Karriere mit … Mathematik

Seit ihrem Mathematikstudium an der Universität Wien hat die Wissenschaft Martina Gröschl in ihren Bann gezogen. Heute ist die begeisterte Mathematikerin am Schweizer Paul Scherrer Institut für die Kommunikation der Großforschungsanlage SwissFEL verantwortlich.

uni:view: Sie haben Mathematik an der Universität Wien studiert. Wie ist es zu dieser Studienwahl gekommen?
Martina Gröschl: Zu Beginn war ich nicht sicher, ob ich Mathematik studieren will. Ich bin auch eine begeisterte Klavierspielerin und habe eine Ausbildung in diese Richtung ebenfalls in Erwägung gezogen. In der Schule war die Mathematik für mich im Wesentlichen das Abarbeiten von Rechenroutinen – also nicht besonders spannend. Zudem hatte ich das Gefühl, immer nur Bruchstücke vorgesetzt zu bekommen, mir fehlte die Einbettung in einen größeren Zusammenhang. Doch vermutete ich, dass es einen solchen geben müsse und versuchte mein Glück an der Universität. Dort fand ich dann alles, was mir in der Schule gefehlt hat: Die Mathematik hat mich sofort in ihren Bann gezogen und nicht mehr losgelassen.

uni:view: Was war in Ihrem Studium besonders spannend?
Gröschl:
Die Tiefe des Faches und die damit verbundene Herausforderung. Man hat die Mathematik nie fertig verstanden und je weiter man vordringt, desto interessanter wird es – aber auch schwieriger. Darüber hinaus zwingt die mathematische Sprache zur Genauigkeit im Detail. Sie ist sehr direkt und kompakt. Ein falsches Zeichen und eine Aussage heißt etwas völlig anderes oder ist sinnlos. Von dieser Fähigkeit auf Details zu achten, profitiere ich noch heute.

uni:view:
Derzeit sind Sie in der Öffentlichkeitsarbeit am Paul Scherrer Institut in der Schweiz tätig. Was sind die Herausforderungen – besonders selbst als Wissenschafterin – an der Schnittstelle zur Öffentlichkeit zu stehen?

Gröschl:
Die Herausforderung liegt darin, an die Wissenschaft nicht als Wissenschafterin heranzugehen. Mein mathematischer Background erleichtert mir den Zugang insbesondere zu den Natur- und Technikwissenschaften. Meine Aufgabe als Wissenschaftskommunikatorin sehe ich jedoch nicht darin, Wissenschaft einfach nur für Nicht-WissenschafterInnen verständlich zu machen. Die Gesellschaft hat andere Fragen an die Wissenschaft als die Wissenschaft selbst. Daher versuche ich in meiner Arbeit, differenziert zu kommunizieren und immer die Position der jeweiligen Zielgruppe einzunehmen, also ihre spezifischen Fragen an die Wissenschaft zu stellen und zu beantworten.

uni:view: Welche Chancen haben sich für Sie aufgrund Ihres Studiums eröffnet?
Gröschl: Mein Studium ist sozusagen der Schlüssel zu den Herzen der Natur- und TechnikwissenschafterInnen. Ich spreche ihre Sprache und verstehe ihre Herangehensweise. In der Regel werde ich aufgrund meines Studiums sofort als gleichwertige Gesprächspartnerin akzeptiert.
Auf einer mehr praktischen Ebene war zum Beispiel für meine jetzige Tätigkeit am Paul Scherrer Institut ein abgeschlossenes naturwissenschaftliches oder technisches Studium Teil des Anforderungsprofils.

uni:view: Wie haben Sie die Unterstützung durch Ihren Betreuer an der Universität Wien erlebt?
Gröschl: Sehr positiv. Mathematik ist kein Massenstudium – mein Betreuer hatte immer Zeit für mich und ein offenes Ohr für meine Fragen. Oft haben wir viele Stunden zusammen an Details zu meiner Diplomarbeit getüftelt. Und auch Jahre nach meinem Studienabschluss hat mein Betreuer noch bereitwillig meine Fragen beantwortet.

uni:view: Was raten Sie einem Studienanfänger ihres Faches?
Gröschl: Die Diskrepanz zwischen Uni- und Schul-Mathematik kann sehr groß sein, insbesondere wenn – wie es bei mir der Fall war – in der Schule der Schwerpunkt der Mathematik auf Rechnen liegt. Dann kann gerade für jene, die die Schul-Mathematik gemocht haben, der Wechsel zum Studium hart sein. Die inhaltlichen Anforderungen sind ausgesprochen hoch. Im Vordergrund steht nicht mehr das Wie sondern das Warum. Hier ist es wichtig nicht gleich aufzugeben, sondern sich durchzubeißen. Dafür lockt eine große Belohnung: Selbst zu erfahren, was es mit dieser Schönheit der Mathematik auf sich hat, von der die MathematikerInnen so gerne – und oft zum großen Unverständnis ihrer Umgebung – schwärmen.