Der Sommerdiskurs aus Wirtschaft, Recht und Kultur in Strobl bot auch heuer wieder ein Forum für Diskurs und Ideenaustausch vor der malerischen Kulisse des Wolfgangsees. Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Medien beschäftigten sich vom 2. bis 4. August mit dem Thema "Die vierte Gewalt? – Medien, Wirtschaft und Politik".
Im Sommerdiskurs präsentiert sich die Universität Wien als öffentlicher Raum, als Ort der sozialen Interaktion, als Forum des Nachdenkens und der Diskussion. Auf dem Bild (v.l.n.r.): Michaela Windisch-Graetz, Professorin für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien, OLG-Richterin Irene Faber, KHM-Geschäftsführer Paul Frey und Kunsthistoriker Daniel Uchtmann.
Der Sommerdiskurs, der jedes Jahr im Rahmen der Sommerhochschule (univie: summer school International and European Studies) organisiert wird, feierte heuer sein 10-jähriges Jubiläum. Auch in diesem Jahr konnten wieder hervorragende WissenschafterInnen und ExpertInnen als Vortragende, ModeratorInnen und DiskutantInnen gewonnen werden.
Nach einer Begrüßung durch den Organisator Franz-Stefan Meissel begann die dreitägige Veranstaltung mit zwei abendlichen Eröffnungsverträgen. Insgesamt nahmen dieses Mal mehr als 80 Personen teil. Der Veranstaltungsort, das ehemalige "Bürglgut" in Strobl und heutige Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (BIFEB), bot den inspirierenden Hintergrund.
Key Note Speaker Nikolaus Forgó (am Rednerpult), Professor für IT-Recht, und Daniel Schönberger (links i. Bild), Leiter der Rechtsabteilung von Google Switzerland & Austria, unterstrichen mit ihren Reflexionen über Phänomene wie fake news, hate speech und filter bubbles die Aktualität des Themas "Media and Politics in the Post-Factual Era".
Der Schweizer Jurist und Head of Legal Google Switzerland, Liechtenstein and Austria Daniel Schönberger wies auf die Schwierigkeit hin, wer online die Deutungshoheit und die Verantwortung dafür haben sollte, was Wahrheit ist: die UserInnen, die Provider oder doch die unabhängige Gerichtsbarkeit?
Im Anschluss an dem Eröffnungsvortrag am Mittwochabend wurde zu einem Glas Wein im Seehaus des BIFEB geladen. Informelle Gespräche sind ein wichtiger Teil des Sommerdiskurses.
Wie bereits im vergangenen Jahr nahmen auch am diesjährigen Sommerdiskurs wieder Mitglieder der Vienna Doctoral Academy "Communicating the Law" teil und brachten sich als Vortragende, Workshopleiter und DiskutantInnen in die Debatten ein.
Im Bild Ruth Strondl, Marketing des Kunsthistorischen Museums Wien im Gespräch mit Paul Frey, Geschäftsführer des KHM.
Mit der bewusst provokanten Aussage "Totgesagte leben länger" eröffnete Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien sein Impulsreferat am Podium zum Thema "Sozialpartnerschaft und Öffentlichkeit". Mit ihm diskutierten Thomas Neumann, stv. Generaldirektor der SVA der Gewerblichen Wirtschaft, sowie Silvia Hruška-Frank, stv. Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der Arbeiterkammer Wien.
Geleitet wurde die Diskussion zu "Sozialpartnerschaft und Öffentlichkeit" von Michaela Windisch-Graetz vom Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien (rechts im Bild). Links im Bild: Silvia Hruska-Frank von der Arbeiterkammer Wien. Hruska-Frank betonte, dass die Sozialpartnerschaft vor allem das Problem habe, nicht greifbar oder leicht visualisierbar zu sein. Das liege unter anderem daran, dass die besondere Gesprächskultur der Sozialpartner auch Vertraulichkeit bedeute. Nichtsdestoweniger wären Gesetze wie das Arbeitsverfassungsgesetz ohne die intensiven Verhandlungen der Sozialpartner kaum möglich gewesen.
Thomas Neumann, stv. Generaldirektor der SVA der Gewerblichen Wirtschaft, sah mehr ein grundsätzliches Problem innerhalb der Sozialpartnerschaft. "Die Lage ist ernst", hielt er gleich eingangs fest. In Zeiten der Kürzungen tue man sich schwer in allen Belangen gemeinsame Nenner zu finden.
Parallel zur Podiumsdiskussion "Sozialpartnerschaft und Öffentlichkeit" fanden im Rahmen des Sommerdiskurses drei verschiedene Workshops zum Überthema "New Media and the Dynamics of Contested Democracies" statt. Im Bild der Workshop "Media in Times of Increased Political Polarisation" von Sylvia Kritzinger, Professorin für Methoden der Sozialwissenschaften an der Universität Wien.
Andy Kaltenbrunner, Medienwissenschafter und Gesellschafter des Medienhaus Wien, sprach in seinem gemeinsam mit Daniela Kraus, Geschäftsführerin von fjum – Forum Journalismus und Medien, geleiteten Workshop über Fact-Checking und Journalismus.
Der Workshop von Obstlt Markus Reisner von der Landesverteidigungsakademie mit dem Titel "Fake News and Cyber War" zog besonders viele Interessierte an.
Die Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen der Workshops wurden am Ende der Donnerstagvormittagsveranstaltung "Sozialpartnerschaft und Öffentlichkeit" kurz präsentiert.
Die weiteren Podiumsdiskussionen bewiesen ebenfalls eine vielfältige Relevanz. So widmeten sich die Gäste unter anderem der Frage nach "Public Value und Medienförderung". Es diskutierten Hannah Berger von der Vienna Doctoral Adacemy "Communicating the Law"; Alexandra Föderl-Schmid, Chefredakteurin und Co-Herausgeberin von Der Standard und derStandard.at; Gerhard Hesse, Sektionschef im Bundeskanzleramt und Leiter des Verfassungsdienstes; Alfred Grinschgl, Geschäftsführer der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH für den Fachbereich Medien; Helmut Hanusch, Generalbevollmächtigter der Verlagsgruppe News GmbH und der Medienforscher und -entwickler Andy Kaltenbrunner. Als Moderator fungierte Nikolaus Forgó, ab 1. Oktober 2017 Professor für Technologierecht an der Juristischen Fakultät der Universität Wien.
Die Qualität von Journalismus werde nicht ausreichend gefördert, kritisierte Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid. Zudem herrsche ein Ungleichgewicht zwischen Presseförderung und der Inseratenvergabe durch die Politik.
Am Freitagmorgen führte der mit dem Staatspreis für Wissenschaftspublizistik ausgezeichnete Standard-Journalist Klaus Taschwer durch die Diskussion über die Grenzen von "Information, PR und Lobbying". Das Podium war besetzt mit erfolgreichen ExpertInnen aus der Praxis: Othmar Karas, Mitglied des Europäischen Parlaments, Saskia Wallner, Geschäftsführerin von Ketchum Publico und Ketchum Global Partner; Josef Schmidinger, Geschäftsführer Wohnbau Erste Bank und Paul Frey, Geschäftsführer des KHM-Museumsverbandes.
PR-Expertin und Rechtswissenschafterin Saskia Wallner erklärte den anwesenden Gästen, wie sich die Bereiche Social Media, Werbung, PR und Lobbying voneinander unterscheiden und wie sie genutzt werden können.
EU-Parlamentarier Othmar Karas appellierte an die persönliche Verantwortung von PolitikerInnen und forderte mehr Lobbying in der Bevölkerung zugunsten der Europäischen Union. Im Bild Othmar Karas mit der Vortragenden der Sommerhochschule Verica Trstenjak, Professorin für Europarecht an der Universität Wien.
Parallel zur Veranstaltung "Zwischen Information, PR und Lobbying" in deutscher Sprache fanden wieder drei englischsprachige Workshops statt. Sie widmeten sich "True Lies: Disinformation and How to Cope with It". Im Rahmen des Workshops von Ursula Kriebaum, Professorin für Völkerrecht an der Universität Wien, befassten sich die TeilnehmerInnen mit "Investment Arbitration" und der Kritik daran. Ausgangspunkt waren zwei Artikel in The Guardian und The Economist, die Intransparenz der Schiedsgerichte anprangern. Die TeilnehmerInnen des Workshops schlüpften in die Rolle von JournalistInnen und unterzogen die Zeitungsartikel einem Faktencheck.
Im Kurs "The Hungarian National Consultation" wurden die TeilnehmerInnen damit beauftragt die Fragestellung und Wortwahl des ungarischen Referendums über die umstrittenen EU-Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen kritisch zu hinterfragen und zu analysieren. Angeboten wurde dieser Workshop von Bernhard Schima, Assistent des Generaldirektors des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission.
Der Sommerdiskurs bot auch ein umfangreiches kulturelles Rahmenprogramm. Ein Kammerkonzert mit Mitgliedern der Wiener Philharmoniker erfüllte die Strobler Pfarrkirche mit Mozart und Schubert.
Auch die Studierenden der Sommerhochschule der Universität Wien erfreuten sich an der Kammermusik in der barocken Pfarrkirche von Strobl.
Zum Ausklang konnte am Freitagnachmittag mit Hilfe von Kunsthistoriker Daniel Uchtmann und dem Direktor des Kunsthistorischen Museums Wien, Paul Frey, das Motiv des Voyeurismus in der Kunst ergründet werden.
Der Sommerdiskurs 2017 endete mit einer Schifffahrt von Strobl nach St. Wolfgang und einem feierlichen Abschlussessen im Weißen Rössl. (Fotos: SHS)