UniBRITE: Entlang der Grenze zwischen Tag und Nacht

Seit 25. Februar 2013 reist UniBRITE, der Satellit der Universität Wien, entlang der Tag- und Nachtgrenze rund um die Erde. Neben Bildern von Sternfeldern bringt er den AstronomInnen aber auch eine ganze Reihe von Herausforderungen. Ein Statusbericht.

BRITE-Constellation ist eine Österreichisch-Kanadisch-Polnische Kooperation mit dem Ziel, sechs Nanosatelliten in einer erdnahen Umlaufbahn zu betreiben. Jeder der Satelliten, mit einer Masse von etwa sieben Kilogramm, hat ein optisches Teleskop mit CCD-Detektor zur Präzisionsphotometrie heller Sterne. Drei der Satelliten sind mit einem Rotfilter ausgestattet, die anderen drei mit einem Blaufilter.

Die BRITE-Constellation verfolgt drei große Ziele: die Asteroseismologie (Pulsationsmessungen) von massereichen Sternen und kühlen Riesensternen, die Charakterisierung anderer Variabilitäten dieser Sterne, z.B. bedingt durch Sternrotation oder Aktivitätszyklen, sowie die Entdeckung von neuen Planeten.


"Massereiche Sterne spielen eine entscheidende Rolle bei der chemischen Entwicklung unseres Universums, weil sie sich viel rascher entwickeln als ihre 'kleineren Brüder', und vor allem im Endstadium ihres 'Lebens' wesentlich zur Energiebilanz und der chemischen Zusammensetzung des interstellaren Mediums beitragen – aus dem nachfolgend Sterne und Planeten entstehen", erklärt Projektleiter an der Universität Wien Werner Weiss.



In 100 Minuten um die Welt

UniBRITE wurde nach seinem Start von Indien am 25. Februar 2013 durch den Hersteller, dem Space Flight Laboratory (SFL) der Universität von Toronto, "kommissioniert". "Das heißt, es wurden nach und nach die einzelnen Komponenten des Satelliten eingeschaltet, getestet und deren Betrieb optimiert", so Werner Weiss, Projektleiter von UniBRITE an der Universität Wien.


Unmittelbar nach dem Aussetzen von UniBRITE in etwa 850 Kilometern Höhe über der Erde taumelte er noch unkontrolliert auf seiner Bahn, die ihn – entlang der Tag- und Nachtgrenze – in etwa 100 Minuten einmal um die Erde führt. "Der erste Schritt war somit das Einbremsen von UniBRITE und Stabilisieren seiner Lage im Weltraum", erzählt Weiss rückblickend: "Zunächst konnten nur 20 Grad Genauigkeit erreicht werden, aber nach einer Neukalibrierung der Magnetometer im Weltraum wurde der Fehler auf weniger als fünf Grad gedrückt."

Bilder von Sternfeldern

Ende März wurden erstmals Bilder von Sternfeldern aufgenommen und zur Erde gefunkt. Der Bildaufbau (die sogenannte "Point-Spread-Function") entsprach der auf der Erde im Labor bestimmten und erstreckt sich etwa über sechs mal sechs Pixel. "Das Sternbild ist also nicht 'scharf', wie bei einer Foto-Kamera, sondern das Sternlicht wird über mehrere Pixel verteilt", erklärt der Astronom: "Auf diese Weise kann die photometrische Genauigkeit deutlich verbessert werden – was letztlich die Aufgabe von UniBRITE ist."

Die gewünschte Präzisionsphotometrie erfordert aber eine wesentlich genauere Stabilisierung und Positionierung des Satelliten als die genannten fünf Grad, die um einen Faktor von mehr als 100 verbessert werden müssen, betont der Forscher. Dies geschieht letztlich mit Hilfe dreier spezieller Kreisel, deren Rotation von einem Computer an Bord geregelt wird, sowie mit einem Sternsensor, der die Ausrichtung des Satelliten mit einer Genauigkeit von bis zu 1.5 Bogenminuten bestimmt. "Wenn das gelingt, sind die BRITE Satelliten die ersten Nanosatelliten mit einer derart großen Stabilität im Weltraum", so Weiss.

Von Problemen und ihrer Lösung

Anfänglich war der Arbeitsbereich des Sternsensors auf einen kleinen Teil des Himmels beschränkt, was aber inzwischen schon deutlich verbessert werden konnte. Vermutlich spielt starkes Streulicht von der Erde eine störende Rolle. "Auch bei der Positionierungsgenauigkeit ist das Ziel noch nicht ganz erreicht, aber es wird an der Optimierung der Systeme gearbeitet", erklärt der Projektleiter. Ein weiteres Problem ergibt sich bei Flügen durch die sogenannte Südatlantische Anomalie, weil dort der Strom von energiereichen Teilchen, die von der Sonne kommend im Erdmagnetfeld eingefangen werden, besonders groß ist und Störungen in der Elektronik verursachen.

Ende Juni konnten schließlich die ersten Bilder des gesamten Gesichtsfeldes von 24 Grad bei guter Stabilität des Satelliten gewonnen werden.


Um ein einziges Bild im Umfang von etwa zwölf Millionen Pixel komplett zur Erde zu funken, werden etwa drei Stunden benötigt. Das Bild links ist eines der ersten, das UniBRITE "geschickt" hat (die Belichtungszeit betrug eine Sekunde), und zeigt eine Region im Sternbild Sagitarius (Schütze). Einige Sterne sind markiert und benannt. Die meisten anderen hellen Punkte sind ebenfalls Sterne.



In Anbetracht der Sichtbarkeit des Satelliten bei einem Überflug über eine Empfangsstation von nur etwa fünf bis 15 Minuten ergibt sich bei etwa drei beobachtbaren Überflügen am Morgen und drei am Abend, dass die Übertragung eines einzigen Bildes bereits mehr als zwei Tage dauert. Im Routinebetrieb werden daher nur Teilbilder im Umfang von etwa 70 mal 70 Pixel, zentriert auf die jeweiligen Sterne, zur Erde geschickt. Anfang Juli wurden erstmals 15 Minuten lange Testbeobachtungsreihen mit einer Belichtungsdauer von jeweils einer Sekunde mit solchen Teilrastern gewonnen und auf der Erde ausgewertet.

Das "CCD Tiger Team" auf Mission

Ein nicht in diesem Umfang erwartetes Problem stellen Störungen des CCDs durch energiereiche Protonen im Weltraum dar. Ein "CCD Tiger Team" wurde mit dem Ziel gegründet, diese Störungen zu untersuchen und Strategien zu deren Minimierung zu entwickeln, was z.B. durch Temperaturänderung des Detektors und/oder der Auslesespannungen und -sequenzen möglich sein sollte.

In den verbleibenden Wochen der Kommissionierung wird weiter an der Optimierung aller Betriebssysteme gearbeitet. "Wir sind überzeugt, dass UniBRITE dann allen Spezifikationen entsprechen und manche sogar deutlich übertreffen wird", sagt Werner Weiss.

UniBRITES Zwillingsbruder BRITE-Austria

Der von der TU-Graz gebaute und kommissionierte Zwillingssatellit BRITE-Austria befindet sich in einem ähnlichen Stadium wie UniBRITE. Das größte technische Problem ergab sich bald nach dem Start durch den Ausfall eines der drei Prozessoren an Bord, vermutlich durch Strahlungsschäden. Softwareänderungen haben es erlaubt, die Aufgaben des ausgefallenen Prozessors auf die beiden anderen zu übertragen. Mit Testreihen wird demnächst begonnen, was dann erstmals einen unmittelbaren Vergleich der Daten von den beiden BRITE Satelliten erlauben wird.

Start der kanadischen und polnischen BRITEs

Der erste polnische Nanosatellit, nach dem bekannten polnischen Science Fiction Autor Stanislaw Lem benannt, wird – wenn alles glatt verläuft – im November mit einer russischen DNEPR-Rakete gestartet; sein Zwilling, Heweliusz (ein berühmter Astronom des 17. Jahrhunderts), mit einer chinesischen "Langer Marsch"-Rakete Mitte Dezember. Die beiden kanadischen BRITEs werden vermutlich Mitte 2014 von Russland aus gestartet und dann die BRITE-Constellation komplettieren. (red)