Die grüne Insel ruft (Tag 15)
Gastbeitrag von Alexandra Teufel und Christina Treiber | 23. Februar 2015Interessante Bodenbewegungen rund um ein Küstengebiet, einen ungewöhnlichen Fluss und einen gefährlichen Vulkan lässt das GeographInnen-Herz höher schlagen. Wieder ein Tag, an dem die ExkursionsteilnehmerInnen der Universität Wien einiges lernen können.
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15. Februar: Heute treffen wir Sam McColl von der Massey University in Palmerston North, der uns zunächst entlang der Küste interessante landschaftliche Einheiten erklärt und uns danach einige der gravitativen Massenbewegungen näherbringt. Der erste Stopp bietet uns einen hervorragenden Ausblick auf die Küstenlinie und die Kapiti Insel. Die Kapiti Insel steht unter Naturschutz und ist im Rahmen geführter Touren begehbar. Am Bild lässt sich eine Ausbuchtung der Küste erkennen. Verursacht wird diese durch die Insel, welche die Wellenenergie bremst und somit die Küstenerosion verringert. Die Wellenenergie verlagert sich auf die umliegenden Gebiete und verstärkt dort die Erosion.
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An diesem Standort wird das neuseeländische Paradox "Green and Clean" an der Grundwasserverschmutzung deutlich. Diese hat zwei Ursachen: zum einen die intensive landwirtschaftliche Nutzung und zum anderen die Zweitwohnsitze entlang der Küste. Ersteres ist problematisch, da beträchtliche Mengen an Grundwasser für die hier ansässigen Obst- und Gemüseproduktion entnommen und, mit Dünger angereichert, für die Bewässerung verwendet wird. Der durchlässige Schotteruntergrund filtert das Sickerwasser kaum, daher gelangt der Dünger fast direkt in das Grundwasser. Das Grundwasser wird außerdem durch die Abwässer der Zweitwohnsitze verschmutzt: Diese stehen weitgestreut entlang des Strandes und leiten ihr Abwasser in den Untergrund und somit ungefiltert in das Grundwasser, das wiederum entnommen und genutzt wird.
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Am Manawatu Fluss erklärt uns McColl die Hypothese über die Entstehung des Manawatu Tales während des Holozäns (des jüngsten Zeitabschnitts der Erdgeschichte). Ungewöhnlicher Weise mündet der Fluss im Westen in die Tasmanische See. Der Grund dafür: Der Fluss existierte vor den Bergen. Der Fluss ist das am meist verschmutze Gewässer Neuseelands: Das liegt zum einem an den Sedimenten, die durch die Forstwirtschaft in den Fluss gelangen und zum anderen an der Bodendüngung der Milchindustrie.
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Vom "stormy-point-look-out" kann man auf beeindruckende Weise Flussterrassen sehen. Jede dieser Terrassen spiegelt eine frühere Kaltzeit wieder, die ältesten mit über 200.000 Jahren bestimmen die oberste Landoberfläche und je weiter man in den Talboden geht, desto jünger werden die Terrassen. Eine vermehrte Erosion durch den Flusslauf des Rangitikei Flusses füllte das Tal immer wieder mit Grauwacke-Sedimenten auf (Grauwacke sind graue bis grüngraue Sandsteine mit einem hohen Anteil an Feldspat und Matrix). Während jeder wärmeren Episode konnte der Fluss sich in diese Ablagerungen wieder einschneiden und so sind diese Einschnitte heute sichtbar. Kontinuierliche Hebungen des Landes von ca. drei Millimeter pro Jahr sorgen dafür, dass sich der Rangitikei weiterhin einschneidet. Feine Sedimente erodierten durch den Wind, wodurch das Land mit einer dünnen Lössdecke bedeckt wurde.
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Ein weiterer Stopp führt uns zu einer sehr großflächigen, mehrere Hektar großen gravitativen Massenbewegung. Über diese führen die Hauptverkehrslinien zwischen Auckland und Wellington. Es handelt sich um eine langsam kriechende Hangrutschung, die zwar wegen ihrer Größe kaum erkennbar ist, aber sich bis zu einem Meter jährlich bewegt. Daher kommt es zu beträchtlichen Deformationen des "State Highwy 1" und der Eisenbahnlinie. Um weniger Erschütterungen zu verursachen, muss die Eisenbahn in diesem Bereich sehr langsam fahren. Das Abbremsen und erneute Beschleunigen der Züge kostet täglich etwa 500 Dollar täglich extra. Daher hat das Eisenbahnunternehmen "Transit Rail" das GNS-Science (Institute for Geological and Nuclear Sciences) beauftragt, die Massenbewegungen näher zu untersuchen. Das GNS stellt Piezometermessungen, Bewegungs- und Grundwasserdaten bereit, auf deren Grundlage der Zugbetreiber entscheiden kann, mit welcher Geschwindigkeit der Zug passieren kann, um die Zusatzkosten möglichst zu minimieren.
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Auf dem Bild ist der Rangitikei River erkennbar – v.a. die steilen Hänge sind hier beeindruckend. Das Land hebt sich kontinuierlich mit bis zu drei Millimeter pro Jahr und der Fluss schneidet sich durch den verfestigten Tonschlamm tief ein. Der Hang hängt fünf Grad nach Süd-Westen, dadurch besteht eine kontinuierliche Gefahr von Steinschlag, was bereits Todesopfer kostete. Besonders anschaulich kann man den Gleit- und Prallhang des Flusses erkennen, diese entstehen durch Ablagerungen und Erosion. Auch hier kann man sehr deutlich die gelblich/rötlich gefärbte Lössschicht auf dem anstehenden grauen Tonschlamm erkennen.
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Auf dem Bild ist ein Teil des Ortes Taihape zu sehen. Rund hundert Häuser sowie Straßen, ein Krankenhaus, eine Schule, Wasser- und Abwasserleitungen, wurden auf einem, durch die gravitative Massenbewegung, instabilen Untergrund gebaut. Größere Bewegungen richteten bereits erheblichen Schaden an. Versicherungen versuchten die 200 BewohnerInnen zum Umzug zu bewegen - Großteils erfolglos. Das GNS hat daher Messstationen im und rund um den Ort errichtet, um die Bewegung besser und genauer beobachten zu können. Die Schule wurde jedoch verlegt.
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Auf dem Bild ist der Vulkan Tongariru zu sehen: Sein beispielhafter Vulkankegel hat uns zu zahlreichen Fotos inspiriert. Obwohl er aktiv ist, wird er touristisch genützt. Besonders gefährlich sind die blitzartigen Wetterumschwünge, zahlreiche Menschen verloren ihr Leben beim Versuch, den Vulkan zu besteigen. Das "Chateau Tongariru" am Fuß des Vulkans, das an ein kleines Schloss erinnert, lockt mit seiner exquisiten Ausstattung sowie Unterhaltungs- und Freizeitangebot – u.a. einem kleinen Golfplatz. Neben diesem Nobelhotel gibt es aber auch viele einfache Unterkünfte.
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