Auf Humboldts Spuren in Teneriffa
Gastbeitrag der ExkursionsteilnehmerInnen | 15. September 2017In Lavahöhlen klettern, einen Lorbeerwald durchforsten und über alternative Energieerzeugung lernen: Eine zehntägige Exkursion führt Geographiestudierende der Uni Wien unter der Leitung von Sabine Kraushaar auf die Vulkaninsel Teneriffa. Für uni:view berichten sie von ihren Erlebnissen vor Ort.
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Seit 9. September sind wir auf der größten Kanarischen Insel unterwegs. An verschiedenen Orten widmen wir uns dem Ökosystem der Insel, der Landschaftsentstehung, den Ressourcen und der Nutzung – dabei legen wir auf die Inselrealitäten, wie dem hohem Tourismusaufkommen, der Frischwasserversorgung und Müllentsorgung, besonderes Augenmerk. Wir treffen auch ExpertInnen verschiedener NGOs und Universitäten, besteigen den 3.718 Meter hohen Teide und tauchen und schnorcheln der Küste entlang, um etwas über die Unterwassergeomorphologie zu lernen. (Roque Chinchado mit Pico del Teide im Hintergrund/ Foto: S.Hoya/Flickr, CC BY 2.0 )
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Gleich am ersten Tag thematisieren wir das Teide Massiv im Rahmen einer Wanderung. Das Massiv entstand durch den Kollaps des Las Cañadas Vulkanes (Schichtvulkan) vor 200.000 Jahren, wo heute noch im Süden der Rand der Caldera zu erkennen ist. Der Teide, mit seinen 3.718 Metern der höchste Berg Spaniens, erhob sich in Mitten der Caldera, den wir am nächsten Tag besteigen werden. Im Hintergrund des Bildes ist der für Teneriffa bekannte "göttliche Finger" zu erkennen. Dabei handelt es sich um Ablagerungen unterschiedlichen pyroklastischen Materials. Diese Formation ist ein Relikt des Schichtenaufbaus des Las Cañadas Vulkanes. (Foto: Julia Schenk)
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Während der Fahrt ins Teide Massiv passieren wir mehrere Höhenstufen. Auf etwa 1.000 Meter Seehöhe durchbrechen wir die Wolkendecke und haben einen ersten Ausblick auf den Teide. Auf Grund der topographischen Barrieren des Teide Vulkans und des Anaga Gebirges wird an der Nordseite diese Wolkendecke, die durch die Passatwinde entsteht, als Inversionswetterlage sichtbar. (Foto: Ananja Knöbel)
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Nach der Bearbeitung des Teide Vulkanismus steht ein berühmter Wissenschafter unter uns: Alexander von Humboldt. Er erzählt uns über seine Forschungsreise im Jahr 1799 nach Teneriffa, wo er als Universalwissenschafter viel zu erkunden hat und berichtet von seinen Vorhaben, den Teide zu besteigen und eine Vegetationskartierung durchzuführen. In der Caldera Las Cañadas, die in der Suprakanarischen Vegetationsstufe liegt, gibt es einige endemische Pflanzenarten, wie Teideveilchen, Teideginster, Teiderauke und die Teidepimpinelle. (Foto: Isablle Reiter)
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Wir steigen auf eine Aussichtsplattform der Los Roques de Garcia und blicken auf die Lavaströme aus dem Jahr 1798. Dabei erfahren wir, dass das Alter eines Laverstroms auf Grund seines Verwitterungsstandes und dessen Farbdifferenzierung abgeschätzt werden kann. Vor dem Lavastrom erkennen wir fluvial umgelagertes Feinmaterial sowie äolische Ablagerungen – in diesem Fall "climbing dunes" (heller Bereich vor dem Lavastrom). An den Hängen der Caldera des Las Cañadas Vulkanes lassen sich geomorphologische Erosionsformen, wie Gullys, Schwemmkegel und Gerinne finden. Die im Vordergrund zu sehenden Los Roques de Garcia sind Schlote und Dykes des Las Cañadas Vulkans. (Foto: Lucia Felbauer)
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Am zweiten Exkursionstag erklimmen wir den höchsten Gipfel Spaniens, den Pico del Teide. Um unsere Körper ein wenig an den Höhenunterschied von 3.500 Meter zu gewöhnen, machen wir vor dem endgültigen Aufstieg einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt. Von dort haben wir den Krater des Pico Viejo im Blick. Dieser parasitäre Kegel an Teides Nordwesthang entstand, als der Teide sein lithostatisches Maximum erreichte. Aufsteigendes Magma suchte den Weg des geringsten Widerstands und bildete an der Seitenflanke einen neuen Krater. (Foto: Julia Schenk)
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Begleitet vom Schwefelgeruch der Solfataren erreichen wir gegen Mittag den Gipfel des Pico del Teide auf 3.718 Meter Seehöhe. Da der Teide nach wie vor aktiv ist, strömt hier ein Gemisch aus Schwefelwasserstoff, Kohlendioxyd und Wasserdampf aus. Dabei sublimiert es und bildet Schwefelkristalle, die in vergangenen Zeiten auch abgebaut wurden. Im Gegensatz zu den 38 Grad Celsius bei der Calderawanderung, empfing uns der Gipfel mit sieben Grad Celsius und starkem Wind. (Foto: Julia Schenk)
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Am Rückweg passieren wir die Montana Blanca, wo wir die spektakulären Teide-Eier (Huevos del Teide) bewundern. Diese entstanden, als sich Brocken der zähen Aa-Lava vom Lavastrom lösten, den Berg hinabrollten, dabei nach dem Schneeballprinzip Material aufnahmen und ihre charakteristische Kugelform erhielten. Sie kamen unter anderem auf Flächen von Bimsstein zu liegen, ein Pyroklast (Auswurfsprodukt), der sich bei der Entgasung von Lava als Gesteinsschaum an der Oberfläche bildet und dadurch seine poröse Gestalt erhält. (Foto: Julia Schenk)
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Im Gegensatz zu anderen Effusivgesteinen weisen Obsidiane keine Porosität auf und werden deshalb auch oft als vulkanisches Glas bezeichnet. Der Abkühlungsprozess passiert hier sehr rasch, wodurch keine sichtbaren Kristalle gebildet werden und eine glatte, glänzende schwarze Oberfläche entsteht. Deshalb werden sie heute gern als Schmucksteine verwendet – die Ureinwohner Teneriffas, die Guanchen, verwendeten die Steine als Werkzeuge. (Foto: Nora Schopper)
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Im Anaga-Gebirge unternehmen wir eine Wanderung durch die tertiären Lorbeerwälder Teneriffas. Diese sind ein Relikt der vergangenen tropischen Regenwälder, die jenen Südostasiens ähneln. Trotz der allgegenwärtigen Trockenheit im Süden der Insel ist in diesem Bereich dank der starken Nebelbildung ausreichend Feuchtigkeit vorhanden. Ausschlaggebend dafür sind die Passatwolken, die dort auf das Anaga-Gebirge treffen. Aufgrund dieser Bedingungen ist das die Zone mit der höchsten Biodiversität. Ab dem 16. Jahrhundert begann die Abholzung der Wälder, um landwirtschaftliche Flächen zu schaffen und Holzkohle zu gewinnen. (Foto: Julia Schenk)
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Die Feigenkakteen (Opuntien) im Vordergrund sind ein invasiver Neophyt, die sich über die gesamte Insel auf fast allen Höhenstufen verbreiten. Das passiert sehr schnell und unkontrolliert, weshalb die Kakteen den einheimischen Pflanzen Lebensraum wegnehmen. Im 18. Jahrhundert wurden sie auf die Insel gebracht, um den roten Farbstoff aus den Schildläusen, welche die Kakteen befallen, zu gewinnen. Auch die im Hintergrund sichtbare Agave wurde eingeführt. Die Fasern ihrer Blätter wurden in der Vergangenheit zur Herstellung von Schiffstauen verwendet. Ihr Saft eignet sich übrigens nicht für die Produktion von Agavendicksaft.
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Anschließend beschäftigen wir uns mit Bergstürzen auf Teneriffa. Vom Pico del Teide aus sehen wir einen im Orotava-Tal. Beim Übergang vom vulkanischen Gestein (braun im Bild) zu den Kieferwäldern (grün im Bild) erkennt man die Abrisskante des Bergsturzes. Dieser fand vermutlich vor etwa einer Million Jahre statt, wobei 500 Kubikkilometer Material in Bewegung gesetzt wurde, das heute Großteils im submarinen Bereich zu finden ist. (Foto: Julia Schenk)
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Aufgrund der starken Wolkenbildung durch den Passat erkennen wir nur die östlich exponierte bis zu 500 Meter hohe Abrisskante der Orotavarutschung. Diese hat ein sehr flaches Tal hinterlassen, wo die Städte Orotava und Puerto de la Cruz liegen. Das auch landwirtschaftlich genutzte Tal ist in drei Zonen unterteilt: Im oberen Bereich werden Weintrauben, darunter Kartoffeln und in Küstennähe Bananen angebaut. Lesen Sie hier Teil 2 (Foto: Clara Pesendorfer)
Zu Teil 2 des Exkursionsberichts
Die Fachexkursion nach Teneriffa findet von 9. September bis 19. September 2017 unter der Leitung von Dipl.-Geogr. Dr. Sabine Kraushaar vom Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien statt. Den Beitrag verfassten die Studierenden Ananja Knöbel, Lucia Felbauer, Isabelle Reiter, Julia Schenk, Nora Schopper, Irene Winkler, Felix Woduschek, Clara Pesendorfer und Felix Pekárek für uni:view.