Die Beziehung zwischen Mensch und Katze

"Wenn ich mit meiner Katze spiele, wer kann da sagen wer zu wessen Belustigung dient?" Diese Frage soll sich im 16. Jahrhundert bereits der französische Politiker und Philosoph Michel de Montaigne gestellt haben. In dem bereits 2007 abgeschlossenen Forschungsprojekt "Human-cat interactions" untersuchten Kurt Kotrschal und sein Team an der Universität Wien und Konrad-Lorenz-Forschungsstelle Verhaltensweisen und Interaktionsmuster beim Umgang zwischen Katze und Mensch. Nun wurden die Ergebnisse im Fachjournal "Behavioural Processes" erstmals veröffentlicht.

Zweierbeziehungen (Dyaden) gibt es nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen Mensch und Tier. Letztere sind jedoch nicht weniger komplex, was unter anderem daran deutlich wird, dass viele Herrchen oder Frauchen ihre Tiere als Freunde oder sogar Familienmitglieder ansehen.

Mensch-Hund-Dyaden stehen schon länger im Fokus der Verhaltensforschung. Kürzlich publizierte ein Team um Projektleiter Kurt Kotrschal die Ergebnisse eines Projekts an der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle (KLF), indem sich einmal alles um Menschen und ihre Katzen drehte. Im Mittelpunkt der Studie "Human-cat interactions" stand die Frage, ob individuelle und soziale Faktoren die zeitlichen Strukturen von Verhalten und Interaktionen zwischen KatzenhalterInnen und ihren Tieren bestimmen.

Dabei wurden Geschlecht, Alter und Persönlichkeit von Katze und BesitzerIn sowie die Dauer ihres Zusammenlebens untersucht. Es zeigte sich, dass das Verhalten und die Interaktionen in Mensch-Katze-Dyaden in bestimmte Zeitmuster gegliedert sind, deren Anzahl und Komplexität sowohl von den Personen- als auch von den Katzenmerkmalen beeinflusst wird.

Zu Besuch bei 40 Wiener KatzenliebhaberInnen


Viermal wurden 40 BesitzerInnen und ihre Katzen aus dem Wiener Raum zu Hause besucht. Das Verhalten von Mensch und Katze sowie ihre Interaktionen – zum Beispiel bei der Fütterung – wurden während der Treffen gefilmt. "Dazwischen haben wir Tests durchgeführt, beispielsweise ein Plüschtier in den Raum gestellt und dann die Reaktionen der Katze auf das neue Objekt aufgenommen. Die BesitzerInnen füllten zusätzlich Fragebögen über die eigene Persönlichkeit sowie die Art und Dauer des Zusammenlebens aus", erklärt Projektmitarbeiterin Manuela Wedl vom Department für Verhaltensbiologie die Vorgehensweise.  

Mittels Videoaufzeichnungen ...

Anschließend wurden Verhaltensweisen von ausgewählten Video-Ausschnitten kodiert und die so entstandenen Verhaltensfolgen mit der Software "Theme" auf Zeitmuster analysiert. "Ein komplexes Interaktionsmuster wäre beispielsweise folgende Situation: Die Katze steht, der Besitzer spricht, die Katze miaut und geht um das Bein des Besitzers, der die Katze daraufhin streichelt", erklärt die Verhaltensbiologin: "Mit Hilfe der Software konnten wir dann die wiederkehrenden zeitlich strukturierten Muster – sogenannte T-Patterns – finden."

... und Persönlichkeitsanalysen


Die Persönlichkeit des Besitzers bzw. der Besitzerin wurde mit Hilfe des NEO-Fünf-Faktoren-Inventar erhoben. Dieser beschreibt die Persönlichkeit des Menschen in fünf Dimensionen: Neurotizismus (ein hoher Wert findet sich beispielsweise bei emotional labilen Menschen), Extraversion (vergleichbar mit extrovertiertem Verhalten), Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Die Persönlichkeit der Katze wurde über Beobachter-Bewertung und über kodierte Verhaltensweisen von Tests ermittelt und mittels der so genannten Hauptkomponentenanalyse ausgewertet. Analysiert wurde dann, ob und wie die Faktoren die Anzahl und Komplexität der zeitlichen Muster beeinflussen.

Überraschende Ergebnisse


Die wichtigsten Faktoren zur Beeinflussung der Muster waren die Persönlichkeit von BesitzerIn und Katze, das Geschlecht der KatzenhalterInnen sowie das Alter der Katze. Katze-Frau-Dyaden zeigten tendenziell mehr Muster als Beziehungen zwischen Katze und Mann. Je älter die Katze, desto einfacher waren die Muster.

"Überrascht hat uns dabei, dass die Dauer des Zusammenlebens keinen Einfluss auf die Anzahl oder Komplexität der Muster hatte", sagt Manuela Wedl und hofft, dass die Ergebnisse der Studie zu einem besseren Verständnis von Mensch-Tier-Beziehungen beitragen. Etwa haben ähnliche Studien mit Hunden gezeigt, dass die zeitlichen Muster von Interaktionen einen Einfluss darauf haben, wie gut Mensch-Hund-Dyaden Aufgaben gemeinsam lösen. Es ist anzunehmen, dass die zeitlichen Muster von Verhalten und Interaktionen in komplexen Langzeit-Beziehungen ähnlich aufgebaut sind, inklusive Mensch-Mensch-Dyaden. "Daher ist es von Bedeutung, zu wissen, durch welche Faktoren die Anzahl und Komplexität der zeitlichen Muster bestimmt wird", so Wedl. (mw)

Publikation:

Der Artikel "Factors influencing the temporal patterns of dyadic behaviours and interactions between domestic cats and their owners" (AutorInnen: Wedl, M., Bauer, B., Grabmayer, C., Gracey, D., Spielauer, E., Day, J. & Kotrschal K.) erschien im Jänner 2011 im Journal Behavioural Processes (Nr. 86. S. 58–67).

Das Projekt "Human-cat interactions" lief von November 2003 bis März 2007 an der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle der Universität Wien. Projektleiter war Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Kurt Kotrschal vom Department für Verhaltensbiologie, Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle Grünau. ProjektmitarbeiterInnen waren Manuela Wedl, Barbara Bauer, Dorothy Gracey, Christine Grabmayer und Elisabeth Spielauer, ebenfalls Department für Verhaltensbiologie und Konrad-Lorenz-Forschungsstelle.