Kalter Krieg: Von wegen Funkstille!

Mauersprünge: Zwischen Ost- und Westeuropa gab es während des Kalten Krieges rege Kontakte im wirtschaftlichen und politischen Bereich – auf offizieller und inoffizieller Ebene. Eine Podiumsdiskussion am 18. April am Institut für Osteuropäische Geschichte beschäftigt sich mit dem Phänomen.

Bis heute sind Europa und Österreich nachhaltig von den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ost- und Westeuropa geprägt. Über die Anfänge dieser Kooperation der beiden Seiten seit den 1970er Jahren und die Bedeutung dieses Austausches für die Transformation des östlichen Europas ist jedoch überraschend wenig bekannt. "Die Geschichte des ‘Kalten Krieges’ wird, wie der Begriff schon andeutet, meist als eine Geschichte der Konfrontation und Konkurrenz geschrieben", so Philipp Ther, Professor am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien. "Diese Sichtweise ist zu einseitig, denn die zunehmenden wirtschaftlichen Kontakte und Kooperationen zwischen Ost- und Westeuropa seit den 1970er Jahren liegen nicht nur quer zu diesem Konfliktnarrativ, sondern haben in erheblichem Maße zum Ende des Ost-West-Konflikts in Europa beigetragen."

Auf offizieller und inoffizieller Ebene

Eine internationale Podiumsdiskussion versammelt nun prominente Akteure und Zeitzeugen der wirtschaftlichen Ost-West-Beziehungen seit den 1970er Jahren, um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen. Im Zentrum der Diskussion stehen einerseits die offiziellen Wirtschaftskontakte, die sich etwa in Firmenkontakten zentraler westlicher Volkswirtschaften, insbesondere auch Österreichs, ausdrückten. Doch vor allem auch Kontakte jenseits der offiziellen Ebene, so Włodzimierz Borodziej, Direktor am Imre Kertész Kolleg Jena, spielten eine wichtige Rolle.




Grenzüberschreitende wirtschaftliche Kooperation mitten im Kalten Krieg? Am Donnerstag, 18. April, 17 Uhr, diskutieren führende Wirtschaftsakteure und Zeitzeugen am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien am Podium. Die offiziellen und inoffiziellen Ebenen dieser Beziehungen und ihre Rolle für die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation Osteuropas seit 1989 sind noch kaum erforscht. Zum Programm



Es sprechen Ferdinand Lacina, Bundesminister für Finanzen a.D., Péter Felcsuti, ehem. CEO der Raiffeisen Bank Ungarn, Oskar Grünwald, ehem. CEO der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG), sowie Grzegorz Korytowski, CEO des polnischen Unternehmens "OWA Polska". Moderiert wird die Veranstaltung von János Mátyás Kovács, Wirtschaftshistoriker am Institut für die Wissenschaften vom Menschen.

Internationaler Workshop

Neben der öffentlichen Diskussion findet auch ein internationaler Workshop statt, der sich mit dem Thema vertiefend befasst. Es werden Phänomene wie Schmuggel, Kleinhandel oder Einkaufstourismus sowie Drehscheiben des Ost-West-Kontakts, z.B. Handelsmessen oder Grenzregionen, analysiert.

Die Veranstaltung "Mauersprünge: Wirtschaftliche Ost-West-Kontakte seit den 1970er Jahren" wird vom Institut für Osteuropäische Geschichte gemeinsam mit dem Institut für Politikwissenschaft sowie dem Imre Kertész Kolleg Jena im Rahmen der interdisziplinären Forschungsplattform "Wiener Osteuropaforum" durchgeführt. Als weiterer Kooperationspartner konnte das Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) gewonnen werden. (vs)


LESETIPP:
Wie die USA auf die wirtschaftlichen Annäherungen zwischen West- und Osteuropa reagierten, welche informellen Gechäfte es zur Zeit des Kalten Krieges gegeben hat und was davon heute noch übrig ist, darüber spricht Philipp Ther vom Institut für Osteuropäische Geschichte aktuell im Interview mit "Der Standard":
zum Artikel "Geschäfte haben die Tore in den Osten geöffnet".



Mauersprünge: Wirtschaftliche Ost-West-Kontakte seit den 1970er Jahren
Donnerstag, 18. April 2013, 17-19 Uhr
Institut für Osteuropäische Geschichte, Campus der Universität Wien
Spitalgasse 2, Hof 3, 1090 Wien
Programm und Information

Veranstaltungssprachen sind Deutsch und Englisch.

 Zur Liste