Bühne frei für die Wissenschaft

Die Weitergabe von Wissen muss nicht immer über Fachpublikationen laufen. Bei der Arts & Science-Veranstaltung "THEATERschafftWISSEN" am Campus der Universität Wien betraten WissenschafterInnen und Studierende die Bretter, die die Welt bedeuten, um die Bedeutung von Forschung mal ganz anders rüber zu bringen.

Das erste Theaterstück des Abends, "Herschel und das unsichtbare Ende des Regenbogens", vermittelte auf unterhaltsame Weise die Entdeckung der Infrarotstrahlung durch Caroline und Wilhelm Herschel. Die SchauspielerInnen: allesamt ForscherInnen des Instituts für Astrophysik der Universität Wien.


Abwechslung vom Forschungsalltag und Beitrag zur Wissenschaftsvermittlung: Magdalena Brunner und Franz Kerschbaum vom Institut für Astrophysik (Bildmitte) schlüpften in die Rollen von Caroline und Wilhelm Herschel. Verfasst wurde das Stück von Matthias Heger (li.) und Adrián Artacho Bueno, der auch durch den Abend führte (re.).


"Forschen bedeutet immer auch Erkenntnisse weitergeben. Das muss nicht immer über Fachpublikationen laufen. Auch ein Theaterstück kann die Emotionen, die Hochs und die Tiefs der Wissenschaft, vermitteln", so Franz Kerschbaum. (Fotos: © derknopfdruecker.com)

Die Entdeckung selbst war einem Zufall geschuldet: Im Jahr 1800 fiel den Geschwistern auf, dass am roten Ende eines Sonnenspektrums eine Region anschließt, die zwar für das Auge unsichtbar ist, aber einen großen Teil der Sonnenwärme beinhaltet und mit einfachen Thermometern messbar ist. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurde so unsichtbare Strahlung, die Infrarotstrahlung oder auch Wärmestrahlung, nachgewiesen! Diese Entdeckung bildet nach wie vor die Grundlage für aktuelle Forschungsprojekte und ist auch im Alltag mittlerweile allgegenwärtig.

"Unsere Aufführung gab dem Publikum die Möglichkeit, den berühmten Geschwistern beim Forschen humorvoll über die Schultern zu schauen", so Spielleiter Franz Kerschbaum alias Wilhelm Herschel, im "echten Leben" Professor für Astrophysik. Im Anschluss an das Theaterstück erklärte er die Bedeutung der Entdeckung und brachte dem Publikum aktuelle Forschung mit dem nach Herschel benannten Infrarot-Weltraumteleskop näher.


SchülerInnen, Studierende und Wissenschafts- bzw. Theaterinteresserierte aus ganz Wien beim ersten Abend der Reihe "Arts & Science" im Herbstprogramm des Campus der Universität Wien. "Die beiden Aufführungen waren wirklich großartig und sehr lehrreich für die SchülerInnen", so das Feedback einer teilnehmenden Schulklasse: "Wir werden diesbezüglich sogar morgen noch eine Doppelstunde lang nachbesprechen und dazu experimentieren."


Vizerektorin Regina Hitzenberger, die die Eröffnungsrede hielt, im Gespräch mit den SchauspielerInnen / WissenschafterInnen. (Fotos: © derknopfdruecker.com)

Unaufführbar? Von wegen!

Der zweite Teil des Abends im Hörsaal A am Campus der Universität Wien begann ganz klassisch mit einem Einleitungsvortrag: Andreas Heil, Professor am Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein der Uni Wien, erklärte, warum die Aufführbarkeit der Tragödien Senecas in der Forschung immer wieder bestritten wurde.

Anschließend startete auf der Bühne der Gegenbeweis: In einem "philologischen Experiment" brachten Lehrende und Studierende des Instituts für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein "Seneca, 'Die Trojanerinnen' oder zeitloses Kriegsleid" auf die Bühne.

Thema der Tragödie ist das Leid der kriegsgefangenen trojanischen Frauen nach der Zerstörung ihrer Heimatstadt durch die Griechen. Die Aufführung konzentrierte sich auf einen der beiden im Werk enthaltenen Handlungsstränge: Andromache, die Witwe des trojanischen Anführers Hektor, versucht ihren Sohn, Astyanax, vor den Griechen zu verstecken. Ihre Hoffnung ist, dass er in der Zukunft Troja wiederaufbauen wird. Genau dies wollen die Griechen verhindern.

"Der Höhepunkt des Stücks, die Konfrontation von Odysseus und Andromache, darf als Meisterleistung Senecas gelten", so Projektleiter Andreas Heil: "Durch die Aufführung sollte ausgelotet werden, welchen Mehrwert ein gespielter Text gegenüber einem bloß gelesenen hat. Die hoch emotionalen Reaktionen der Zuschauer und Zuschauerinnen haben bewiesen, dass Seneca auch heute noch ein Publikum in seinen Bann ziehen kann."


Katharina Schön als Andromache in "Seneca, 'Die Trojanerinnen' oder zeitloses Kriegsleid", das am 12. September 2019 als Gemeinschaftsprojekt von Studierenden und Lehrenden des Instituts für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein aufgeführt wurde. Alle Mitwirkenden: Katharina Schön, Florian Hainfellner, Benjamin Fassler, Lukas Weiser, Astrid Ettenauer, Margit Kamptner, Bettina Knett, Alexandra Leitner, Hanae Miura, Sonja Schreiner, Christoph Schwameis, Bernhard Söllradl, Florian Steindl sowie Tobias Riedl und Sonja Schreiner (Organisation).


Für die Griechen ist Astyanax, der Sohn von Andromache, ein potenzieller "Gefährder", der als Erwachsener den Krieg erneuern wird. Odysseus, gespielt von Florian Hainfellner, erklärt sich bereit, das Kind, gespielt vom jüngsten Schauspieler Benjamin Fassler, aufzuspüren.

"Während in antiken Theaterstücken die Schauspieler mit Masken auftraten, trugen in dieser Aufführung zeitweilig die ZuschauerInnen Masken und leisteten so einen Beitrag zum Stück", erklärt Projektleiter Andreas Heil. "Die MaskenträgerInnen stellten – in Anspielung auf die Totenmasken (imagines) im Begräbnisritual der römischen Oberschicht – die Opfer des Trojanischen Krieges dar."




Der Abend im Zeichen von Wissenschaft und Theater klang gemütlich bei einem Gläschen Wein in der schönen Atmosphäre des Campus der Uni Wien bei Nacht aus. Alle Veranstaltungen im Wintersemester 2019/20 und weitere Infos über den Campus finden Sie hier. (Fotos: © derknopfdruecker.com)

Arts & Science: Nächste "Ausgabe" am 11. November

Im Format "Arts & Science" im Rahmen des Campus-Programms treffen Kunst und Wissenschaft aufeinander. Die Programmpunkte spiegeln das breite Fächerspektrum der Universität Wien wider. Weiter geht es mit der Reihe am Montag, 11. November 2019: An diesem Abend werden aktuelle Forschungsprojekte zur Musik am Hof Maximilians vorgestellt. Neben einem Podiumsgespräch über die musikalischen Perspektiven im Jubiläumsjahr erwarten die ZuschauerInnen musikalische Beiträge. (red)

Arts & Science / Erlesenes Erforschen: Neue Forschungen zu Isaac und Senfl
Montag, 11. November 2019, 17 Uhr
Aula am Campus der Universität Wien, Spitalgasse 2, Hof 1.11
1090 Wien
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