Ein tagesfüllender Job an Bord

Es ist jetzt Halbzeit auf unserer Expedition in den Südozean und wir haben schon unzählige Messungen an verschiedenen Standorten durchgeführt. Seit einer Woche haben wir starken Wind und ich schreibe hier aus dem geschützten Inneren des Schiffes – mit dem Wind, der durch die Türen pfeift.

Trotz der unruhigen See und den sich ständig ändernden Wellen von bis zu acht Metern Höhe, werden von der Schiffsbesatzung verschiedenste Instrumente zu Wasser gelassen. Ich arbeite hier mit einem Unterwasserroboter, der auf einer von mir bestimmten Tiefe selbständig Wasser aufsaugen kann. Bevor er das macht, wird er von mir an Deck mit Aminosäuren, das als Futter für die Bakterien dient, bestückt. Das Umgebungswasser wird in der Tiefe dann in Röhren gesaugt und dort über mehrere Stunden aufbewahrt. Die Bakterien nehmen dann unter den natürlichen Druckbedingungen der Tiefsee die Aminosäuren auf.

Ist der Roboter wieder an Bord, messen wir wieviel der Aminosäuren durch die Bakterien im Wasser aufgenommen wurden und können dadurch abschätzen, wie aktiv die Mikroben sind.  Den Roboter den wir ISMI getauft haben – steht für In Situ Mikrobieller Inkubator – habe ich mittlerweile in Tiefen von 400 bis 4.000 Meter eingesetzt. Da sich aufgrund des Wetters der Probenplan ständig ändert – ab einer bestimmten Windstärke und Wellenhöhe ist es schlicht zu gefährlich an Deck zu arbeiten – sind wir eigentlich immer in Bereitschaft. Auch die Seevögel sind immer im Einsatz und fliegen auch bei schlechtem Wetter.

Jede Wasserung bedeutet bis zu sechs Stunden Vorbereitungszeit, um den Roboter für die Tiefseereise vorzubereiten. Alle Plastikschläuche und Sammelröhren müssen bestens gereinigt werden. Die Elektronik wird von mir überprüft und zum Schluss werden die Batterien getestet, damit nichts schiefgeht. Erst dann kann das ISMI an einem Kabel hängend auf Tauchstation. Wenn das Instrument nach mehreren Stunden wieder an Bord ist, filtriere ich die gesammelten Proben und analysiere sie gleich an Bord. Ein tagesfüllender Job!

Wenn doch mal etwas nicht so läuft wie es soll dann ist guter Rat teuer. Besonders wenn es um elektronische Probleme geht, ist eine Reparatur nicht immer einfach. Für solche Fälle gibt es Elektroniker an Bord, die versuchen die Geräte wieder funktionstüchtig zu machen, egal wie. Das Gerät zum Beispiel, mit dem wir die Proben für mein ISMI analysieren, war zu Beginn der Expedition in einem erbärmlichen Zustand und wollte nicht messen. Nach mehreren Emails mit dem Hersteller und viel Geschraube konnte die Messapparatur doch noch zum Laufen gebracht werden.

Die Daten die wir hier direkt an Bord produzieren sind von unschätzbarem Wert. Wir bekommen so sofort einen Einblick, wie unsere Mikroben funktionieren und es macht natürlich auch sehr viel mehr Spaß, einige Ergebnisse sofort auswerten zu können. Einzig das Wetter macht uns immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Da war dann alle Vorbereitung umsonst. So mussten wir auf der letzten Station vor einem Zyklon fliehen und sind schnell in eine schützende Bucht der Kerguelen Inseln geflohen bis sich der Sturm wieder verzogen hatte. Die kommenden Tage erwarten wir immer wieder große Wettertiefs – wir werden sehen wie das unseren Expeditionsplan beeinflusst. (Alle Fotos: Chie Amano)

Chie Amano ist Postdoc am Department für Limnologie und Bio-Ozeanographie im Lab Microbial Oceanography der Universität Wien. Auf dieser Expedition untersucht sie die bakterielle Aktivität unter den Druckverhältnissen der Tiefsee.