Die grüne Insel ruft (Tag 12)
Gastbeitrag von Eva Pruckmayr und Fabienne Schalm | 18. Februar 2015Am Tag 12 der Neuseeland-Exkursion erkunden die Studierenden der Universität Wien eine Region, deren Landschaft – und BewohnerInnen – durch unzählige Erdbeben geprägt wurde. Am Ende des Tages wartet schließlich noch ein platter Reifen auf die müde Truppe.
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12. Februar: Heute fahren wir vom Carter's Beach bei Westport durch die Buller Gorge und verlassen somit voralpines Gebiet. Bei unserem ersten Stopp halten wir in einem Depressionsgebiet, dem Inangahua Tal. In diesem Tal, sowie parallel zu unserer Fahrstrecke, ziehen sich große Verwerfungszonen. Südlich von dem Inangahua Tal wird die Australische Platte unter die Pazifische Platte, nördlich die Australische Platte über die Pazifische Platte geschoben. Alle Täler, die wir passieren, stellen Störungszonen dar, in denen viele Erdbeben stattfinden. Vor allem die vielen Nachbeben stellen eine große Gefahr dar, da durch das Hauptbeben das Festgestein und die darüber liegenden Sedimente gelockert werden und das Potential für jegliche Art von gravitativen Massenbewegungen sehr hoch ist.
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Diese Eisenbahnlinie ist die einzige Schienenverbindung, die die Westküste mit der Ostküste verbindet. Heute wird die Eisenbahnlinie nur noch für den Gütertransport, hauptsächlich für den Kohletransport, verwendet – früher wurde sie auch für den Personentransport genutzt. Nach einem großen Erdbeben der Stärke 7,1 am 24. Mai 1968 waren alle Verkehrswege aus dem Inangahua Tal für längere Zeit unterbrochen und die Bevölkerung musste aus der Luft versorgt werden.
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Bei einem kurzen Stopp auf einer Brücke werfen wir einen Blick auf den Buller River, der das Inangahua Tal durchfließt. Das Besondere an diesem Fluss ist, dass er schon vor dem Gebirge vorhanden war – die Hebungen für die Gebirgsbildung also erst später stattfanden. Der Fluss hat sich gleichzeitig mit der Gebirgshebung eingeschnitten, die dabei entstehende Talform nennt man ein "anteszedent". Der Flusslauf ist folglich älter als das Gebirge.
Bei dem Erdbeben 1968 wurde das Inangahua Tal durch viele Rutschungen komplett verschlossen, wobei auch der Buller River an einer Stelle 30 Meter hoch aufgestaut wurde. Man hatte Bedenken, dass der Staudamm brechen und der dahinterliegende Stausee das Inangahua Tal mit einer riesigen Flutwelle überfluten würde – viele Menschen wurden evakuiert. Da sich der Buller River jedoch langsam in den Erdwall eingrub, wurde der Stausee gleichmäßig entleert.
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Bei den Maruia Falls sehen wir uns die extremen Auswirkungen eines früher aufgetretenen Erdbebens an. Vor dem Erdbeben am 17. Juni 1929 verlief der Fluss noch ebenerdig, innerhalb weniger Sekunden fand die Hebung statt und es entstand der Wasserfall. Anhand des Wasserfalls ist die Verwerfungslinie sehr deutlich erkennbar, wobei sich die Wasserfallhöhe durch Erosion des darunterliegenden Flussbettes kontinuierlich erhöht.
Die Schotterablagerungen am Flussufer sind ein typisches Ergebnis der Flussarbeit und wurden von diesem abgelagert. Anhand der Wellen im darunterliegenden Bodenprofil erkennen wir, dass Erdbeben in diesem Gebiet keine Seltenheit sind und auch schon früher stattgefunden haben. Die Baumstämme, die sich durch die Strömung in einer Ecke angesammelt haben, zeugen von der intensiven Fortwirtschaft in diesem Gebiet.
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Unsere Fahrt führt uns durch Murchison, einem kleinen Ort, der in einer weiten – mit Schottern aufgefüllte – Ebene liegt. Am 17. Juni 1929 wurde Murchison von dem Erdbeben der Stärke 7,9 vollständig zerstört. Die Holzhäuser sind in sich zusammengebrochen, wobei viele Menschen starben. Erst danach wurde man sich bewusst, in einer gefährlichen Zone zu leben. Heute erinnern Denkmäler an die Erdbebenopfer und Museen zu dieser Thematik werden touristisch genutzt.
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Unsere weitere Fahrt führt uns in die Nelson Lake Region, wo wir einen Stopp am Fuß des Mount Roberts machen. Nach einem kurzen Aufstieg genießen wir eine wunderschöne Aussicht auf den Nelson Lake: ein Gletschersee, der die Grenze der nördlichsten Vereisung der neuseeländischen Alpen markiert. Das Gebiet wird heute hauptsächlich für die Forstwirtschaft genutzt, aber auch der Tourismus spielt eine große Rolle. Im Hintergrund erkennt man das mit Weinbergen durchzogene Marlborough Tal. Das Zusammenspiel von Löss, Schotter und idealen Wetterbedingungen bietet eine sehr gute Grundlage für den Weinanbau.
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Das "ergodische Prinzip" besagt, dass Prozesse, unabhängig vom Ausgangsstadium, immer das gleiche Endergebnis erreichen. Auf dem Bild zeigen das die verschiedenen Täler, die im Süden viel ausgeprägter sind als im Norden. Die Täler im Süden sind älter und es ist zu erwarten, dass die Täler im Norden dasselbe Endstadium erreichen.
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Nach unserer Wanderung am Mount Robert kehren wir zum Parkplatz zurück und stellen fest, dass eines unserer Fahrzeuge einen Platten hat. Neuseelands Straßen mit ihren vielen Schotterauflagen und Schlaglöchern wurden uns nun nach "Exkursion-Halbzeit" zum Verhängnis. Doch dank unserer motivierten Burschen, die den Reifen in kurzer Zeit wechseln, können wir unsere Fahrt fortsetzen.
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