Gabriele Kucsko-Stadlmayer wird Richterin am Straßburger Gerichtshof

Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Vorsitzende des Senats der Universität Wien, wurde am 21. April zur österreichischen Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gewählt.

Rektor Heinz W. Engl gratuliert Gabriele Kucsko-Stadlmayer herzlich zu dieser – zunächst für sie selbst, aber indirekt auch für die Universität Wien – ehrenvollen Wahl und wünscht ihr viel Erfolg bei der Ausübung dieser verantwortungsvollen Funktion.

Die Wahl erfolgte durch die Parlamentarische Versammlung des Europarats für eine neunjährige Funktionsperiode. Die Amtszeit der derzeitigen Funktionsinhaberin, Elisabeth Steiner, endet am 31. Oktober.

Zum Ablauf der Wahl

Die Qualifikationskriterien für das Amt legt in Artikel 21 der Europäischen Menschenrechtskonvention fest: "The judges shall be of high moral character and must either possess the qualifications required for appointment to high judicial office or be jurisconsults of recognised competence". Die Wahl erfolgt gemäß Artikel 22 der Konvention durch die Parlamentarische Versammlung des Europarats, die von 318 Abgeordneten der 47 Mitgliedstaaten des Europarats beschickt wird. Die Vorbereitung der Wahl ist durch Rechtsakte des Europarats geregelt, die auf möglichst hohe Professionalität und Unabhängigkeit der Kandidaten gerichtet sind.

Einer Ausschreibung folgen Hearings auf nationaler Ebene, auf Grund derer die Bundesregierung einen (ungereihten) Dreiervorschlag an den Europarat erstattet. Dieser Vorschlag wird durch ein Richterkomitee geprüft und im Fall der positiven Beurteilung an die Parlamentarische Versammlung weiter geleitet. Diese führt zu Überprüfung der Fachkompetenz der KandidatInnen nochmals Hearings in englischer und französischer Sprache vor einem ständigen Wahlausschuss durch.

Die Hearings hatten heuer in der Karwoche in Paris stattgefunden; auf ihrer Basis waren den Abgeordneten Gabriele Kucsko-Stadlmayer und die Linzer Professorin Katharina Pabel als gleichermaßen bestgeeignet für die Funktion empfohlen worden. Bei der Wahl im Plenum am 21. April erlangte Kucsko-Stadlmayer aber gleich im ersten Wahlgang eine absolute Stimmenmehrheit.

Über Gabriele Kucsko-Stadlmayer

Mitentscheidend für Kucsko-Stadlmayers Erfolg war wohl ihre Erfahrung als Höchstrichterin und bei der vielfältigen, auch internationalen Arbeit in menschenrechtlichen Gremien. Sie ist seit 1995 Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofs. 2008-2012 war sie stellvertretende Vorsitzende des Menschenrechtsbeirats im BMI, und 2012 wurde sie eingeladen, den stellvertretenden Vorsitz im neu gegründeten Menschenrechtsbeirat in der Volksanwaltschaft einzunehmen. Seit 2006 wirkt sie auch in der European Commission for Democracy through Law ("Venedig Kommission") des Europarats, einem Beratungsgremium, das Rechtsgutachten vor allem für die neuen Demokratien Europas verfasst. Kucsko-Stadlmayer war seit 2002 in verschiedenen universitären Funktionen tätig. Seit Oktober 2013 ist sie Vorsitzende des Senats der Uni Wien und Sprecherin der Konferenz der Senatsvorsitzenden der österreichischen Universitäten.

Über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte


Der Straßburger Gerichtshof prägt mit seinen Urteilen die Interpretation der Menschenrechte, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert sind. Den 47 Mitgliedstaaten des Europarats steht je eine Richterstelle zu. Die große Wirksamkeit des Gerichtshofs bei der Durchsetzung der Menschenrechte rührt daher, dass jede Person, die eine Menschenrechtsverletzung im Geltungsbereich der Konvention behauptet, nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs Beschwerde erheben kann. Die Urteile des Gerichtshofs sind verbindlich und können den Staaten hohe Schadenersatzzahlungen auferlegen oder auch Gesetzesänderungen empfehlen. Wichtige Entscheidungen gegen Österreich betrafen in den letzten Jahren die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Paare, die Methoden medizinisch unterstützter Fortpflanzung oder die Obsorgeregelungen des ABGB. (red)