Wer lehrt, hat auch einmal studiert (Teil 13)
| 06. Juni 2016Musikwissenschafter Christoph Reuter ist einer der Preisträger des diesjährigen UNIVIE Teaching Award 2016, der am 9. Juni 2016 verliehen wird. Für uni:view erinnert er sich an seine eigene Studienzeit zurück und rät den Studierenden, sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen.
uni:view: Erinnern Sie sich zurück: Was haben Sie damals an Ihrem ersten Tag an der Universität (Studium Musikwissenschaft, Germanistik und Pädagogik) erlebt?
Christoph Reuter: An den ersten Tag auf der Universität kann ich mich leider so gut wie nicht mehr zurückerinnern. In den ersten Tagen gab es Einführungsveranstaltungen, in denen das Fach Musikwissenschaft mit allen Vor- und Nachteilen vorgestellt wurde. Vorteile: Besonders in der Systematischen Musikwissenschaft erhält man eine Menge alltagsrelevanter Einblicke in viele Fachbereiche, die mit der Musik und ihrer Wirkung zusammenhängen, wie Physik, Psychologie, Informatik, Phonetik, Audiotechnologie, Physiologie etc. Nachteile: Als Musikwissenschafter kann man alles werden nur nicht Musikwissenschafter. Zusatzqualifikationen (besonders im Bereich Informatik, Psychologie, Audiotechnologie, Kunst-, Theater-, Film- und Medien- oder Sprachwissenschaften u.ä.) sind hier extrem lohnenswert.
Christoph Reuter 1994 mit einem Variophon (Blasinstrumenten-Synthesizer) in seinem damaligen Studentenwohnheim. (Foto: Privat)
uni:view: Welches Motto hat Sie während Ihres Studiums begleitet?
Reuter: Ein richtiges Motto gab es damals eigentlich nicht für mich, höchstens vielleicht Helge Schneiders "und wenn mal etwas schiefgeht, dann bitte mit Musik". Wichtiger als ein Motto war für mich, dass ich in meinen Lehrern (und besonders in meinem Doktorvater) Bezugspersonen mit Vorbildfunktion fand, die in Forschung und Lehre sowie auch im menschlichen Umgang eine solide, redliche, verlässliche und überzeugende wissenschaftliche Praxis vorlebten.
uni:view: Was vermissen Sie am meisten an Ihrer Studienzeit?
Reuter: Es war eine schöne, dichte, arbeits- und anekdotenreiche Zeit. Wenn ich etwas vermisse, dann vor allem meine FreundInnen und KollegInnen aus der Zeit in Köln, mit denen ich eine Menge Inspirierendes, Glückliches, Bewegendes und Unvergessliches erleben konnte. Es war eine abenteuerliche Zeit, in der sehr vieles möglich war, und die mich bis heute nachhaltig beeinflusst hat.
uni:view: Welche Tipps geben Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg?
Reuter: Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich hingebungsvoll, intensiv und leidenschaftlich mit den Dingen in seinem Fachgebiet beschäftigt; dass man sich auch jenseits von ECTS-Punkten möglichst tief und umfassend über sein jeweiliges Interessengebiet informiert, möglichst ausgiebig die Bibliotheken und Recherchemöglichkeiten des Internets nutzt und dabei vor allem versucht bis zur allerfrühesten Quelle vorzudringen und Schlüsselexperimente zu replizieren. Es hat mir darüber hinaus stets sehr geholfen, spielerisch, neugierig und kreativ an die Dinge heranzugehen, möglichst viel auszuprobieren, Einblicke in Jobs außerhalb der Uni zu erhalten, zu experimentieren, Irrtümer zuzulassen und vor allem sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. (red)
Christoph Reuter, geboren 1968, studierte Musikwissenschaft, Germanistik und Pädagogik an der Universität zu Köln, wo er 1996 promoviert und 2002 habilitiert wurde. Nach Stipendien (GrFG, DFG), Assistenz- und Dozenturzeiten (Universität zu Köln, Universität Wien, Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar) sowie Tätigkeiten im Verlags- und Medienwesen (u.a. Schott-Verlag (Mainz), Bildungszentrum für informationsverarbeitende Berufe b.i.b. (Hannover), IAMP solutions (Köln)) ist er seit 2008 Professor für Systematische Musikwissenschaft an der Universität Wien. Seine Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Instrumenten-, Raum- und Psychoakustik, der Klangsynthese und -analyse, der Musikpsychologie sowie in musikbezogenen Internet- und Software-Projekten.
Preisverleihung UNIVIE Teaching Award 2016
Donnerstag, 9. Juni 2016, ab 17 Uhr
Kleiner Festsaal, Universität Wien Hauptgebäude
Universitätsring 1, 1010 Wien
Programm