Wirbelsturm um Roten Riesenstern entdeckt

AstronomInnen der Universität Wien haben gemeinsam mit einem internationalen ForscherInnenteam eine überraschende Beobachtung gemacht: Mit Hilfe von ALMA, dem weltweit leistungsfähigsten Radioteleskopsystem, entdeckten sie eine gigantische Gasspirale um den sterbenden Riesenstern R Sculporis.

Franz Kerschbaum und Claudia Paladini vom Institut für Astrophysik untersuchen den Roten Riesen schon längere Zeit mit dem Weltraumteleskop Herschel und dem ESO Very Large Telescope. Nun haben sie gemeinsam mit KollegInnen von der Europäischen Südsternwarte ESO den sterbenden Stern mit dem neuen Radiointerferometer ALMA unter die Lupe genommen. Die Zusammenschaltung von ALMAs bis zu 66 Einzelantennen ermöglichte konkurrenzlose Schärfe und Empfindlichkeit und hat zu dieser überraschenden Entdeckung geführt.


Nach der umfassenden Nutzung des Weltraumteleskops Herschel an der Universität Wien wird nun das neue Radiointerferometer ALMA der Europäischen Südsternware ESO für Detailstudien der interessantesten gefundenen Objekte eingesetzt. ALMA verfügt über eine noch höhere räumliche Auflösung und Empfindlichkeit. (Foto: Franz Kerschbaum)



Wurde bisher angenommen, dass der Riesenstern seine Materie gleichmäßig in alle Richtungen abgibt, so zeigten die detaillierten Bilder von ALMA erstmals eine spiralförmige Anordnung der ausströmenden Materie. "Ähnlich dem Umrühren in einer Suppe führt ein vorher unerkannter Begleitstern zu dieser starken Verwirbelung", erklärt Kerschbaum.

"Wir verdanken unsere Existenz dem Sternentod"

Aus der Verteilung des nun beobachteten Kohlenmonoxidgases lässt sich erstmals die genaue Entwicklung des Massenverlustes des sterbenden Sterns über Jahrzehntausende hinweg rekonstruieren. "Diese Beobachtungen sind bedeutsam, da auch unsere Sonne dereinst – in etwa fünf Milliarden Jahren – in vergleichbare Entwicklungsphasen kommen wird", so der Astrophysiker.


Der sterbende Rote Riesenstern R Sculptoris liegt im südlichen Sternbild des Bildhauers (Sculptor) (Foto: ESO)



Außerdem wird das gesamte Universum in seiner Zusammensetzung maßgeblich von Massenverlustprozessen vergleichbarer Sterne chemisch verändert. Kerschbaum: "So verdanken auch wir letztlich unsere eigene Existenz dem Sternentod und der damit einhergehenden Anreicherung der kosmischen Materie mit chemischen Elementen wie Kohlenstoff, Sauerstoff oder Stickstoff."

Einsatz neuer Technologien


"Erst die Kombination der heute leistungsfähigsten Beobachtungseinrichtungen, dem europäischen Weltraumteleskop Herschel und dem neuen Radiointerferometer ALMA der ESO, hat es uns ermöglicht, die kritischen Massenverlustprozesse sonnenähnlicher Sterne im Detail zu studieren. Wir freuen uns, dass es beim erstmaligen Einsatz neuer Technologien gleich zu einer wissenschaftlichen Überraschung gekommen ist", so Claudia Paladini, Post-Doc am Institut für Astrophysik der Universität Wien.

Das Paper "Unexpectedly large mass loss during the thermal pulse cycle of the red giant R Sculptoris" (AutorInnen: Matthias Maercker, S. Mohamed, W. H. T. Vlemmings, S. Ramstedt, M. A. T. Groenewegen, E. Humphreys, F. Kerschbaum, M. Lindqvist, H. Olofsson, C. Paladini, M. Wittkowski, I. de Gregorio-Monsalvo, L-A Nyman) erschien im Journal Nature.