Botanik: Blumenbilder in 3D
Daniela Hermetinger (uni:view) | 23. Januar 2012"XRadia microXCT-200" – Was nach futuristischer Technologie klingt, ist der Name eines neuen Geräts am Department für Strukturelle und Funktionelle Botanik: Mittels Röntgentomographie erstellt die Maschine 3D-Abbildungen von Blüten. uni:view hat sich das außergewöhnliche Gerät angeschaut.
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Die bemerkenswert schönen Aufnahmen der Blüten – im Bild die "Wespen-Ragwurz" aus der Familie der Orchideen – können die BotanikerInnen am Bildschirm drehen und wenden. Möglich ist auch eine Animation von Schnitten durch das Objekt – also ein Blick ins Innere, ohne die Blüte "zerlegen" zu müssen. (Foto: Yannick Städler; Probe: Demetra Rakosy)
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Wie solche Bilder gelingen und warum aus dieser Form der Visualisierung neue Erkenntnisse zur Evolution der Blüten gewonnen werden können, erklärt der Botaniker Yannick Städler. "Die Maschine wandelt Röntgenstrahlung in sichtbares Licht um. In den Röntgenstrahldetektoren absorbiert ein sogenannter Szintillator – ein Kristall – die Strahlen, die das Objekt durchleuchten: in unserem Fall die Blüte. In einem nächsten Schritt gibt der Szintillator sichtbares Licht ab. So entstehen die dreidimensionalen Bilder."
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Das Objekt wird dabei präzise abgebildet: Während sich bei Röntgentomographen, wie man sie im Krankenhaus verwendet, der Apparat um die PatientInnen dreht, bewegt sich hier die Blüte vor dem Detektor. Die Probe – im Bild eine Blüte der Gattung Schaumkresse, die sich in einer Pipettenspitze befindet – wird stabilisiert: "Wir scannen auf eine Präzision von wenigen Mikrometern. Dabei darf die Probe natürlich nicht 'zittern'. Wichtig ist daher auch, dass die Temperatur im Raum konstant ist, damit sich Materialien, z.B. der Probehalter, nicht ausdehnen", so der Botaniker.
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Ein "Scanvorgang" dauert mehrere Stunden, das Ergebnis: rund 1.000 Bilder. Detektoren unterschiedlicher Größe erlauben es, selbst sehr große Blüten zu scannen. Um ideale Bilder zu bekommen, müssen die Blüten in Alkohol bzw. Formalin-Alkohol präserviert und mit Kontrastmitteln behandelt werden. Besonders gute Ergebnisse erzielte der Botaniker dabei mit dem Schwermetall Wolfram.
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Aus der Sequenz dieser Bilder rekonstruiert dann das zum Gerät gehörende Programm die dreidimensionale Struktur des Objekts und ermöglicht einen Blick ins Innere der Blüte.
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"Mit dem Gerät, dessen Anschaffung der Leiter unseres Departments Jürg Schönenberger initiiert hat, können wir nun Blüten erforschen (im Bild: Calycanthus floridus/Echter Gewürzstrauch), bei denen andere Methoden – beispielsweise die Rasterelektronenmikroskopie – nur schwer anwendbar sind: weil z.B. die Knospen sehr dicht oder möglicherweise mit Schleim gefüllt sind", so Städler. (Foto: Yannick Städler)
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Darüber hinaus haben die ForscherInnen die Möglichkeit, mit exakten morphometrischen Daten zu Form und Gestalt der Pflanzen – hier: Haplophyllum lissonotum aus der Familie der Rautengewächse – zu arbeiten: "Mit den 3D-Objekten am Bildschirm können wir entlang einer Oberfläche messen und kommen so zu Daten, die anders schwierig zu ermitteln wären." (Foto: Yannick Städler; Probe: Sara Manafzadeh)
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Zum Abschluss: Die rotierende Blüte der Wespen-Ragwurz! (Video: Yannick Städler; Probe: Demetra Rakosy)