Peter Lieberzeit: Ein Chemielabor für die Hosentasche

Was im Alter von 14 Jahren mit der österreichischen Chemieolympiade und "Jugend forscht" begann, wurde eine Passion: Peter Lieberzeit, Vizedekan der Fakultät für Chemie, ist mit Leib und Seele Forscher. Diese Begeisterung gibt er "im Dialog auf Augenhöhe" an seine Studierenden weiter.

"Salopp formuliert generieren wir künstliche Antikörper – das heißt, wir schaffen Systeme auf Kunststoffbasis, die eine bestimmte Substanz in der Umgebung selektiv erkennen können", erklärt Peter Lieberzeit, seit Oktober 2011 Professor für Analytische Chemie an der Universität Wien. Wie die Fachbezeichnung "Analytische Chemie" bereits nahelegt, geht es also darum, Substanzen zu analysieren und zu messen.

Per Knopfdruck zum Messergebnis

"Wir entwickeln technische Sensoren, auch Messfühler genannt, die – im Idealfall per Knopfdruck – auf eine geforderte Substanz reagieren. Die Reaktion wird dann in Information umgewandelt, die von einem Computer gelesen und interpretiert werden kann", erklärt Lieberzeit. So erhalten die AnwenderInnen – zum Beispiel QualitätskontrolleurInnen, UmweltschützerInnen und ÄrztInnen – konkrete Messwerte über ein bestimmtes Milieu.


Peter Lieberzeit hält seine Antrittsvorlesung beim Dies Facultatis der Fakultät für Chemie am Freitag, 27. September 2013, ab 14 Uhr im Auer von Welsbach-Hörsaal (Boltzmanngasse 1, 1090 Wien). Zum Programm (PDF)



Die "Studentenküche" der Messinstrumente


Der Chemiker und sein Team arbeiten daher stark anwendungsbezogen, das Ziel sind rentable Applikationen. "Viele Situationen erfordern das verlässliche Bestimmen eines Stoffes, z.B. Kalk im Trinkwasser. Unsere technischen Systeme erfüllen kostengünstig einen konkreten Messzweck, können immer wieder verwendet werden und sind von jedermann bedienbar. Wir entwickeln sozusagen die 'Studentenküche' unter den Messinstrumenten", scherzt Lieberzeit: "Denn wer jeden Tag Pasta isst, der braucht keine Großküche. Genauso braucht nicht jeder ein ganzes Chemielabor, der nur eine bestimmte Substanz messen möchte." Eingebettet in mehrere EU-Projekte entstehen so hochspezialisierte Lösungen, die vergleichsweise wenig kosten – und so auch besonders für Schwellenländer interessant sind.


Vor allem Thailand gilt durch eine unbürokratische Forschungslandschaft, hohe Fördermittel und einen großen Forschungsbedarf als wertvoller Partner für wissenschaftliche Kooperationen: Seit über zwei Jahren fungiert Peter Lieberzeit als Instructor an der Kasetsart University in Bangkok (im Bild: Peter Lieberzeit bei einer Konferenz in Bangkok)



Dialog auf Augenhöhe

Seinen Forschungsdrang gibt der Professor seit mehr als sechs Jahren auch an Wiener Studierende weiter. Dem berühmten Brückenschlag von Forschung und Lehre nähert sich der Professor wie folgt: "Ich lege sehr großen Wert darauf, Verständnis zu vermitteln und gleichzeitig Verständnis zu fordern", erklärt Lieberzeit. "Ich bin kein Freund von Auswendiglernen – besonders für ein naturwissenschaftliches Studium ist es essenziell, dass Studierende sich auf Konzepte einlassen." Auch ein Dialog auf Augenhöhe ist dem Chemiker wichtig. "Ich habe stets ein offenes Ohr für Anliegen meiner Studierenden und es ist mir wichtig, eine gemeinsame Lösung zu finden. Dabei sollte stets ein respektvoller Umgang gewahrt werden."

Mit 17 auf dem Chemie-Olymp

Auch wenn er bescheiden auf das Quäntchen Glück pocht, so machte es sich doch früh bemerkbar, dass der gebürtige Bremer und die Chemie gut miteinander auskommen. Geboren in Norddeutschland, aufgewachsen in Vorarlberg – für Lieberzeit war es schon immer ein Traum, einmal an einer Universität zu lehren. Nachdem er sich schon in jungen Jahren für die Naturwissenschaften begeisterte, nahm er bereits ab der 5. Klasse Gymnasium an der österreichischen Chemieolympiade teil – und das mit Erfolg. Dem zweifachen Landessieger war daher bereits mit 17 Jahren klar, dass sein Zukunftswunsch im Erforschen von Atomen, Molekülen und Ionen liegt.


Peter Lieberzeit als Jugendlicher bei der Österreichischen Chemieolympiade - wo er übrigens immer noch regelmäßig teilnimmt: heute natürlich als Betreuer. (Foto: BG Dornbirn)



Dieses Ziel ließ der heutige Vizedekan der Fakultät für Chemie nicht mehr aus den Augen. Sein Doktoratsstudium an der Universität Wien beendete er im jungen Alter von 26 mit Auszeichnung, forschte im Anschluss gleich weiter und besetzte nach seiner Habilitation eine Außerordentliche Professur, ebenfalls an der Universität Wien. Die Ambition des Wissenschaftlers zahlte sich aus und die Medaillen des Chemie-Olymps blieben nicht allein: 2007 wurde Lieberzeit mit dem Wolfgang Goepel Gedächtnispreis geehrt, vier Jahre später folgte der Fritz-Feigl-Preis der Österreichischen Gesellschaft für Analytische Chemie.

Zu wissen, was man nicht kann.

Ein Erfolgsrezept für angehende Forscherinnen und Forscher kennt der Chemiker zwar nicht, aber den einen oder anderen guten Tipp hat er parat: "Eine Begeisterung fürs Fach ist natürlich Voraussetzung, aber wichtig ist auch, sich alle Möglichkeiten offen zu halten. Hat man sich jedoch für einen Weg entschieden, dann muss man dran bleiben, auch wenn es mal schlecht läuft", rät Lieberzeit und schmunzelt: "Denn wie man so schön sagt: Aufgegeben wird höchstens ein Brief." Es sei aber auch wichtig zu wissen, was man nicht kann – und dass dies auch Stärke sei, werde oft verkannt. "Nur so findet man erfolgreich Projektpartner mit komplementären Fähigkeiten – gerade in einem so spezifischen Forschungsfeld wie der Analytischen Chemie."
 
Naturwissenschaften sind ein unbeliebtes Tischgespräch


Im privaten Gespräch verbreitet der Chemiker seine Forschungsergebnisse nur ungern. "Es scheint doch allgemeiner Konsens, dass die Naturwissenschaften ein eher unbeliebtes Tischgespräch darstellen", schmunzelt Lieberzeit. "Leider! Aber auf Anfragen erkläre ich natürlich gerne, was ich hier im Labor erforsche – das letzte Mal quälte ich damit meine Großtante." (il)

Univ.-Prof. Mag. Dr. Peter Lieberzeit, Vizedekan der Fakultät für Chemie und stellvertretender Vorstand des Instituts für Analytische Chemie, hält am Freitag, 27. September 2013, um 16 Uhr im Auer von Welsbach-Hörsaal der Universität Wien (Boltzmanngasse 1, 1090 Wien) seine Antrittsvorlesung zum Thema "Synthetische Wege zur biologisch inspirierten molekularen Erkennung" - im Rahmen des Dies Facultatis der Fakultät für Chemie.