Tagung: 40 Jahre geteiltes Zypern

Zehn Jahre nach dem EU-Beitritt Zyperns ist Nikosia die letzte militärisch geteilte Hauptstadt der Welt. Die Tagung "1974-2014 – 40 Years of a Divided Cyprus", die am 16. Juni an der Universität Wien stattfindet, widmet sich den historischen, politischen und juristischen Aspekten der Teilung.

Der EU Beitritt Zyperns jährt sich 2014 zum zehnten Mal – und nach wie vor ist Nikosia weltweit die letzte militärisch geteilte Hauptstadt. Nach dem Putsch, mit Unterstützung der griechischen Militärjunta gegen die Regierung, intervenierte die Türkei und landete am 20. Juli 1974 mit Streitkräften im Norden der Insel – und besetzte in weiterer Folge ein Drittel der Insel. Sowohl internationale Beobachter als auch die Bevölkerung gingen damals von einer provisorischen Situation aus. Vierzig Jahre später widmen sich internationale WissenschafterInnen im Rahmen der Tagung "1974-2014 – 40 Years of a Divided Cyprus" an der Universität Wien sowohl den historischen und politischen, als auch den juristischen und diplomatischen Aspekten der Teilung und militärischen Okkupation.

Vom Provisorium zum Status quo

Die türkischen Streitkräfte näherten sich Varosia, der wichtigsten zypriotischen Touristenhochburg der 1960er und 1970er, und die griechisch-zypriotische Bevölkerung flüchtete nur mit dem Notwendigsten: Sie war der Ansicht, in wenigen Wochen in ihre Häuser zurückkehren zu können. Wie so oft wurde aus einem Provisorium der neue Status quo: die sogenannte "Grüne Linie", eine militärische Pufferzone, zieht sich bis heute von Westen nach Osten quer durch die Insel.

Varosia ist heute wohl eine der bekanntesten Geisterstädte Europas und nach wie vor türkische Militärsperrzone. Eine Vielzahl von Versuchen zur Lösung des Konflikts – unter anderem der 2004 an einem Referendum gescheiterte sogenannte "Annan-Plan" – sind bis dato erfolglos geblieben. Die Wiederaufnahme von Gesprächen und eine gemeinsame Stellungnahme beider Seiten Anfang 2014 ließ wieder neue Hoffnung aufkommen.


Die internationale Tagung "1974-2014 – 40 Years of a Divided Cyprus" an der Universität Wien widmet sich den historischen, politischen, juristischen sowie diplomatischen Aspekten der Teilung und militärischen Okkupation. Im Bild die militärisch geteilte Hauptstadt Nikosia. (Foto: Dieter Schütz /Pixelio)



Aktuelle Thematik


In Hinblick auf aktuelle Ereignisse – neue Bemühungen um Friedensgespräche im Nahost-Konflikt durch die USA, Bürgerkrieg in Syrien, oder die Situation in der Ukraine und auf der Krim – erscheint die Thematik, inklusive möglicher Lösungsansätze, aktueller und relevanter denn je. Die Geschichte und Verortung eines EU-Mitgliedsstaats, der teilweise von Streitkräften eines NATO-Staates besetzt ist, stellen im Lichte der Verschiebung aktueller politischer und geostrategischer Interessen ein Frühwarnmodell zukünftiger Konfliktsituationen dar.

Spannende Fragen

Welches Gewicht kommt in diesem Zusammenhang den politischen, juristischen und historischen Aspekten zu? Wie lassen sich heute der Südosten Europas und der Mittelmeerraum im Spannungsfeld von Ethnozentrismus und globalisierter Verschränkungen bestimmen? Welche geostrategischen und nationalpolitischen Interessen werden von den involvierten Staaten und Bündnissen sowie Internationalen Organisationen vertreten und wie wird die Situation in Zypern dafür instrumentalisiert? Welche Rolle spielen bi-, tri- oder multilaterale Bemühungen um eine Lösung des Konflikts? Wo unterscheiden sich hier Einschätzungen zwischen Theorie und diplomatischer Praxis, wo besteht Kohärenz?

Diese Thematik betrifft nicht nur Zypern, die Türkei, Griechenland und die EU – sondern auch Österreich und Wien: Die Alpenrepublik hat vielfache wirtschaftliche Interessen und durch die Beistellung guter Dienste bereits in den sechziger Jahren eine politischen Rolle als Vermittler eingenommen.  

Plattform des Dialogs

Die Konferenz am 16. Juni beleuchtet dies auf mannigfaltige Weise: Die Projektion dieser Konzepte, die Implikationen für andere aktuelle Krisensituationen und Konflikte sowie das Zusammenspiel von ethnischen und transnationalen Interessen bilden den Gegenstand einer Behandlung, die nur interdisziplinär vorstellbar ist. Daher sieht sich die Tagung als Ort bzw. Plattform des Dialogs für österreichische und ausländische WissenschafterInnen, die unter anderem auf den Gebieten der Geschichts-, Rechts-, und Sozialwissenschaften tätig sind. Die Konferenz wird von Abteilung für Völkerrecht und Internationale Beziehungen sowie dem Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien organisiert. (red)

Tagung: "40 Years of a Divided Cyprus"
Montag, 16. Juni 2014, 8 bis 18 Uhr
Juridicum der Universität Wien (Dachgeschoss)
Schottenbastei 10-16, 1010 Wien
Programm (PDF)