Initiativkolleg: Von Himmelskörpern zu irdischen Kratern

Im Laufe der Erdgeschichte trafen immer wieder kleinere und größere Himmelskörper auf unseren Planeten. Vor 65 Millionen Jahren hatte ein solcher Aufprall, so vermuten die meisten WissenschafterInnen, das Aussterben der Dinosaurier zur Folge. Was einmal passiert ist, kann auch wieder passieren: Im Initiativkolleg "Planetology: From Asteroids to Impact Craters" an der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie untersuchen sieben internationale NachwuchswissenschafterInnen bestehende Einschlagkrater und widmen sich der Bahnberechnung von erdnahen Asteroiden.

Im Kino ist angesichts eines auf die Erde zurasenden Meteoriten sofort ein Superheld zur Stelle, um die Welt zu retten. In der Realität können wir leider nicht auf Superkräfte bauen: Hier versuchen WissenschafterInnen seit Jahrzehnten, die Bahnen von Himmelskörpern sowie die Konsequenzen eines möglichen Meteoriteneinschlags berechenbarer zu machen.

Das steht auch im Mittelpunkt des im März 2010 gestarteten interdisziplinären Initiativkollegs "Planetology: From Asteroids to Impact Craters", angesiedelt an der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie. Das neue Kolleg bietet jungen DissertantInnen die Möglichkeit, sich wissenschaftlich mit den Gefahren und Effekten von Meteoriteneinschlägen auseinanderzusetzen. Die sieben ausgewählten KollegteilnehmerInnen stammen aus Österreich, Italien, Polen, Deutschland und den USA.

Wenn die Astronomie mit der Erdwissenschaft

Meteoriten sind kleine Gesteinsbrocken, die von großen Asteroiden abstammen und den Weg vom innersten Sonnensystem auf unsere Erde geschafft haben. "Erde und Weltraum stehen demnach in enger Verbindung zueinander. Aus diesem Grund macht es gerade auf unserem Gebiet Sinn, Astronomie und Geowissenschaften zu kombinieren", erklärt Christan Köberl, Impaktforscher und Sprecher des Initiativkollegs. Im strukturierten Doktoratsprogramm sind daher neben AstronomInnen auch ErdwissenschafterInnen mit an Bord.

Untersuchung erdnaher Objekte

Zwei der insgesamt sieben Dissertationen im Rahmen des Initiativkollegs befassen sich mit der Bahnberechnung von erdnahen Objekten (NEOs). Diese Objekte stellen eine durchaus reale Gefahr für die Erde dar: "Der derzeit größte erdnahe Asteroid würde mit seinen acht Kilometern Durchmesser auf der Erde einen hundert bis zweihundert Kilometer großen Einschlagkrater verursachen", so Köberl. Mit numerischen Rechenverfahren werden die DoktorandInnen versuchen, die potenzielle Gefahr, die von NEOs ausgeht, "ein wenig in den Griff zu bekommen".

Wie die Seiten eines Buchs

Die anderen fünf Dissertationen setzen an dem Punkt an, an dem die Festkörper schon einen Einschlagkrater auf der Erde verursacht haben. Mit geologischen, geochemischen, petrologischen und mineralogischen Methoden werden die Krater und die Folgen der Einschläge genauer untersucht. Beispielsweise beschäftigt sich eine Dissertation mit der Rekonstruktion der Gesteinsschichten vor dem Einschlag des Meteoriten – also bevor alles zerbrochen und durch die Luft geschleudert wurde. "Die verschiedenen Gesteinslagen sind vor dem Einschlag wie die Seiten eines Buchs angeordnet. Nach dem Einschlag werden sie bunt durcheinander gemischt. Unsere Aufgabe ist es, die ursprüngliche Seitenordnung wieder herzustellen", veranschaulicht Köberl.

Weiters hoffen die NachwuchswissenschafterInnen, mit petrographischen Methoden herauszufinden, wie "geschockt" das Material ist, d.h. welchem Druck das Gestein beim Einschlag des Meteoriten ausgesetzt war.

Theorie und Praxis

Neben der fundierten theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema sind auch Exkursionen zu Einschlagkratern Teil der dreijährigen Kollegausbildung. "Wir wollen zumindest einmal im Jahr auf geologische Feldforschung fahren", so Köberl. Die erste Exkursion führt die DissertantInnen nach Barberton Mountain Land im Nordosten Südafrikas. Dort werden die JungwissenschafterInnen Ablagerungen begutachten, die auf Meteoriteneinschläge vor zwei bis drei Milliarden Jahren zurückgehen. Mit Ausflügen dieser Art soll den KollegiatInnen vermittelt werden, welche Bedeutung Meteoriteneinschläge für die Erdgeschichte haben. (pp)


Das Initiativkolleg "From Asteroids to Impact Craters" an der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie startete im März 2010. Sprecher ist der Impaktforscher V.-Prof. Dr. Christian Köberl, Leiter des Departments für Lithosphärenforschung der Universität Wien und ab Juni 2010 Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien.