Im Rückblick: Dies Academicus 2018
Redaktion (uni:view) | 13. März 2018Am 12. März 2018 beging die Universität Wien ihren 653. Jahrestag mit einem Festakt im Kleinen Festsaal. Der Dies Academicus 2018 gab aber nicht nur Anlass zum Feiern, sondern auch zum Gedenken: Vor 80 Jahren ereignete sich der "Anschluss" Österreichs an Nazideutschland.
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Auf dem Festprogramm zum Dies Academicus standen dieses Jahr die "Promotion sub auspiciis", die Verleihung der Ehrendoktorate sowie der Bank Austria-Forschungspreise und Doc.Awards.
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Rektor Engl begrüßt die zahlreichen Gäste, die am 12. März im Kleinen Festsaal zusammen gekommen sind, um die Gründung der Alma Mater Rudolphina Vindobonensis zu feiern. Doch an diesem Tag gibt es auch allen Anlass, den "untragbaren geschichtlichen Ereignissen" zu gedenken: Der "Anschluss" Österreichs an Nazideutschland jährt sich zum 80. Mal.
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Die diesjährigen Ehrendoktorate gebühren dem Chemiker Robert A. Shaw und dem Biochemiker sowie Immunologen Isaac P. Witz, die beide 1939 aus Österreich fliehen mussten. Rektor Engl bedankt sich, dass sie das Ehrendoktorat annehmen – "von einer Universität, an der sie unter normalen Umständen vielleicht studiert hätten" – und damit ihre Verbundenheit zur Universität Wien und der Stadt Wien zeigen.
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Am Dies Academicus werden traditionsgemäß die Ehrenringe der Republik Österreich im Rahmen einer "Promotio sub auspiciis Praesidentis rei publicae" durch den Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen verliehen. Rektor Engl gratuliert dem Politikwissenschafter Alexander Degelsegger-Márquez (2. v. li.), dem Germanisten Mattias Schmidt (3. v. li.) und dem Mathematiker Christoph Harrach (3. v. re.). Die unterschiedlichen Arbeitsgebiete der Promovenden "sub auspiciis" zeigten auch die wissenschaftliche Breite der Universität Wien, so Rektor Engl.
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Anna Babka gibt in ihrer Laudatio einen "notgedrungen kurzen Einblick" in das Schaffen und Denken von Mattias Schmidt. Bereits in der Schule habe er – laut "geheimer Quellen" – PhilosophInnen studiert. Die Philosophie – namentlich die von Walter Benjamin und Siegfried Kracauer – begleitete ihn auch in seinem Dissertationsprojekt "Versehrtes Erkennen" , mit dem er neue wissenschaftliche Standards setzen konnte.
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"Was kann man in drei Minuten sagen? Immer nur ein kleines Stück" – so beginnt Dekanin Ulrike Felt ihre Laudatio für Alexander Degelsegger-Márquez, der unter ihrer Leitung im Bereich Wissenschaftsforschung dissertierte. Alexander Degelsegger-Márquez bringe ein tiefes Vergnügen an Feldarbeit und Forschung mit, verfüge über methodologische Kenntnisse und innovative Fähigkeiten. Was darüber hinaus zu seinen guten Eigenschaften gehöre, sei "sein guter Humor", fügt Felt mit einem Lächeln hinzu.
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"Einer der begabtesten Studierenden", so beschreibt Mathematiker Andreas Cap "seinen" Promovend Christoph Harrach. Christoph Harrach erreichte stets ausgezeichnete Resultate, die auch von internationalen GutachterInnen als hervorragend bewertet wurden. "Das ist erst der Beginn", prophezeit Andreas Cap und wünscht viel Erfolg.
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"Sie waren nach dem 'Anschluss' gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Nur die Flucht konnte ihnen helfen, die Forschung weiterzuführen, die wir heute mit einem Ehrendoktorat würdigen" – in einer berührenden Ansprache stellt Bernhard Keppler, Dekan der Fakultät für Chemie, seine Fachkollegen und die heutigen Ehrengäste vor: Chemiker Robert A. Shaw und Biochemiker sowie Immunologe Issac P. Witz.
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Stellvertretend für die drei ausgezeichneten Promovenden "sub auspicis" spricht Alexander Degelsegger-Márquez Dank aus: An die Alma Mater für das Ausrichten des eindrucksvollen Festaktes, an die BetreuerInnen für die Unterstützung, an den Bundespräsidenten für die gewonnene Wahl sowie an FreundInnen, KollegInnen und Bekannte für das "Licht im Dunkeln". Doch auch kritische Worte fielen: "Wir haben das Glück, in das institutionalisierte Schema der Leistungsfähigkeit zu passen."
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"I wish to thank the University of Vienna for conferring this honorary doctorate on me", so Robert A. Shaw in seiner Rede. Doch die Entscheidung, an dem Festakt teilzunehmen, sei ihm nicht leicht gefallen: "For Austria's Jewish Citizen, the Anschluss was catastrophic." Er endet seine Ansprache, indem er sich bei seiner Familie, vor allem seiner Frau, bedankt und widmet das Ehrendoktorat seinen Grundprinzipien: "Love and Friendship, Tolerance and Respect and, above all, Justice!"
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"Das Ehrendoktorat, das ich heute erhalte, hätte insbesondere meine Eltern sehr stolz gemacht", erzählt Chemiker Isaac P. Witz am RednerInnenpult. Für ihn ist die Krebsforschung die Brücke zwischen seiner neuen und alten Heimat: "Ich bin 1939 mit meinen Eltern vor Kriegsausbruch nach Palästina geflohen. Erst in den 1970er Jahren konnte ich durch die Krebsforschung, insbesondere durch Michael Micksche, wieder Kontakte zur alten Heimat knüpfen." Er bedankt sich herzlich bei Rektor Engl, Dekan Keppler, seinen FachkollegInnen sowie seiner Familie für die Auszeichnung.
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"Ausgerechnet der 12. März, der Gründungstag der Universität Wien, fällt mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich 1938 zusammen. Der Gegensatz dieser beiden Ereignisse könnte diametraler nicht sein. Auf der einen Seite die Entstehung einer Institution, die sich der Wahrheitsfindung aufgrund des Austauschs rationaler Argumente verpflichtet hat. Auf der anderen Seite die Machtergreifung einer Bewegung, die Vernunft durch eine menschenverachtende Ideologie ersetzt hat", so Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der am Dies Academicus zum ersten Mal offiziell an seiner Heimatuniversität ist.
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"Wir dachten, das alles ist Vergangenheit. Doch die jüngsten Ereignisse, auch an den Universitäten, zeigen, dass dem nicht so ist. Wir haben die Verantwortung, dass so etwas nicht wieder passiert", mit diesen Worten schließt Rektor Engl den Festakt.
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Anschließend an die akademische Feier findet die alljährliche Stipdendienverleihung an erfolgreiche NachwuchswissenschafterInnen statt. Im Bild die GewinnerInnen der Bank Austria-Forschungspreise 2018 sowie der Doc.Awards 2018.
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Nach der Eröffnung durch Vizerektor Jean-Robert Tyran (re.) präsentiert Brigitte Naderer (Bildmitte) von der Fakultät für Sozialwissenschaften als Gewinnerin des Bank Austria Forschungspreises ihr Projekt "Der Einfluss von Produktplatzierungen in Kinderfilmen. Inhalte, Wirkungen und Aufklärungsmaßnahmen". Den Preis überreicht Ulrike Zimmerl von der Bank Austria (li.).
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Die beiden Anerkennungspreise des Bank Austria Forschungspreises gehen an Laura Wiesböck von der Fakultät für Sozialwissenschaften für das Projekt "Facets of cross-border commuting in the Central European Region and the (Re)Production of Inequalities" …
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... sowie an Oswald David Kothgassner von der Fakultät für Psychologie für sein Projekt "Der Einfluss virtueller sozialer Interaktionen auf die subjektive, physiologische und endokrinologische Stressantwort".
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Es folgte die Verleihung der Doc.Awards 2018. Diese werden jährlich von der Stadt Wien für JungwissenschafterInnen aller Fachrichtungen und deren hervorragende Forschungsleistungen im Rahmen ihrer Dissertation gestiftet. Die PreisträgerInnen 2018 sind: Linda Dezső, Jakob-Moritz Eberl, Vera Faber, Markus Faulhuber, Felix Kernbichler, Iva Lučić, Jessica Richter, Desirée Schmuck, Florian Scholz, Kamila Staudigl-Ciechowicz, Dominic Williamson und Mario Krenn. (Alle Fotos: Robert Harson)
Für alle, die nicht mitfeiern konnten: Hier gibt es den Videomitschnitt vom Dies Academicus 2018.