Darwinfinken bedroht

Die Verhaltensbiologin Sabine Tebbich von der Universität Wien untersucht im Rahmen ihres aktuellen FWF-Projekts den Populationsrückgang der Darwinfinken auf den Galapagos-Inseln. Vermutlich ist die parasitäre Fliege Philornis downsi dafür verantwortlich.

"Wenn wir kein Mittel gegen die Fliege finden, könnten sogar manche Arten aussterben", so die Prognose von Sabine Tebbich. Seit 1998 dokumentiert die Verhaltensbiologin der Universität Wien gemeinsam mit KollegInnen von Birdlife Österreich den Populationsstand der Darwinfinken auf den Galapagos-Inseln und stellte 2008 erstmals einen dramatischen Rückgang fest – "wir sprechen in manchen Populationen von einem Schwund von bis zu 75 Prozent", so Tebbich.

Der "Übeltäter" aus Trinidad

Die ForscherInnen bringen den drastischen Rückgang der Finken mit der Ausbreitung der parasitären Fliegenart Philornis downsi in Zusammenhang, die in den 1960er Jahren – vermutlich beim Import von Obst – aus Trinidad auf die Galapagos-Inseln gelangte. Die Fliegen besiedeln die Nester der Vögel, legen ihre Eier in den Nasenlöchern der Tiere ab und saugen das Blut der Küken. Entdeckt wurden die Parasiten eher zufällig – während einer Feldarbeit zum Werkzeuggebrauch der Darwinfinken: "Wir fanden Küken, deren Körper von Parasiten zerlöchert waren und entdeckten beim Durchsuchen der Nester die Fliegenmaden", erzählt Sabine Tebbich, die in ihrem aktuellen FWF-Projekt mehr über den Einfluss der Fliege herausfinden will.

Denn die Biologin geht davon aus, dass die von den Parasiten geschwächten Tiere auch für andere Stressfaktoren – wie Starkregen oder den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – umso anfälliger sind: "Für einen solch starken Populationsrückgang gibt es vermutlich eine Kombination von Ursachen."

Diese möchte die Forscherin gemeinsam mit ihrem Doktoranden Arno Cimadom in einem experimentellen Ansatz nachweisen: Einige Nester werden von Parasiten befreit und in Teile des Nationalparks gesetzt, in denen kein Pflanzenschutzmittel verwendet wird. Durch diese Kontrollgruppen lässt sich feststellen, welche Faktoren und Wechselwirkungen den Bruterfolg gefährden.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?

ExpertInnen aus aller Welt diskutieren Möglichkeiten zum Schutz der Darwinfinken. Die Ideen reichen von Fliegenfallen mit Pheromonen über die Einführung einer hyperparasitären Wespe bis hin zur Züchtung männlicher Fliegen, die anschließend sterilisiert und per Hubschrauber "auf die Weibchen losgelassen werden". Eingriffe in das Ökosystem bergen allerdings auch immer Gefahren, und die Implementation solcher Maßnahmen ist ein langwieriger und teurer Prozess. Sabine Tebbich und ihr Team hoffen indes, mit ihrem Projekt mehr über den Brutrückgang zu erfahren und der passenden Lösung auf die Spur zu kommen, denn eines ist der Forscherin klar: "Die Lage ist ernst."


"Die Tier- und Pflanzenwelt auf den Galapagos-Inseln hat sich in Isolation entwickelt und kann den eingeschleppten Parasiten nichts entgegensetzen", so Sabine Tebbich. Auf Feldforschung beobachten und dokumentieren die ForscherInnen den Brutfortgang der Vögel. (Foto: Wappl)



Forschen, wo andere Urlaub machen

Die WissenschafterInnen haben während ihrer Feldforschung allerhand zu tun. Schon um fünf Uhr morgens klingelt der Wecker, damit sie pünktlich vor Sonnenaufgang im Hochland sind. Dann werden die Nester der Finken gesucht und mit endoskopischen Kameras – an langen Bambusstöckern befestigt – ein Blick auf den Brutfortgang der Vögel geworfen. Am Nachmittag steht Laborarbeit und Dateneingabe an: Jedes Nest wird per GPS geortet und in eine digitale Karte eingetragen. "Dazwischen oder danach bleibt aber auch ein wenig Zeit zum Schwimmen und Schnorcheln", schmunzelt die Teamleiterin – praktischerweise liegt die Forschungsstation, auf der die Wiener VerhaltensbiologInnen zu Gast sind, direkt am Strand.

Eine forschungsfreudige Familie

Die nächste Feldsaison auf den Galapagos-Inseln beginnt im Jänner. Dann werden der Wissenschafterin im Rahmen eines Feldpraktikums auch Studierende der Universität Wien und ecuadorianische AssistentInnen zur Seite stehen. Insgesamt forscht das Team für sechs Monate vor Ort; Sabine Tebbich allerdings wird nur für vier Wochen mit von der Partie sein: "Ich bin Biologin aus Leidenschaft, aber auch Mutter. Mein Sohn wartet in Wien auf mich."

Bei früheren Einsätzen hat die sympathische Wissenschafterin ihre Familie kurzerhand mitgenommen. Ihr Ehemann, eigentlich gelernter Biochemiker, hat im Projekt mitgearbeitet, während der Nachwuchs auf den Galapagos-Inseln Schwimmen und Spanischvokabeln gelernt hat.

Vom "Daktari"-Fan zur Verhaltensbiologin

Im Kindesalter war Tebbich ein großer Fan der Fernsehserie "Daktari" und seitdem stand ihr Berufswunsch Biologin fest. Auf den Vogel ist sie erst gegen Ende ihres Studiums an der Universität Wien gekommen: Im Rahmen ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich mit neuseeländischen Papageien und sammelte 1994 im Zuge ihrer Doktorarbeit erstmals Daten auf den Galapagos-Inseln. In Eigenregie hat sie dort Volieren aufgebaut und Projekte rund um die Darwinfinken ins Leben gerufen. Seitdem kehrt sie regelmäßig an den Ausgangspunkt ihrer Forschungskarriere zurück: "Die Galapagos-Inseln lassen mich einfach nicht mehr los!" (hm)

Das dreijährige FWF-Projekt "Der Einfluss eines exotischen Parasiten auf Darwinfinken" von Mag. Dr. Sabine Tebbich, Privatdoz. vom Department für Verhaltensbiologie der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien läuft seit 1. April 2014. KooperationspartnerInnen sind Bird Life Österreich und die Charles Darwin Station auf den Galapagos-Inseln.