Zwei hochdotierte ERC Starting Grants für die Universität Wien

Zwei Forscherinnen der Universität Wien – Dagmar Woebken vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung und Angela Hancock vom Department für Strukturbiologie und Computational Biology – erhalten hochdotierte "Starting Grants" des Europäischen Forschungsrats.

Mit ihren ERC Starting Grants haben die mikrobielle Ökologin Dagmar Woebken von der Fakultät für Lebenswissenschaften und die Evolutionsbiologin Angela Hancock von den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) insgesamt über drei Millionen Euro Drittmittel für ihre Grundlagenforschung an der Universität Wien eingeworben.

"Ich freue mich sehr über die erfolgreiche Teilnahme am aktuellen ERC-Call. Damit zeigt die Universität Wien einmal mehr ihre Forschungsstärke, mit der sie international sehr gut positioniert ist", sagt Heinz W. Engl, Rektor der Universität Wien. Seit 2007 wurden an der Universität Wien insgesamt 27 ERC-Grants eingeworben.

Dagmar Woebken sucht nach den wichtigen mikrobiellen Akteuren im Boden

Dagmar Woebken vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Fakultät für Lebenswissenschaften erhält den ERC Starting Grant für ihr Forschungsprojekt "Revealing the function of dormant soil microorganisms and the cues for their awakening". Die mikrobielle Ökologin hat an der Leibniz Universität Hannover Biologie studiert und am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen ihr Doktorat absolviert. "Schon damals faszinierte es mich, dass Mikroorganismen, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind, die globalen Nährstoffkreisläufe antreiben und damit erst Leben auf der Erde ermöglichen", sagt Dagmar Woebken.

Sie kam 2012 nach vier Jahren an der Stanford University (USA) an die Universität Wien, um hier ihre eigene Arbeitsgruppe aufzubauen. "Ich fand an der Universität Wien eine sehr unterstützende Umgebung und eine hervorragende technische Ausstattung vor, wie z.B. ein Sekundärionen-Massenspektrometer (NanoSIMS), das ich für meine Untersuchungen dringend benötige", so Woebken.

Böden enthalten die diversesten mikrobiellen Gemeinschaften, die wir auf der Erde kennen. Es wird allerdings angenommen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt nur ungefähr 20 Prozent der Mikroorganismen im Boden aktiv sind: Die Mehrheit ist dormant, befindet sich also in einer Art Ruhezustand. Diese große Vielfalt an dormanten Mikroorganismen sorgt dafür, dass wichtige Ökosystemprozesse unter verschiedenen Umweltbedingungen stattfinden können – unter unterschiedlichen Bedingungen sind also jeweils andere Mikroorganismen aktiv und erhalten damit grundlegende Ökosystemfunktionen.
Die Signale, durch die diese dormanten Mikroorganismen "reanimiert" werden, sowie ihre genauen Aktivitäten in globalen Nährstoffkreisläufen, sind noch immer weitgehend unbekannt.


Die Welt der Mikroorganismen birgt noch viele Geheimnisse. Was treibt die kleinen Lebewesen an? Warum sind sie lebensnotwendig für uns? Und wie beeinflussen sie unser Klima? Dagmar Wöbken, Mikrobiologin an der Universität Wien, sucht nach Antworten.
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Ziel des mit dem ERC Starting Grant ausgezeichneten Projekts von Dagmar Woebken ist es nun, für einige ausgewählte Prozesse im Boden die dormanten Mikroorganismen zu identifizieren und ihre Beteiligung an den Prozessen sowie jene Mechanismen zu entschlüsseln, die ihre Aktivität und Dormanz regulieren. "Dadurch werden wir Einblicke in die Diversität, die Genetik und die Funktion von dormanten Mikroorganismen im Boden erhalten und damit Erkenntnisse über ihren Einfluss auf die Stabilität von globalen Prozessen gewinnen", so Dagmar Woebken abschließend.

› Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Fakultät für Lebenswissenschaften
› Division of Microbial Ecology des Departments für Mikrobiologie und Ökosystemforschung
› NanoSIMS der Universität Wien

Angela Hancock holt die Kapverden ins Labor und erforscht evolutionäre Adaptionsprozesse

Angela Hancock forscht seit 2011 an den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien. Mit dem ERC Starting Grant für das Projekt "Unraveling the history of adaptation in an island model: Cape Verde Arabidopsis" hat sie erfolgreich 1,6 Millionen Euro für die Grundlagenforschung eingeworben.

Die Evolutionsbiologin studierte an der University of Utah Biologie und Anthropologie und schloss 2009 ihr Studium mit einem PhD an der University of Chicago ab. Dort forschte sie als Postdoc, bevor sie 2011 zum Bio-Mathematiker Joachim Hermisson an das Department für Strukturbiologie und Computational Biology der Universität Wien, das an den Max F. Perutz Laboratories angesiedelt ist, wechselte.

Hier erforscht Angela Hancock die molekularen Grundlagen der adaptiven Evolution, also der Anpassung von Organismen an ihre Umgebung. Ihr Modellsystem werden die ERC-Preisträgerin und ihr Team auf den Kapverden sammeln: Dort gibt es ursprüngliche – evolutionär unveränderte – Arabidopsis-Pflanzen, an denen sich die Anpassung an extreme Umweltbedingungen untersuchen lässt.


Auf den Kapverdischen Inseln wachsen ursprüngliche Arabidopsis-Pflanzen, die evolutionär unverändert sind. Sie dienen Angela Hancock als Modellsystem, um zu untersuchen, wie sich die Plfanzen an Umweltbedingungen anpassen. (Foto:
Andrea Fulgione)
zur Website von Angela Hancock



Um einen solchen Anpassungsprozess im Labor nachzustellen, wird das Team rund um Angela Hancock eine Vielzahl molekularbiologischer Techniken einsetzen: Neben populationsgenetischen Analysen, Merkmal-Mapping und dem gezielten Verändern der Erbsubstanz durch die in Wien mitentwickelte CRISPR-Cas9-Technologie werden auch die genauen Lebensbedingungen bestimmter Landschaften nachgestellt, um die Details des Adaptionsprozesses zu verstehen. "Ich erhoffe mir durch die Untersuchung der Arabidopsis-Inselpflanzen Antworten auf schon lange bestehende Fragen der Evolutionsbiologie", so Angela Hancock.

› Forschungsgruppe Molecular Basis of Adaptive Evolution (Group Hancock)
› Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien (MFPL)
› Department für Strukturbiologie und Computational Biology am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Wien

ERC-Grants an der Universität Wien


Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert Forschungsprojekte mit hohem Potenzial für Innovationen; ein internationales Gutachtergremium mit renommierten ExpertInnen entscheidet über die Förderungswürdigkeit der Anträge. Den ausgewählten ForscherInnen wird entsprechender Freiraum zur Verwirklichung ihrer Visionen zugestanden.

Seit 2007 wurden zwölf ForscherInnen der Universität Wien mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet; 13 WissenschafterInnen erhielten ERC Starting Grants. Mit weiters je einem ERC Proof of Concept und einem ERC Consolidator Grant liegt die Universität Wien nunmehr bei 27 Förderungen des Europäischen Forschungsrats. Mit Angela Hancock haben die Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien mittlerweile sechs ERC Starting-PreisträgerInnen in ihren Reihen. (vs)