Ernst Mach noch heute "hochaktuell": Konferenz zum 100. Todestag

2016 jährte sich der Todestag des österreichischen Physikers, Wissenschaftstheoretikers, Psychologen, Physiologen und Philosophen Ernst Mach zum 100. Mal. Das Institut Wiener Kreis wird 25 Jahre alt. Aus diesem Anlass findet von 16. bis 18. Juni eine große Ernst Mach-Tagung an der Universität Wien und der ÖAW statt.   .

"In einigen Bereichen ist Mach heute hochaktuell", sagte der Wissenschaftshistoriker und Philosoph Friedrich Stadler von der Universität Wien. Einer breiteren Öffentlichkeit ist Ernst Mach, 1838 in Chirlitz bei Brünn geboren, wegen seiner Erkenntnisse zur Überschallgeschwindigkeit und der nach ihm benannten "Mach-Zahl" bekannt.

"Ernst Mach (1838-1916) zählt zu den bedeutendsten Naturwissenschaftern und Philosophen des 19. und 20. Jahrhunderts. In der Physik als Wegbereiter von Einsteins Relativitätstheorie und Kontrahent von Boltzmanns Atomistik, in der Biologie, Psychologie und Physiologie als Pionier einer empiristischen und gestalthaften 'Analyse der Empfindungen', in der Wissenschaftsphilosophie als Vorbild des Wiener Kreises mit dem Verein Ernst Mach", so Friedrich Stadler. Seine Wirkung reiche weit über die Naturwissenschaft hinaus, u.a. in die Wiener Medizinische Schule und Psychoanalyse, Literatur, Politik und Kunst sowie in die  Sozialwissenschaften und die Pädagogik. (Bild: Ernst-Mach-Büste im Rathauspark Wien, Foto: Joseph Krpelan)

"Aus der Sicht der Scientific Community ist Mach vor allem ein Wegbereiter für eine historisch orientierte und fächerübergreifende Wissenschaftsforschung", sagt Stadler. Greifbar werde seine wissenschaftliche Flexibilität auch anhand der Tatsache, dass der Physiker 1895 auf einen philosophischen Lehrstuhl an der Universität Wien berufen wurde, so der Mitorganisator der "Ernst Mach Centenary Conference 2016".

Viele Tore geöffnet

Mach war in seinen zahlreichen Betätigungsfeldern am Puls der Zeit und ein wichtiger Anreger für viele ForscherInnen bis weit ins 20. Jahrhundert. Darüber hinaus ist er einer der geistigen Gründerväter des über die 1920er-und 1930er-Jahre hinaus prägenden philosophischen Zirkels "Wiener Kreis". "Mit seiner interdisziplinären Vorgehensweise hat er auch viele Tore geöffnet, die sich dann verselbstständigt haben", erklärt Wissenschaftshistoriker Stadler.

"Ernst Mach Centenary Conference 2016" (16. bis 18. Juni 2016)
Anlässlich der 100. Wiederkehr des Todestages von Ernst Mach und des 25. Jubiläums des Instituts Wiener Kreis organisiert das Institut Wiener Kreis gemeinsam mit der ÖAW ein internationales Symposium zu Leben, Werk und Wirkung von Ernst Mach. Zielsetzung ist eine kritische Bestandsaufnahme von Machs Lebenswerk auf dem Stand gegenwärtiger Forschung und Historiografie.
Weitere Informationen

In der Philosophie ging es Ernst Mach um die Etablierung einer anderen Herangehensweise als sie die stark metaphysisch geprägte klassische Philosophie verfolgte. "Er wollte sie verwissenschaftlichen und sie näher an die Forschung heranbringen. Das war ein durchaus revolutionäres Projekt", sagt Stadler. Damit habe er die Philosophie, die sich damals in einer Art Superposition über anderen Wissenschaftsdisziplinen gewähnt habe, gewissermaßen vom Sockel geholt.

25 Jahre Institut Wiener Kreis, 5 Jahre an der Universität Wien
Gleichzeitig feiert heuer das Institut Wiener Kreis, das im Jahre 1991 als Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Weltauffassung gegründet wurde, zwei Geburtstage: Es besteht seit 25 Jahren als Verein, und seit fünf Jahren als Subeinheit der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft der Universität Wien.
Zur Website des Instituts Wiener Kreis

"Unglaublich breite Wirkung"

Vielleicht am aktuellsten sei Machs Betonung des Gedankens, dass es nicht eine "selig machende Methode, einen 'Königsweg' zur Erkenntnis gibt, sondern dass es ein ständiges Überprüfen, Forschen und Experimentieren braucht". Die enge Verbindung von "Erkenntnis und Irrtum" – nicht umsonst war das auch der Titel eines seiner Hauptwerke – sei bei ihm besonders greifbar.

Genaueres Nachdenken über die eigene Forschungstätigkeit und deren mögliche Verbindungen zu anderen Disziplinen – wie es Mach Zeit seines Leben getan hat – würde auch dem heutigen sehr schnell getakteten Wissenschaftssystem gut tun, zeigt sich Stadler überzeugt. Denn gerade seine Offenheit und Fähigkeit, wichtige Entwicklungen in anderen Forschungsgebieten zu erkennen, habe es Mach erlaubt "diese, auch bis in die Politik und Kunst zu erzielen".

BUCHTIPP:
Ernst Mach: Populär-Wissenschaftliche Vorlesungen
Ernst-Mach-Studienausgabe, Band 4.
Eingeleitet und bearbeitet von Elisabeth Nemeth und Friedrich Stadler

Weitere Informationen zum Buch

Im Rahmen der dreitägigen Tagung (16. bis 18. Juni 2016) an der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gehen WissenschafterInnen aus aller Welt diesen vielschichtigen Beiträgen und Denkanstößen und ihren Auswirkungen auf die heutige Sichtweise auf die Welt der Wissenschaft nach. Am 15. Juni findet in den Veranstaltungsräumlichkeiten BIG1 der Universität Wien die öffentliche Wiener Vorlesung "Zum 100. Todestag von Ernst Mach" statt. (APA/red)

"Ernst Mach Centenary Conference 2016"

Donnerstag, 16. bis Samstag, 18. Juni
Universität Wien und Österreichische Akademie der Wissenschaften
Programm (PDF)

Wiener Vorlesung "Zum 100. Todestag von Ernst Mach"
Mittwoch, 15. Juni 2016
Universität Wien, Hauptgebäude, BIG 1
Universitätsring 1, 1010 Wien
Nähere Informationen

 Zur Liste