Mozart und Boltzmann wirbelten als Lichttornado über die Dächer Wiens

Mit Hilfe von Lichttornados haben Physiker der Universität Wien und der ÖAW Information über eine Distanz von drei Kilometer quer über Wien gesendet. Erstmals wurde verdrehtes Licht über eine so große Distanz durch die bewegte Atmosphäre über einer Großstadt übertragen.

Schon in den vergangenen Jahren wurde gezeigt, dass mit Licht, das in eine korkenzieherartige Form gebracht wird, die Zahl der Datenübertragungskanäle drastisch erhöht werden kann. Die Übertragungsrate konnte so auf 2,5 Terabytes pro Sekunde erhöht werden, der Inhalt von mehr als 66 DVDs.

Freiluftexperiment


Bisher gelang das aber nur in ganz speziellen Glasfasern. Über größere Distanzen unter freiem Himmel hatte das noch niemand probiert, erklärte Studienautor Mario Krenn von der Fakultät für Physik der Universität Wien und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Erzeugt werden solche "Lichtschrauben", wie Anton Zeilinger, in dessen Gruppe Krenn arbeitet, das Phänomen nennt, "indem die Phase der Lichtwelle verschoben wird". Das heißt, dass sich der Zeitpunkt von Wellenberg bzw. Wellental verschiebt.

Im konkreten Fall haben die Forscher grünes Laserlicht durch ein Flüssigkristall-Display geschickt, wobei jedes Pixel des Displays die Phase des Strahls unterschiedlich verändern kann. "Je stärker man die Phase variiert, desto höhere räumliche Strukturen des Lichtstrahls bekommt man", erklärte der Physiker.

Das lässt sich am Bild des Lichtstrahls auf einer Leinwand auch für Laien leicht erkennen: Ohne Phasenverschiebung zeigt sich ein einzelner Lichtpunkt, der sich – je stärker die Phase verschoben wird – in immer mehr kreisförmig angeordnete, an Blütenblätter erinnernde Lichtpunkte auflöst.

Bildtransfer in "16 shades of grey"


16 solcher räumlichen Strukturen haben die Physiker im konkreten Experiment erzeugt und jedem davon einen Grauwert zugeordnet. So konnten die Forscher Bilder von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig Boltzmann und Erwin Schrödinger sozusagen in "16 shades of grey" auflösen.

In Form von Lichttornados haben sie diese Information von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf der Hohen Warte in Wien-Döbling zum drei Kilometer entfernten Empfänger auf dem Dach des Physik-Instituts in Wien-Alsergrund geschickt. Dort wurden die Lichtmuster automatisch erfasst, erkannt und wieder in Grauwerte und damit in die Bilder zurückübersetzt.

"Zum ersten Mal haben wir damit gezeigt, dass Information in verdrehtes Licht übersetzt und über drei Kilometer selbst durch starke atmosphärische Turbulenzen übertragen werden kann", sagte Krenn. Das ist etwa dann von Vorteil, wenn Glasfasern nicht eingesetzt werden können – etwa bei der Kommunikation mit Satelliten.

Viel Luft nach oben bei Übertragungsrate


Im konkreten Experiment war die Datenübertragungsrate noch extrem gering und lag nur im Bereich von Kilobytes. Doch der Methode sind theoretisch keine Grenzen gesetzt – schließlich gibt es unendlich viele Möglichkeiten, die Phase der Lichtwelle zu verschieben und entsprechend viel Information zu übertragen. Die Datenrate ließe sich auch signifikant erhöhen, indem nicht nur die Phase einer Lichtwelle verschoben wird, sondern auch die Polarisation.

Doch es wird auch an die Nutzung der Methode im Bereich Quantenkommunikation gedacht – dem Spezialgebiet der Wiener Physiker. Die Phänomene der Quantenphysik ermöglichen die völlig abhörsichere Übermittlung von Informationen. Würde diese mit verdrehtem Licht gesendet, steige die Informationsdichte und damit die Robustheit der Übertragung gegen Lauschangriffe, betonen die Wissenschafter. (APA)

Das Paper "Communication with spatially modulated light through turbulent air across Vienna" (Autoren: Mario Krenn, Robert Fickler, Matthias Fink, Johannes Handsteiner, Mehul Malik, Thomas Scheidl, Rupert Ursin and Anton Zeilinger) erschien im November 2014 im "New Journal of Physics".