Wolfram Weckwerth: Pflanzen systembiologisch untersuchen

Vor zwei Jahren trat Wolfram Weckwerth die Professur für Molekulare Pflanzenphysiologie an der Fakultät für Lebenswissenschaften an. Am Mittwoch, 9. März 2011, hält der Biochemiker und Pflanzenphysiologe seine Antrittsvorlesung zum Thema "Systembiologie im 21. Jahrhundert: Auf den Spuren Ludwig von Bertalanffys und darüber hinaus".

In "Konkurrenz" zur Professur in Wien stand 2009 auch ein Angebot der amerikanischen Michigan State University. Die Gründe, weshalb sich der Biochemiker und Pflanzenphysiologe Wolfram Weckwerth für Wien entschied, sind vielfach: "Aus wissenschaftlicher Perspektive waren beide Stellen interessant. Ausschlaggebend für Wien war jedoch das tolle Umfeld. Hier arbeiten viele Departments mit spezifischen Modellsystemen und es gibt sehr viele Möglichkeiten für interdisziplinäre Zusammenarbeit mit InformatikerInnen, MathematikerInnen und PhysikerInnen. Dadurch ergeben sich hervorragende Interaktionsmöglichkeiten." Neben dem Forschungsumfeld war es aber auch die Stadt selbst, die den gebürtigen Berliner überzeugte: "Wien ist eine Traumstadt. Ich kann mir keine bessere Achse als Wien-Berlin vorstellen."

Pflanze im Fokus


Der Forschungsgegenstand von Wolfram Weckwerth ist die Pflanze. Ihrer Natur geht er mit systembiologischen Methoden auf den Grund: "Vor ca. zehn Jahren wurden das menschliche und das pflanzliche Genom erstmals sequenziert. Inzwischen ermöglichen Technologien, die Sequenzierung innerhalb von Tagen bis Wochen durchzuführen. Unsere Aufgabe ist es, die so gewonnenen Daten mit der Physiologie und Biochemie zu verknüpfen, zu modellieren und zu interpretieren. Dazu führen wir grundlegende Studien in den Modellsystemen durch und übersetzen diese dann in angewandte Systeme. Ein Schwerpunkt dabei ist die Stressphysiologie, also die Frage, wie Pflanzen auf abiotischen Stress, z.B. Kälte, Trockenheit und Licht, reagieren."

Teamarbeit bringt Erfolg

Ein weiterer Schwerpunkt von Wolfram Weckwerth liegt auf erneuerbaren Energien, wie beispielsweise Biokraftstoffen aus Algen. Auch Pappeln sind derzeitiger Untersuchungsgegenstand des 41-jährigen: "In Niederösterreich werden Pappeln als Energiepflanze zur Gewinnung von Holzpellets genutzt. Sie haben den Vorteil, dass sie auf mageren Böden ohne viel Pflege innerhalb von zwei bis drei Jahren wachsen." Wolfram Weckwerth und sein Team arbeiten an einer Optimierung dieses so genannten Kurzumtriebs. Kürzlich entdeckten sie, dass Endophyten, Bakterien, die in der Pflanze wohnen, das Wachstum der Pappeln auf natürliche Weise beschleunigen.

Teamarbeit, die an seinem Department hervorragend funktioniert, macht dabei für Wolfram Weckwerth den Erfolg aus: "Die Zusammensetzung verschiedener individueller Persönlichkeiten mit ihrem jeweiligen Fachwissen – Biologie, Chemie, Bioinformatik, Mathematik usw. –  und ihren demzufolge oft unterschiedlichen Denkansätzen ist sehr produktiv."

Leidenschaft für Musik und Pflanzen

Privat ist Wolfram Weckwerth auch ein begeisterter Musiker. Gerade in Wien und Umgebung kann er dieser Leidenschaft frönen z.B. als klassischer Gitarrist oder als Mitglied verschiedener Chöre, etwa dem Hadersfelder Schlosschor in Niederösterreich.

Aber nicht nur für die Musik, sondern auch für sein wissenschaftliches Betätigungsfeld schwärmt Wolfram Weckwerth in den höchsten Tönen. Die Vielfalt der Natur fasziniert ihn dabei besonders: "Pflanzen haben wie der Mensch individuelle Genome. Wir können nicht mehr von dem Genom einer Art sprechen. Die gleiche Pflanzenart weist an dem einen Standort eventuell ganz andere Phenotypen auf als an einem anderen Ort. Diese Vielfalt fangen wir gerade erst an zu verstehen", sagt er abschließend und freut sich auf eine spannende Forschungszukunft: "Die Verknüpfung der genetischen Variabilität mit der Physiologie des Organismus wird die Biologie, insbesondere die Systembiologie, in den nächsten Dekaden beschäftigen." (mw)


Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Dr. Wolfram Weckwerth, Leiter des Departments für Molekulare Systembiologie, zum Thema "Systembiologie im 21. Jahrhundert: Auf den Spuren Ludwig von Bertalanffys und darüber hinaus" findet am Mittwoch, 9. März 2011 um 17 Uhr, im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt.