"Kaffeeklatsch" mit NobelpreisträgerInnen
Redaktion (uni:view) | 19. Oktober 2012Topforschung zum Anfassen: Am 17. und 18. Oktober 2012 trafen an der Universität Wien NobelpreisträgerInnen der Chemie und Medizin auf NachwuchsforscherInnen und Studierende der Universität Wien.

Frühstücken mit NobelpreisträgerInnen: Im Rahmen des 7. Wiener NobelpreisträgerInnenseminars luden die Universität Wien und der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten am Mittwoch, 17. Oktober, zu einem exklusiven Frühstück mit den NobelpreisträgerInnen Elizabeth Blackburn und Thomas Steitz ein. Mit dabei waren neben WissenschaftsjournalistInnen auch Studierende des Zentrums für Molekulare Biologie/Max F. Perutz Laboratories und der Fakultät für Chemie der Universität Wien.

Elisabeth Mattes, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit (li.), begrüßte seitens der Universität Wien die beiden Ehrengäste, die JournalistInnen sowie die Studierenden im Senatsasaal im Hauptgebäude der Universität Wien. Elizabeth Blackburn (re.) erhielt 2009 gemeinsam mit Carol W. Greider und Jack W. Szostak den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der Telomer- und Telomerase-Forschung.

Oliver Lehmann, Vorsitzender des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten Österreichs (re.), hieß Elizabeth Blackburn und Thomas Steitz, seine KollegInnen und die Studierenden herzlich willkommen und gab nach einer kurzen Vorstellung der Ehrengäste gleich das Wort an diese weiter.

Nach einem Überblick über ihre Forschungsarbeiten stellten sich Elizabeth Blackburn und Thomas Steitz, der 2009 gemeinsam mit Venkatraman Ramakrishnan und Ada Yonath mit dem Nobelpreis für Chemie für Studien zu Struktur und Funktion des Ribosoms ausgezeichnet wurde, den interessierten Fragen der Studierenden und JournalistInnen – bei Kaffee und Croissants in angenehmer und lockerer Atmosphäre.

Begegnung in festlicher Atmosphäre: Das Frühstück im Senatsaal war aber nur der Anfang zweier dicht geplanter Tage voller spannender wissenschaftlicher Begegnungen. Am Abend des selben Tages hatten alle Interessierten bei einem öffentlichen Festvortrag im Großen Festsaal der Universität Wien die Möglichkeit, mehr über die Forschung der beiden NobelpreisträgerInnen Blackburn und Steitz zu erfahren.

Vizerektorin Susanne Weigelin-Schwiedrdzik begrüßte die renommierten Gäste und zeigte sich sehr geehrt über ihren Besuch an der Universität Wien. Sie verwies u.a. auf deren Rolle als Vorbilder für junge WissenschafterInnen und betonte das Anliegen der Universität Wien, ein fruchtbares Forschungsumfeld, das auch risikoreiche Grundlagenforschung ermöglicht, zu erhalten und zu stärken – was eben immer auch eine Frage der finanziellen Mittel sei, womit die Vizerektorin für Forschung und Nachwuchsförderung auch an die österreichische Forschungspolitik appellierte.

Auch Helmuth Hüffel, Präsident des Vereins Wiener NobelpreisträgerInnenseminar, dankte den beiden Vortragenden für ihr Kommen und wünschte dem Publikum einen spannenden Abend. Heuer wird bereits das 7. Wiener NobelpreisträgerInnenseminar ausgetragen – in diesem Jahr in Kooperation zwischen der Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien, der Veterinärmedizinischen Universität Wien und den "Wiener Vorlesungen" der Stadt Wien.

Bernhard Keppler, Dekan der Fakultät für Chemie, der den Abend moderierte, sprach einführende Worte aus der fachlichen Perspektive und gab Einblick in die Biographien und Forschungserfolge von Elizabeth Blackburn und Thomas Steitz.

Im Publikum saßen neben einigen "alten Bekannten" aus der österreichischen Forschungscommunity – wie den RNA-Forscherinnen Renée Schroeder (re.) und Andrea Barta (2.v.re.), beide Leiterinnen von Forschungsgruppen an den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien – vor allem NachwuchsforscherInnen und Studierende aus Disziplinen wie Genetik, Biochemie und Immunbiologie sowie verwandter Bereiche, die im Anschluss Fragen in Zusammenhang mit ihren eigenen Forschungsthemen an die NobelpreisträgerInnen stellten.

Die Medizin-Nobelpreisträgerin Blackburn referierte zu "Mechanism of Responses of Cells and Organisms to Altered Telomere Maintenance" und erörterte ihre Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen der Länge der Telomere – den Enden der Chromosomen – und verschiedenen Krankheiten des Alters sowie der Lebenserwartung allgemein. Im Laufe des Lebens werden Telomere immer kürzer; auch chronischer Stress verkürzt diese "Schutzkappen" der DNA.

Chemie-Nobelpreisträger Thomas Steitz sprach über den Weg von der Grundlagenforschung zur Struktur und Funktion des Ribosoms hin zu neuen Antibiotika. Er hob besonders die Leistungen seines gesamten Forschungsteams hervor und sprach von drei ausschlaggebenden Kriterien für erfolgreiche Forschung: eine gute Idee, ein hervorragendes Team und eine ausreichende Finanzierung.

Nach dem anhaltenden Applaus ...

... und der abschließenden Fragerunde – im Bild die Hertha-Firnberg-Stipendiatin Lucia Aronica aus der Forschungsgruppe von Renée Schroeder, die ihre Frage an Elizabeth Blackburn richtete – ...

... nahmen sich die beiden weltberühmten ForscherInnen Zeit, Autogramme zu geben, ...

... bevor die festliche Veranstaltung mit einem Buffet im Kleinen Festsaal ausklang. Aber nicht für alle war an diesem Tag die Begegnung mit hochkarätigen ForscherInnen schon zu Ende: Dekan Bernhard Keppler war bereits zum nächsten Termin – dem Besuch von Nobelpreisträger Sidney Altman – geeilt.

NobelpreisträgerInnen auf Tour durch die Standorte der Universität Wien: An der Fakultät für Chemie trafen am Mittwoch, 17. Oktober, um 17 Uhr ForscherInnen dreier Forschungsplattformen der Universität Wien sowie NachwuchswissenschafterInnen mit dem Chemie-Nobelpreisträger Sidney Altman (re. im Bild, li. Bernhard Keppler) zusammen.

Sidney Altman, geb. 1939 in Montreal (Kanada), ist Professor an der Yale University und hat 1989 gemeinsam mit Thomas R. Cech den Nobelpreis für Chemie für die Entdeckung der katalytischen Eigenschaften von RNA (Ribonukleinsäure) erhalten.

Durch Altmans Entdeckung eines Enzyms, das eine Kombination einer RNA und eines Proteins ist, entstanden neue Möglichkeiten, sich die Entwicklung des Lebens aus relativ einfachen Molekülen vorzustellen – spannende Anküpfungspunkte für die anwesenden ChemikerInnen der Universität Wien, wie etwa Ivo Hofacker, Vorstand des Instituts für Theoretische Chemie der Universität Wien.

Auch hier hatten junge wie erfahrene ForscherInnen der Universität Wien die Gelegenheit, face to face mit einem der großen Vorbilder des Fachs zu diskutieren, ....

... Fragen zu stellen und – in entspannter Atmosphäre bei Brötchen und dem einen oder anderen Gläschen Wein – neue Ideen auszutauschen.

Am nächsten Tag, dem Donnerstag, 18. Oktober, ging es in den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien weiter, wo Elisabeth Blackburn einmal mehr auf junge KollegInnen – und, wer weiß, vielleicht einen oder eine NobelpreisträgerIn in spe? – traf.

Bei der von Renée Schroeder organisierten Diskussionsrunde konnten die PhD-Studierenden und Postdocs die Nobelpreisträgerin persönlich kennenlernen, ...

... die gerne und ausführlich auf alle Fragen einging und auch einige Tipps gab. "Anywhere you go, there are unquestioned dogmas we must watch out for", riet die Expertin den jungen KollegInnen.

Zeitgleich stattete der Nobelpreisträger Thomas Steitz der Fakultät für Chemie einen Besuch ab. Nach der Begrüßung durch Walther Schmid, Vizedekan der Fakultät und Vorstand des Instituts für Organische Chemie, erklärten die VorständInnen der verschiedenen Institute bei Kaffee und Kuchen die Strukturen ihrer Fakultät und führten ihren berühmten Fachkollegen in ihre Forschungsbereiche ein. (v.l.n.r.: Christian F. W. Becker, Vorstand des Instituts für Biologische Chemie, Nobelpreisträger Thomas Steitz, Vizedekan Walther Schmid sowie der Präsident des Vereins Wiener NobelpreisträgerInnenseminar Helmuth Hüffel)

V.l.n.r.: Doris Marko, Vorständin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie, beschäftigt sich vor allem mit zellulären Wirkmechanismen von Lebensmittelinhaltsstoffen und deren Relevanz für die Lebensmittelsicherheit. Die Forschung von Veronika Somoza, Vorständin des Instituts für Ernährungsphysiologie und Physiologische Chemie (Bildmitte), dreht sich ebenfalls um Lebensmittel – in erster Linie um Kaffee. Christopher Gerner ist Vorstand des Instituts für Analytische Chemie und seit März 2012 Professor an der Universität Wien, wo er sich unter anderem mit Proteom-Profiling von primären menschlichen Zellen und (Tumor-) Geweben beschäftigt und zelluläre Reaktionen auf Wirkstoffe analysiert.

Christian F. W. Becker ist Vorstand des Instituts für Biologische Chemie. Am 5. November hält er seine Antrittsvorlesung zum Thema "Chemisch maßgeschneiderte Proteine für die biologische Forschung". Der Nobelpreisträger stellte auch einige Fragen an die WissenschafterInnen zum österreichischen Hochschulsystem im Allgemeinen und die Diskussion endete beim Thema Studiengebühren und wie frei Bildung sein soll.

Die NachwuchswissenschafterInnen nutzen die einmalige Gelegenheit und plauderten mit dem Nobelpreisträger über ihre Forschungsarbeit und wissenschaftlichen Ziele.

So auch PhD-Studentin Kathrin Liszt, die Thomas Steitz von ihrer Forschungsarbeit unter der Leitung von Veronika Somoza zum schwarzen Muntermacher erzählte und dem Amerikaner bei der Gelegenheit den österreichischen Kaffee schmackhaft machte. (Fotos: Universität Wien, außer 16-20: Peter Wienerroither/Universität Wien, 21-23: Georg Bauer/Max F. Perutz Laboratories)