111 Jahre Institut für Pharmakognosie an der Universität Wien

Am 21. Jänner lud die Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien zum Abschiedssymposium für Brigitte Kopp und zur Antrittsvorlesung von Judith Rollinger in den großen Festsaal der Universität Wien ein.

Verena Dirsch, Leiterin des Departments für Pharmakognosie, begrüßte alle Anwesenden zur Festveranstaltung an der Universität Wien, gab anschließend einen historischen Überblick über das Department, bevor sie zu den zwei Festvorträgen des Abends überleitete.

Aus Basel und Uppsala

Den ersten Vortrag hielt Beat Ernst von der Universität Basel mit "Kohlenhydrat – Mimetika – Potential für die Therapie". Pflanzliche Zellen speichern bekanntlich Kohlenhydrate in verschiedener Form und bilden damit Ansätze für kohlenhydratbasierte Wirkstoffe.

Der zweite Festvortrag hatte den Titel "Bioassays in natural product research – 40 years of experience" und wurde von Lars Bohlin von der Universität Uppsala gehalten. Auf der Suche nach neuen Substanzen verband er dazu die Chemie mit der Biologie. Tradierte Anwendungen von Pflanzen sind ein erster Hinweis auf innovative Inhaltsstoffe, wie z.B. bei den Pfleilgiften der indigenen Bevölkerung Südamerikas.

Antrittsvorlesung von Judith M. Rollinger

Judith M. Rollinger, die mit Oktober 2014 berufene Pharmakognostin an der Universität Wien, präsentiert den Festgästen ihren Forschungsschwerpunkt mit dem Vortrag "Leitstruktursuche aus der Natur – Brückenschlag zwischen Empirie und Theorie".

Laudatio zu Ehren von Brigitte Kopp


Die Laudatio für Brigitte Kopp, die im Herbst 2014 in den Ruhestand ging, hielt Ernst Urban, Professor am Department für Pharmazeutische Chemie an der Universität Wien. Er hob das Wirken von Brigitte Kopp hervor, das für die neuere Entwicklung der Pharmazie an der Universität Wien entscheidend war. Es ist ihr außerhalb, aber auch innerhalb der Pharmazie gelungen, die einzelnen Disziplinen zu vernetzen und federführend fachlich hochstehende Projekte vorwärtszutreiben, und das trotz ihrer zahlreichen administrativen Verpflichtungen. Dabei war sie strikt und stets korrekt in ihren Sachentscheidungen, sowohl in der Forschung als auch im administrativen Bereich. Die Netzwerke von Brigitte Kopp waren dabei lokal und international angelegt. Ein Beispiel ist ihr Engagement in der Internationalen Gesellschaft für Arzneipflanzen- und Naturstoff-Forschung, deren Geschicke sie zwölf Jahre lang als Vize-Präsidentin und vier Jahre als Präsidentin prägte.

Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich für Brigitte Kopp

Die Überraschung von Brigitte Kopp am Ende der Festveranstaltung war groß, als sie vom Rektor der Universität Wien, Heinz W. Engl, im Auftrag des Präsidenten der Republik Österreich, Heinz Fischer, das Große Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich in Würdigung ihrer Verdienste überreicht bekam. Die Verleihung dieser hohen Auszeichnung an die renommierte Forscherin und engagierte Universitätslehrerin Brigitte Kopp war gleichsam der "krönende Höhepunkt" dieser gelungenen Veranstaltung.

Die Geschichte des Instituts in Wien


1850 wurde Carl Damian Schroff mit der Lehrkanzel für "Allgemeine Pathologie und Pharmakologie" betraut und bekam zugleich den Auftrag, Pharmakognosie für Mediziner und Pharmazeuten zu lesen. Eine Professur für Pharmakologie und Pharmakognosie erhielt dann August Emil Vogel, der ein Lehr- und Handbuch der Pharmakognosie verfasste. Dem breiter werdenden Wissensschatz wurde 1904 durch die Trennung der beiden Fächer Rechnung getragen. Nach interimistischer Leitung wurde als erster Professor der Pharmakognosie 1908 Josef Möller berufen. Ihm folgte Richard Wasicky von 1921 bis 1938, der auch zwei Jahre Dekan der Medizinischen Fakultät war.

In der Kriegszeit wurde die Leitung des pharmakognostischen Instituts dem Chemiker und Pharmazeuten Adolf Mayrhofer anvertraut. Unter Leopold Fuchs (1946 – 1962) wurden die praktischen Fächer "Rezeptur" und "Galenik" neu gestaltet. Sein Nachfolger, der Chemiker und Pharmazeut Kurt Jentzsch, war zwischen 1965 und 1983 Vorstand am Institut für Pharmakognosie und setzte sich erfolgreich für die Schaffung einer Professur für "Arzneiformenlehre" ein, die 1982 Realität wurde. Der Pharmazeut Wolfgang Kubelka folgte 1983 auf den Lehrstuhl, er war außerdem zwischen 1987 und 1991 Dekan der Formal- und Naturwissenschaftlichen Fakultät. Mit Erweiterung der pharmakognostischen Forschungsgebiete wurden mit den Pharmazeuten Johann Jurenitsch (1991) und Brigitte Kopp (2000) zwei weitere Professoren für Pharmakognosie berufen. Johann Jurenitsch war als erster Pharmazeut von 2001 bis 2013 Vizerektor.

Eine thematische Erweiterung erfuhr das Department 2004 durch die Berufung der Pharmazeutin Verena Dirsch als Nachfolgerin von Wolfgang Kubelka. Durch den von ihr eingerichteten zell- und molekularbiologischen Arbeitsbereich konnten nun verstärkt Wirkungen und Wirkmechanismen von Naturstoffen untersucht werden. Zeitgleich mit dem Ruhestand von Brigitte Kopp gelang es im Herbst 2014, als Nachfolgerin die Pharmazeutin Judith Rollinger an das Department zu holen. Mit ihrem Forschungsbereich wird sie die pharmakognostische Palette um eine rationale Leitstruktursuche aus der Natur, die auch Computermodelle einschließt, erweitern. Mit September 2015 wird der Mikrobiologe Sergey Zotchev als Nachfolger von Johann Jurenitsch eine Professur für Pharmazeutische Biotechnologie antreten. Mit ihm werden auch Wirkstoffe aus mikrobiologischen Quellen einen Schwerpunkt erhalten.

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