Wie wirkt unser Essen?
| 23. November 2011Ob Apfel, Rotwein oder Brot: Alles, was wir zu uns nehmen, besteht aus unzähligen Inhaltsstoffen, die wiederum bestimmte Reaktionen in unserem Körper auslösen. Die Wirkmechanismen von Nahrungsmitteln, aber auch von pflanzlichen und synthetischen Arzneimitteln und ihren Bestandteilen, stehen im Mittelpunkt des neuen, interdisziplinären Initiativkollegs (IK) "Bioaktivitätscharakterisierung und Metabolismus" (BioProMoTION), das seit 1. März 2011 an der Fakultät für Chemie und der Fakultät für Lebenswissenschaften läuft.
Insgesamt zehn KollegiatInnen erforschen in den nächsten drei Jahren Naturstoffe und deren Wirkung auf den Organismus. "Unser IK steht an der Schnittstelle von Chemie, Pharmazie und Ernährungswissenschaften und ist passenderweise sowohl an der Fakultät für Chemie als auch an der Fakultät für Lebenswissenschaften angesiedelt. Das ist eine besonders gelungene Verknüpfung, da wir dadurch ein breites Spektrum an Methoden und Know How vereinen", erklärt IK-Sprecherin Doris Marko, Vorständin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie.
Sowohl Doris Marko als auch Co-Sprecherin Verena Dirsch ist es wichtig, dass alle KollegiatInnen eine Vielzahl an Methoden kennenlernen. "Für die Dissertation arbeitet natürlich jeder und jede an einem eigenen Fachthema, gleichzeitig gewinnen alle durch sogenannte ‚'Lab-Rotations‘ ' Einblicke in die anderen Arbeitsgruppen und deren Techniken", so Marko.
Von der Fraktionierung zur Zellkultur
Die KollegiatInnen arbeiten eng mit den Faculty-Mitgliedern zusammen – allesamt SpezialistInnen auf ihren Gebieten. Darunter Brigitte Kopp vom Department für Pharmakognosie, die die StipendiatInnen in die Methoden von Fraktionierung, Zubereitung und Aufbereitung der Inhaltsstoffe einführen wird. Denn um die Reaktionen von bestimmten Stoffen erforschen zu können, müssen diese zunächst aus ihrer natürlichen Matrix extrahiert werden. Wie die isolierten Inhaltsstoffe auf zellfreie oder zelluläre Systeme – z.B. auf Enzymgruppen – wirken, ist wiederum eines der Spezialgebiete von Verena Dirsch, Vizedekanin der Fakultät für Lebenswissenschaften und Leiterin des Departments für Pharmakognosie.
Erst nach diesen "Vorarbeiten" ist das komplexe System "Zelle" selbst an der Reihe, und die Inhaltsstoffe werden in ihrer Wirkungsweise auf Zellkulturen untersucht. Dabei lauten die vordergründigen Fragen: Wie "antworten" die Zellen auf bestimmte Stoffe? Ab welcher Menge wirken die Stoffe toxisch? Was lösen sie aus? Sobald der Wirkungsmechanismus auf zellulärer Ebene aufgeklärt ist, sollen einige – ungefährliche – Verbindungen an ProbandInnen verabreicht und sogenannte Biomarker im menschlichen Organismus untersucht werden. Als Biomarker eignen sich beispielsweise Lymphozyten – zelluläre Bestandteile im Blut: "Wir können so zum Beispiel sehen, wie das Erbmaterial durch die Inhaltsstoffe beeinflusst wird, oder etwa auch, ob sich Abwehrkräfte einschalten", so Marko.
Breite Expertise
Die durch die zehnköpfige Faculty im IK gebündelte breite Expertise erlaubt es, die Wirkmechanismen von interessanten Einzelverbindungen in all ihren Facetten zu erforschen. Veronika Somoza, Vorständin des Instituts für Ernährungsphysiologie und Physiologische Chemie, widmet sich dabei u.a. der Bioverfügbarkeit. Sie fragt, welcher Anteil eines Inhaltsstoffs überhaupt vom Organismus aufgenommen wird. Walter Jäger, Leiter des Departments für Klinische Pharmazie und Diagnostik, ist der Experte für den Metabolismus (Stoffwechsel) und untersucht, inwieweit Stoffwechselprodukte für die Wirkungsweise verantwortlich sind.
Für die Erstellung von Computermodellen zur Berechnung von ADMET-Eigenschaften (Absorption, Distribution, Metabolismus, Exkretion, Toxizität) ist Gerhard Ecker vom Department für Medizinische/Pharmazeutische Chemie zuständig. Spezialist für oxidativen Stress und dessen Unterdrückung bzw. Minderung ist Karl-Heinz Wagner vom Department für Ernährungswissenschaften. Und schließlich unterstützen noch Elke Heiß (Department für Pharmakognosie), Christian Hartinger (Institut für Anorganische Chemie) sowie Andreas Rizzi (Institut für Analytische Chemie) die DoktorandInnen.
Nicht bei Null beginnen
Für die Analyse von Lebensmittelinhaltsstoffen können die KollegiatInnen auf Ergebnisse aus vorangegangenen Projekten zurückgreifen, da sich u.a. Doris Marko, Verena Dirsch und Veronika Somoza schon seit Jahren mit dieser Thematik auseinandersetzen. So forschte Marko zu Trester (Pressrückstand) bei Apfelsaft; auch über die Inhaltsstoffe von Rotwein können die ForscherInnen den KollegiatInnen so einiges verraten. Das IK ermöglicht es nun, weiter ins Detail zu gehen. Insgesamt freut sich Marko, dass die Zusammenarbeit im IK gut angelaufen ist und sich bereits eine kollegiale Gemeinschaft gebildet hat. "Die ersten Publikationen stehen schon kurz bevor", schließt die IK-Sprecherin.
Das Initiativkolleg "Bioaktivitätscharakterisierung und Metabolismus" – Sprecherin: Univ.-Prof. Dr. Doris Marko, Vorständin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie; Co-Sprecherin: Univ.-Prof. Dr. Verena Dirsch, Leiterin des Departments für Pharmakognosie – startete am 1. März 2011 mit einer Laufzeit von drei Jahren.