In memoriam Johann Jurenitsch (1947-2017)

Die Universität Wien trauert um Johann Jurenitsch, Universitätsprofessor für Pharmakognosie und Vizerektor der Universität Wien von 2000 bis 2011, der am 16. April 2017 im 70. Lebensjahr verstorben ist. Lesen Sie hier drei Nachrufe von Brigitte Kopp und Gerhard Ecker, von Georg Winckler und von Rektor Heinz W. Engl.

Nachruf von Brigitte Kopp, Department für Pharmakognosie, und Gerhard Ecker, Department für Pharmazeutische Chemie

Univ.-Prof. Prof.h.c. Mag.pharm. Dr. Johann Jurenitsch war der Universität Wien über Jahrzehnte in besonderer Weise verbunden (Studium der Pharmazie 1966-1972, Doktorat 1972-1976, Habilitation im Fach Pharmakognosie 1983, Universitätsprofessor 1991, Vizerektor 2000-2011), und sein Wirken hat in allen Bereichen deutliche Spuren hinterlassen.

Nach Abschluss des Studiums 1972 begann Hans Jurenitsch im Fach Pharmakognosie mit seiner Doktorarbeit über die Scharfstoffe in Cayennepfeffer (Paprika-Arten). Er war stets bestrebt, nicht nur innovative Fragestellungen zu finden, sondern diese Fragen auch zu beantworten. Es gelang ihm schon damals, durch Kooperation mit den Instituten für Analytische und Organische Chemie jene Geräte mitbenützen zu dürfen, ohne die moderne Naturstoffchemie nicht möglich gewesen wäre. Damit konnte er Forschungsergebnisse erzielen, die sonst nicht möglich gewesen wären und die damals große Aufmerksamkeit in der scientific community erzielten. Durch seinen Weitblick und seine Vorausschau verdankte das Institut eine –  durch Hans Jurenitsch initiierte – moderne analytische Ausrüstung. Damit war die Beantwortung phytochemischer analytischer Fragestellungen möglich, die es gestatteten, mit renommierten Institutionen wie z.B. der ETH Zürich mithalten zu können. Diese Initiativen kommen noch heute dem Department zugute.

Das Thema der Scharfstoffe des Paprikas (Isolierung, Strukturklärung, Analytik, Fragen zur Biosynthese) ließ Hans Jurenitsch nicht los und mündete nicht nur in einer ausgezeichneten Dissertation (Dr.phil. 1976), sondern in der Habilitation über diese Thematik (1983). Durch zahlreiche Publikationen auf diesem Gebiet wurde Hans Jurenitsch international bekannt. Es resultierten daraus auch wichtige Kooperationen mit der pharmazeutischen als auch Lebensmittel- und Gewürzindustrie. Für Reviews über Scharfstoffe, aber auch für die Erarbeitung von Monographien für das Europäische Arzneibuch kommt man immer wieder auf seine Publikationen zurück.

Neben den Scharfstoffen beschäftigte sich Hans Jurenitsch schon früh mit Fragestellungen über Triterpensaponine in verschiedenen Arzneidrogen. Aus diesem Forschungsgebiet ergaben sich nicht nur herausragende Dissertationen, sondern auch eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit der Humboldt Universität Berlin, die in zahlreiche Publikationen in namhaften wissenschaftlichen Journalen mündete.

Trotz eines Rufes an das Ordinariat für Pharmakognosie an der Universität Innsbruck blieb Hans Jurenitsch der Universität Wien treu, und 1991 wurde er zum Universitätsprofessor ernannt. In diese Zeit fällt unter anderem seine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Proazulenen in Sippen der Schafgarbe. Auch hier verstand er, durch Zusammenarbeit mit dem Institut für Botanik der Universität Wien, dem Institut für Pharmakognosie der Veterinärmedizinischen Universität Wien und mit der Universität Triest, die Thematik allumfassend zu beleuchten, und auch die entzündungshemmende Wirkung dieser Substanzen zu belegen. 

Ein weiteres Forschungsgebiet betraf Oligosaccharide, hier ging er vor allem der Fragestellung nach den Wirkstoffen der "Karottensuppe nach Moro" nach, die in der Pädiatrie eingesetzt wird. Die Antworten erhielt er durch eine effiziente Zusammenarbeit mit der Klinik für Kinder und Jugendliche der Universität Erlangen/Nürnberg. Diese Arbeiten resultierten nicht nur in einer Kooperation mit der pharmazeutischen Industrie, sondern auch in einem Patent.

Hans Jurenitsch war Wegbereiter des Faches Pharmakognosie/Phamazeutische Biologie, wie es kaum einen anderen gab; er verstand es blendend durch seine positive Ausstrahlung seine Begeisterung für das Fach auf Kollegen zu übertragen, und mit ihnen ausführlichst auf hohem Niveau zu diskutieren. Dies mündete in viele gemeinsame Forschungsprojekte, wobei ihm insbesondere auch die Qualitätskontrolle und Qualitätssteigerung von biogenen Arzneistoffen/-mitteln ein sehr großes Anliegen war. Zahlreiche Publikationen in namhaften internationalen wissenschaftlichen Publikationsorganen sind Zeugen seiner Energie auf diesem Gebiet.

Hans Jurenitsch war auch ein packender, faszinierender, und von den Studierenden sehr geschätzter Lehrender und Vortragender. Er verstand es blendend, seine Begeisterung und Freude an der Wissenschaft, an der Pharmakognosie, und vor allem der Naturstoffchemie und Analytik an Studierende weiter zu geben. Für DiplomandInnen und DissertantInnen war Hans Jurenitsch nicht nur Lehrer, er hat diese Personen weit über das Fachliche hinaus geprägt: er war ein Mentor, der sich für seine StudentInnen eingesetzt hat und der für alle Anliegen immer ein offenes Ohr hatte. Über 120 Diplomarbeiten und 25 Doktorarbeiten wurden in dieser Zeit von ihm begleitet. Viele ehemalige Studierende verdanken ihre beruflichen Erfolge der Tatsache, dass Hans Jurenitsch das jeweilige Potential während der Diplomarbeit/Doktorarbeit erkannte und diese Entwicklung stets förderte. Dem Universitätslehrer Hans Jurenitsch war die Mitarbeit in der Studienkommission Pharmazie so selbstverständlich wie Mitglied in auswärtigen Prüfungs-/Habilitationskommissionen zu sein oder die Tätigkeit als Gastprofessor an der Universität Ulm auszuüben.

Hans Jurenitsch war nicht nur ein ausgezeichneter Wissenschafter und fesselnder Universitätslehrer, er setzte sich auch sehr stark für die Entwicklung des Pharmaziestandortes Wien ein. So war er 1986 bis 1994 als Nutzervertreter für den Neubau des Pharmaziezentrums in der Althanstraße (UZA II) tätig, und zusätzlich als Berater des BMWF bei der Bedarfsprüfungen für die Geräteausstattung der Pharmazeutischen Institute des UZA II. Seine umsichtige und verbindliche Art trug sehr dazu bei, dass alle Pharmazieinstitute bei den Verhandlungen zur Geräteausstattung an einem Strang gezogen haben. Er legte damit auch den Grundstein für die vielen Synergien, die sich beim Zusammenziehen aller Institute in ein Gebäude ergaben.
Hans Jurenitsch war auch ein überzeugter Pharmazeut, so  war er unter anderem Vorsitzender der Fachgruppenkommission Pharmazie an der Universität Wien bis 1999, er war Generalsekretär der Österreichischen  Pharmazeutischen  Gesellschaft (1979-1987) und Präsident dieser Gesellschaft von 2000-2005.

Schon früh machte sich Hans Jurenitsch auch Gedanken über Struktur und Aufgaben der Fakultät für Naturwissenschaften, er war viele Jahre in unterschiedlichen  Kommissionen tätig, seine Ideen, seine Kompromissbereitschaft waren geschätzt, auch als Sprecher der Mittelbaukurie der naturwissenschaftlichen Fakultät trat er stets für Vermittlung und Konsens ein.

Johann Jurenitsch, Vizerektor der Universität Wien von 2000 bis 2011 und Träger des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, verstarb am 16. April 2017 im 70. Lebensjahr.


Nachruf von Georg Winckler, Rektor der Universität Wien 1999 bis 2011

Johann Jurenitsch war schon viele Jahre an der Universität Wien in seinem Fach Pharmakognosie wissenschaftlich erfolgreich tätig, als er im Sommersemester 1997, knapp fünzigjährig, als Professorenvertreter in den nach UOG 1993 konstituierten Senat gewählt wurde. Dort schätzten ihn die Senatsmitglieder wegen seines lösungsorientierten Argumentierens, wegen seines großen Engagements und Optimismus. Er war bald eine Schlüsselfigur des neuen Senats.

Aus dem Senat heraus wechselte Johann Jurenitsch im Frühjahr 1999 in das Amt des Vizerektors und ersten Stellvertreter des Rektors. Allerdings erfolgte sein offizieller Amtsantritt erst am 1. Jänner 2000 wegen des stufenweisen Inkrafttretens des neuen Organisationsgesetzes. Ab diesem Zeitpunkt war Jurenitsch auch Mitglied der Österreichischen Rektorenkonferenz (heute: uniko) und arbeitete dort an der Universitätsreform 2002 intensiv mit. Danach wirkte er in den Perioden 2003 bis 2007 und 2007 bis 2011 als Vizerektor weiter. Mit Oktober 2011, mit 64 Jahren, trat er seinen wohlverdienten Ruhestand an, obwohl er noch Anspruch auf zumindest zwei Forschungssemester hatte. Es war aber nicht seine Art, auf einem erworbenen Recht zu bestehen.

Während seiner rund zwölfjährigen Tätigkeit als Vizerektor reichten seine Zuständigkeitsbereiche von Forschungsangelegenheiten, über allgemeine Infrastruktur- und Finanzfragen bis zum Bibliothekswesen. Im Mittelpunkt seines Interesses und seiner Arbeit stand jedoch immer die Verbesserung der Raumsituation an der Universität Wien. Schon in den Achtzigerjahren vertrat er die damalige Formal- und Naturwissenschaftliche Fakultät in der Planung und Besiedlung des Universitätszentrums Althanstraße (UZA II). Seine dort gemachten, reichhaltigen Erfahrungen brachte er in sein Wirken im Rektorat ein.

Die Universität Wien hat Johann Jurenitsch vielfach zu danken. Dank gebührt ihm vor allem in der Neugestaltung des Hauptgebäudes am Ring. Das neue Universitätsgesetz mit seinen verstärkten Autonomierechten gab ihm bzw. dem Rektorat auch die Möglichkeiten, dies zu tun. Die Veränderung des Eingangsbereichs des Hauptgebäudes, dessen Modernisierung, die Verlegung eines historisch aufbereiteten, nicht mehr heroisierten Siegfriedskopfs in den Arkadenhof, die Freilegung der Perspektive vom Eingangsbereich zum Kastalia-Brunnen im Hof, zur Quelle der – wissenschaftlichen – Inspiration im Zentrum des Universitätsgebäudes, sowie die Anbringung von Reproduktionen der Klimtschen Fakultätsbilder im Großen Festsaal sind einige Höhepunkte seiner langjährigen Arbeit. Mit viel Einsatz, Behutsamkeit und Geschick gelangen ihm Raumlösungen, die das Profil und die Arbeitsmöglichkeiten der Universität heute nachhaltig prägen.

Johann Jurenitsch folgte immer seinen Grundansichten. Dafür kämpfte er. Opportunismus war ihm fremd. Seine Loyalität, Zuversicht, Offenheit und Freundlichkeit bleiben denen in lebendiger Erinnerung, die mit ihm an der Universität arbeiten durften.


Nachruf von Rektor Heinz W. Engl


Mit großer Betroffenheit mache ich vom Ableben von Univ.-Prof. Prof. h.c. Mag. Dr. Johann Stefan Jurenitsch Mitteilung. Johann Jurenitsch war der Universität Wien über Jahrzehnte in besonderer Weise verbunden. Nach dem Studium der Pharmazie promovierte er 1976 zum Dr. phil. und habilitierte sich 1983 für das Fach Pharmakognosie. Trotz eines Rufs an das gleichnamige Ordinariat an der Universität Innsbruck blieb er der Universität Wien treu und wurde 1991 zum Universitätsprofessor ernannt. Gemeinsam mit seinen KollegInnen hat Johann Jurenitsch das Fach Pharmakognosie an der Universität Wien durch vielfältige Forschungs- und Lehrtätigkeit geprägt, 120 DiplomandInnen und 25 DissertantInnen betreut und war in zahlreiche internationale Forschungsprojekte involviert.

Johann Jurenitsch, Vizerektor der Universität Wien von 2000 bis 2011 und Träger des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, verstarb am 16. April 2017 im 70. Lebensjahr.

Von 2000 bis 2011 war er in den Rektoraten Georg Wincklers als Vizerektor tätig und hat insbesondere den Übergang ins Universitätsgesetz 2002 mitgestaltet. Von 2007 bis 2011 waren wir gemeinsam Vizerektoren. In dieser Zeit habe ich die Einsatzbereitschaft, Kompetenz und Kollegialität von Johann Jurenitsch hoch schätzen gelernt.

Die Universität Wien wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Am Donnerstag, dem 27. April 2017, um 17.30 Uhr, wird in der Stadtpfarrkirche Zwettl der Rosenkranz gebetet. Am Freitag, dem 28. April 2017, um 14 Uhr, findet die Einsegnung in der Propsteikirche Zwettl mit anschließender Seelenmesse statt.