SYN-Magazin: von Studierenden für Studierende
| 09. Oktober 2013Wissenschaftliche Arbeiten, die während des Studiums entstehen – und sind sie noch so gut – landen zumeist in der Schublade. Eine Plattform für die Publikation qualitativ hochwertiger Arbeiten bietet seit rund drei Jahren das studentische Peer Reviewed-Journal "SYN" – mit thematischen Schwerpunkten.
Gegründet wurde das SYN-Magazin im November 2009, die erste Ausgabe erschien 2010 zum Schwerpunktthema "irreal". Hinter dem Magazin steht der "Verein zur Förderung wissenschaftlicher Artikel Studierender im Bereich der Theater-, Film- und Medienwissenschaft". "Im Nachhinein gesehen wäre ein etwas kürzerer Vereinsname besser gewesen", schmunzelt Co-Vereinsgründer und derzeitiger Obmann Johannes A. Löcker: "Die gesamte administrative Kommunikation muss ja über den vollen Namen laufen. Dafür ist der Magazinname SYN umso kürzer."
Im Interview mit uni:view erzählt Löcker gemeinsam mit Vereinskollegin Julia Preisker – beide sind Studierende der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien – mehr über die Entstehungsgeschichte und die Ziele von "SYN".
uni:view: Ich habe zwei, drei Seminararbeiten in der Schublade liegen, stoße auf das Magazin SYN und denke mir: "Super Idee". Kann jeder und jede in SYN publizieren?
Johannes A. Löcker: Wenn er oder sie noch studiert, ja. Wir nehmen nur Texte bis zum Master- bzw. Magisterabschluss. DoktorandInnen haben ja bereits mehrere Möglichkeiten, ihre Arbeiten zu publizieren. Das ist auch der Grundgedanke, aus dem heraus die Idee für SYN entstanden ist: Wir haben uns gefragt, was eigentlich mit den Seminararbeiten passiert, die im Laufe eines Studiums geschrieben werden – im Endeffekt landen sie in irgendeiner Schublade. Obwohl da wirklich gute Dinge dabei wären.
Julia Preisker: Wir sind für alle Studienrichtungen offen – auch für Naturwissenschaften, hier kommen allerdings wenige Einsendungen. Der Großteil der Texte kommt aus den Geistes- und Kulturwissenschaften, und hiervon wiederum der Großteil von Studierenden der Theater-, Film- und Medienwissenschaft – auch Germanistik und Philosophie sind gut vertreten.
uni:view: Das Besondere an SYN ist, dass es wie ein "richtiges" wissenschaftliches Publikationsmedium funktioniert und jeder veröffentlichte Artikel einem Peer Review-Verfahren unterzogen wird. Wie läuft das Prozedere von der Einreichung bis zur Publikation ab?
Johannes A. Löcker: Am Anfang jeder Ausgabe steht der Call for Papers zu einem Thema, das wir vorher im Redaktionsteam ausgewählt haben. Dann werden drei HerausgeberInnen bestimmt – jede SYN-Ausgabe wird von anderen Studierenden betreut. Der Call for Papers läuft über das Internet, Flyer, Poster, etc. Ist die Deadline vorbei, geht es ans Lesen und Auswählen – das passiert immer im Team, bestehend aus rund 15 Leuten, die von Ausgabe zu Ausgabe variieren. Die ausgewählten Texte laufen dann bereits einmal durch das Lektorat, sodass die Peers fehlerfreie Texte übermittelt bekommen. Jeder Artikel geht anonymisiert an zwei Peers, auch das Review kommt wiederum anonymisiert an die AutorInnen retour.
Julia Preisker: Die Peers haben einen Monat Zeit, den Text zu begutachten, und mit ihrem Feedback arbeitet die Redaktion gemeinsam mit den AutorInnen nochmals über den Text.
uni:view: Was sind eure Auswahlkriterien für die Peers?
Johannes A. Löcker: Wir wählen Peers, die nicht fix dem Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft angehören, damit der Abstand gewahrt ist – das gilt aber nicht für andere Institute. Die Peers werden im Impressum namentlich unter "wissenschaftlicher Beirat" genannt. Die Zahl der Peers ist historisch über die Jahre gewachsen, einige sind schon von Anfang dabei. Es freut uns natürlich besonders, dass SYN von wissenschaftlicher Seite so gute Resonanz findet.
Bis dato erschienen sechs Ausgaben des SYN-Magazins, die jüngste im Juni 2013 zum Thema "verquer. Relektüren der Abweichung". Die nächste Ausgabe kommt im Oktober 2013, Thema: "tot". Die weiteren Themen waren: "maschinell. Spielarten der Störung", "animalisch. Kreaturen und Kreationen", "kurios. Von Sinnen", "reflexiv. Geschichte denken" und "irreal" – die erste Ausgabe, die vergriffen ist, aber als Download zur Verfügung steht. |
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uni:view: Das klingt nach gehörig viel Arbeit und Motivation – allerdings nicht gewinnorientiert. Wie finanziert sich SYN?
Johannes A. Löcker: Wir wurden die letzten drei Jahre vom Rektorat gefördert. Das hat Rektor Heinz W. Engl, der damals Vizerektor für Forschung und Nachwuchsförderung war, initiiert. Dafür sind wir sehr dankbar, denn ohne diese Subvention hätten wir SYN nicht auf die Beine stellen können.
Julia Preisker: Die Finanzierung durch das Rektorat ist mit der Ausgabe "verquer" (Juni 2013) ausgelaufen, SYN wird aber durch das Dekanat der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät weiter unterstützt. Darüber sind wir natürlich sehr froh.
uni:view: Neben der Veröffentlichung und dem professionellen Feedback können sich die AutorInnen ihre Arbeit bei SYN auch als Praktikum anrechnen lassen.
Johannes A. Löcker: Ja, man kann eine bestimmte Anzahl von Stunden im Studium durch ein Praktikum ersetzen, das wird dann in ECTS-Punkte umgerechnet. Das haben wir schon damals bei der Vereinsgründung mit dem Institut für Theater-, Film-, und Medienwissenschaft ausverhandelt. Mittlerweile gilt die Anrechnung auch für andere Studienrichtungen.
uni:view: … und gefeiert wird auch. Hermes Phettberg, den ihr in der Ausgabe "verquer" interviewt habt, war sogar auf eurer Release Party und hat darüber in seiner Falterkolumne berichtet.
Julia Preisker: Das hat uns besonders gefreut. Generell ist uns die Release Party sehr wichtig, da wir dabei nicht nur einen Großteil der Magazine absetzen können, es spiegelt sich auch die gemeinschaftliche Arbeit am Heft wieder. Auf dem Fest präsentieren wir das Heft und sprechen im Rahmen von verschiedenen Präsentationen über den Inhalt des Magazins. Der Raum für die Release Party – der Schreyvogelsaal des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft in der Hofburg – wird uns dankenswerter Weise vom Institutsvorstand überlassen.
Johannes A. Löcker: Derzeit überlegen wir uns gerade ein neues Konzept für unsere Release Party, da dieser Posten in der Förderung gestrichen worden ist. Wir wollen sie weiter führen und können uns vorstellen, andere Sponsoren dafür zu finden.
An dieser Stelle möchte ich auch noch die gute Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung der Universität Wien betonen. Mit ihr hat uns damals Rektor Engl vernetzt, und sie haben uns von Anfang an unterstützt und SYN bei der Entwicklung des Magazins geholfen. Und sind bis heute – vor allem Michael Hofer – eine wirklich tolle Unterstützung.
uni:view: Ihr seid schon jetzt mitten in der Arbeit für die nächste Ausgabe, die im November erscheinen wird. Zu welchem Thema?
Julia Preisker: Bevor die weitere Förderung durch das Dekanat der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät weiter gesichert war, dachten wir, dass dies die letzte Ausgabe von SYN sein könnte, also haben wir schon mal vorausschauend "tot" zum Thema gemacht. Zum Glück ist es gut ausgegangen, wir sind aber beim Thema geblieben und haben auch schon sehr spannende Texte dazu bekommen. (td)