Von Elefanten und Menschen

In Afrika und auch Asien kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Elefanten und Menschen, leider oft mit tödlichem Ausgang auf beiden Seiten. Elefantenherden wandern manchmal über Nationalparkgrenzen hinaus, durchqueren auf ihrer Route Siedlungen und Dörfer und plündern nicht selten die Felder der Bauern. Die Zoologin Angela Stöger-Horwath erarbeitet in ihrem aktuellen FWF-Projekt "Automatische Analyse von Elefantenlauten" nun ein System, das DorfbewohnerInnen rechtzeitig vor nahenden Elefantenherden warnt – bzw. die Elefanten von bewohnten Gebieten ablenken soll.

Die "Sprache" der Elefanten ist weitaus vielfältiger als landläufig angenommen: Die Tiere verfügen über ein Repertoire von nahezu 70 verschiedenen Lauten. Schon in ihrer Dissertation (2006) beschäftigte sich Angela Stöger-Horwath vom Department für Kognitionsbiologie mit der akustischen Kommunikation von Afrikanischen Elefanten. Sie und andere ExpertInnen gehen davon aus, dass Elefanten sogar vokale Dialekte "sprechen".

"Ich vermute, dass die Laute – primär die tieffrequenten 'Rumbles' – von Herde zu Herde variieren", erklärt die Zoologin, die gerade von ihrer Feldforschung im Addo Elephant Park in Südafrika zurückgekehrt ist, wo sie die verschiedenen Laute der rund 400 dort lebenden Elefanten dokumentiert hat. Zurück in Wien gilt es nun, diese Vermutung anhand des empirischen Materials zu überprüfen.

Häufigste Elefantenlaute: Trompeten und "Rumblen"

Bei großer Aufregung, sowohl negativer als auch positiver, "trompeten" Elefanten mit ihrem Rüssel. Daneben zählen die – im Gegensatz zu den hochfrequenten Trompetenlauten – tieffrequenten und durch das Maul ausgestoßenen "Rumble"-Laute zum Kommunikationsmittel Nummer Eins der Rüsseltiere: Damit halten Elefanten einer Herde oder Familie – etwa während einer Wanderung – ständig Kontakt miteinander oder kommunizieren mit befreundeten oder verwandten Gruppen. "Die Rumble-Laute variieren vor allem je nach Verhaltenskontext. Es wurde auch nachgewiesen, dass Rumbles individuell unterschiedlich sind", erklärt die Projektleiterin.

Sensible Elefanten

"Elefanten reagieren sehr sensibel auf die Laute von anderen Elefantenherden", so die Wissenschafterin weiter: "Diese Tatsache wollen wir für unser Frühwarnsystem nützen: Wenn sich nun eine Herde einem Dorf nähert, könnten wir zum Beispiel via Lautsprecher Laute einer fremden Herde abspielen, um die Tiere so in eine andere Richtung zu lenken." Dazu ist aber noch viel Vorarbeit notwendig.

Nach und während der Datensammlung vor Ort gilt es zunächst herauszufinden, welcher Laut welches Verhalten ausdrückt – z.B. aggressives oder freundschaftliches – und inwieweit es sich dabei um standardisierte Laute handelt. Vorerst beschäftigt sich Stöger-Horwath mit den Tieren im Addo-Park, um die Grundlage des Frühwarnsystems zu erarbeiten und die Machbarkeit der Detektoren zu prüfen: "Wir müssen erst einmal herausfinden, was wir mit automatischen Methoden alles analysieren können. Die Hauptprobleme bei der Aufnahme sind der Umweltlärm sowie Störgeräusche aller Art, die die Elefantenlaute übertönen."

Das Warnsystem, an dem die Zoologin arbeitet, soll die DorfbewohnerInnen in Zukunft nicht erst kurz vor Eintreffen der Elefanten warnen, sondern bereits Alarm schlagen, wenn die Herde noch mehrere Kilometer entfernt ist. So lässt sich eine Panik vermeiden und gleichzeitig ein friedlicher Weg zur "Umlenkung" einschlagen.

Problem Platzmangel

Da sich an den Nationalparkgrenzen Siedlungen und bewirtschaftete Felder befinden, fühlen sich die hier beheimateten Elefanten häufig gestört und reagieren manchmal aggressiv. Umgekehrt gehen die dort lebenden Menschen bei Bedrohung nicht selten mit Gewehren auf die Elefanten los. Die Folge: Tote und Verletzte bei Mensch und Tier. Weiters kommt es vor, dass die Elefanten die gesamte Jahresernte einer Bauernfamilie vernichten – Entschädigung vom Staat gibt es dafür keine. Eine Ursache für die ständigen Konflikte ist Platzmangel: Manche Nationalparks, wie z.B. der Krüger-Park in Südafrika, sind mittlerweile zu klein für die dortige Elefantenpopulation und die Tiere sind gezwungen, über die Grenzen hinauszuwandern – wo sie wiederum auf menschliche Siedlungen stoßen.
 
Passende "Elefanten-Software"


Die Daten, die Stöger-Horwath in den kommenden drei Jahren sammelt, werden in teils bestehende, teils erst zu entwickelnde Software eingebaut, um das Frühwarnsystem zu automatisieren. Ihr Projektpartner in diesem Bereich ist Christian Breiteneder vom Institute of Software Technology and Interactive Systems der Technischen Universität Wien.

"Erst wenn wir ein System – also automatische Analysemethoden – entwickelt haben, dann können wir daran denken, ein Frühwarnsystem zu implementieren. In weiterer Folge wird man das Computersystem auch mit Elefantenlauten aus anderen Regionen 'trainieren', damit auch diese gezielt erkannt werden. Aber das ist noch Zukunftsmusik", so die Forscherin abschließend. (td)


Das FWF-Projekt "Automatische Analyse von Elefantenlauten" startete unter der Leitung von Mag. Dr. Angela Stöger-Horwath vom Department für Kognitionsbiologie mit einer Laufzeit von drei Jahren im Februar 2011. Projektpartner ist Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Christian Breiteneder von der Technischen Universität Wien, der mit seinem Team für die technische Umsetzung des Frühwarnsystems verantwortlich ist.