Damm, der wiederum einen Kratersee aufstaute. Durch den Damm verminderte sich die Abflussrate, wodurch es zu einem Anstieg des Wasserspiegels kam. Bis zum Jahr 2009 hat sich dieser Damm jedoch auf natürlichem Wege wieder rückgebildet und der Wasserlevel befindet sich nun wieder auf dem Ausgangsniveau.
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Weite Bereiche dieser obersten Gesteinsschicht weisen einen Gletscherschliff auf. Dieser ist auf die vergangene kleine Eiszeit in den 1850er Jahren zurückzuführen. Vor rund 12.000 bis 15.000 Jahren waren die gesamten Flanken mit einer mächtigen Eisschicht bedeckt. Durch glazio-fluviale Abschmelzprozesse haben sich fluvial gerundete Gesteinsformen ausgebildet.
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Auf diesem Bild ist die Frostverwitterung erkennbar. Hierbei dringt Wasser in Gesteinsspalten ein, gefriert und dehnt sich dabei aus. In Folge dessen werden die Spalten erweitert und der Vorgang beginnt von neuem. Dieser Prozess wiederholt sich bis der Stein schlussendlich zerfällt.
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Im Jahr 1991 wurde am Mt. Ruapehu ein Frühwarnsystem installiert, das vor allem dem Schutz der BesucherInnen des Skigebiets und den AnwohnerInnen dienen soll. Die Messgeräte befinden sich aktuell in zwei Stationen, eine direkt am Kraterrand und eine zweite einige hundert Meter darunter. Die erste wird jedoch bis 2016 abgebaut, da einerseits die Nutzungslizenz ausläuft, andererseits die Gerätschaften bei einer Eruption innerhalb von zwölf Sekunden zerstört werden und somit nur wenige Informationen liefern können. Die Informationen werden jedoch in der Zentrale in Whakapapa Village gesammelt. Von hier wird das System gesteuert und Alarme ausgelöst. Die Errichtungskosten beliefen sich auf rund 1,2 Millionen Neuseeland-Dollar und die jährlichen Wartungskosten liegen bei rund 60.000 Neuseeland-Dollar. Verantwortlich ist lediglich eine Person, die von drei weiteren unterstützt wird. Einige der Basisinformationen werden von GNS (Institute for Geological and Nuclear Sciences) bereitgestellt. Im Falle eines Ausbruchs bleiben 90 Sekunden Zeit, um das Skigebiet zu evakuieren und rund 20 Minuten für die darunterliegenden Orte.
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