Magdalena Pöschl: Spezialistin für das Allgemeine
| 27. Februar 2014Ob Grundrechte, Verwaltungsrecht, Forschungsrecht: der Juristin Magdalena Pöschl gelingt es, Brücken zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen. Aus früheren Tätigkeiten u.a. beim Verfassungsgerichtshof und in der Bioethikkommission gewinnt sie wichtige Anregungen für ihre Forschung.
Dass Magdalena Pöschls Interessen weit gestreut sind, hat sich früh abgezeichnet: "Was ich später machen könnte, hat mich schon als Kind intensiv beschäftigt – und die Liste der Berufe, die ich erwogen habe, ist lang", lacht die Juristin. So vielseitig wie ihre damaligen Zukunftsvorstellungen ist auch der Lebenslauf der Tirolerin.
Ihre wissenschaftliche Laufbahn begann mit dem Studium der Rechtswissenschaften, das sie in Innsbruck und Wien absolvierte. Hier sah sie jene Bereiche vereint, die sie am Ende der Mittelschule am meisten interessierten: Philosophie und Sprachwissenschaft, aber auch Mathematik. "Für Rechtswissenschaft ist eine gute Beziehung zur Sprache nützlich, und man sollte Freude am analytischen Denken haben. Nicht zuletzt erwarten wir vom Recht 'gerechte' Lösungen – so war auch mein philosophisches Interesse angesprochen", erzählt Pöschl.
In der Disziplin ankommen
Und doch brauchte es seine Zeit, bis Magdalena Pöschl sich in dieser Disziplin wirklich angekommen fühlte. Dass sie wissenschaftlich arbeiten will, wurde ihr klar, als sie in Wien in einer Pflichtübung aus Zivilrecht eine Hausarbeit zu schreiben hatte: "Das war eigentlich das erste Mal im Studium, dass man von uns nicht primär verlangt hat, etwas zu reproduzieren. Wir sollten vielmehr Judikatur und Literatur zu strittigen Problemen recherchieren und eigenständig eine Lösung erarbeiten. An diesem Punkt hat das Studium begonnen, mir Freude zu machen."
Wissenschaft und Praxis
So fügte es sich gut, dass ihr nach dem Studium 1992 eine Assistenzstelle im Öffentlichen Recht an der Universität Innsbruck angeboten wurde. Nach der Promotion absolvierte Pöschl ihre Gerichtspraxis und arbeitete dann von 1997 bis 1998 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Verfassungsgerichtshof (VfGH). Das Konzipieren gerichtlicher Entscheidungen und deren Beratung am VfGH faszinierten die Juristin nachhaltig. "Durch die Tätigkeit am VfGH bin ich auch auf mein Habilitationsthema – Gleichheit vor dem Gesetz – gestoßen", so die Wissenschafterin. Die Grundrechte, nach wie vor ein Forschungsschwerpunkt Pöschls, sind auch Thema ihrer Antrittsvorlesung "Schwarze Löcher im Grundrechtsschutz?
Nach der Habilitation an der Universität Innsbruck 2004 wechselte Pöschl nach Salzburg, wo sie zwei Jahre als Professorin für Öffentliches Recht tätig war. Danach hatte sie eine Professur an der Universität Graz inne und erhielt neuerlich Gelegenheit, sich praktischen Tätigkeitsfeldern zu widmen, u.a. als Mitglied der Bioethikkommission. Diese berät den Bundeskanzler in gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen und rechtlichen Fragen, die sich in der Humanmedizin und Humanbiologie aus ethischer Sicht ergeben.
Pöschl betont: "Mit VertreterInnen anderer Disziplinen über ethisch heikle Themen – wie z.B. die Fortpflanzungsmedizin – zu diskutieren, ist hochinteressant. Wenn MedizinerInnen, JuristInnen, PhilosophInnen, TheologInnen miteinander reden, müssen sie erst eine gemeinsame Sprache finden. Denn jede dieser Disziplinen folgt bestimmten Grundwertungen, die sie voraussetzt und nicht weiter hinterfragt. Da kann man viel über sich und andere lernen."
"In der Vielfalt Ordnung schaffen"
Von den vielseitigen Erfahrungen der Rechtsexpertin – die seit 2012 nicht nur Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien, sondern auch Wirkliches Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der Akademie der Wissenschaften ist – profitieren nun die Studierenden. Pöschl liegt es am Herzen, dass die Studierenden in der Vielfalt des Rechts den Überblick bewahren und lernen, Probleme zu erkennen und sie geordnet zu lösen. Vier Dinge seien für JuristInnen unabdingbar: Sie müssen Sein und Sollen unterscheiden, Recht und Moral auseinanderhalten, analytisch denken und ein Sprachgefühl haben, denn "bis zu einem gewissen Grad ist die Juristerei auch eine Überzeugungskunst." Hilfreich ist aber auch Empathie: "Wenn man sich in die Lage anderer versetzt, merkt man oft erst, wie viele Dimensionen ein Problem hat."
"Meinen Auftrag als Wissenschafterin sehe ich nicht primär darin, Spezialistin in einer ganz bestimmten Materie zu sein und jedes Detail zu kennen. Ich versuche eher, eine Spezialistin für das Allgemeine zu sein", schließt Pöschl, die sich in ihrer Forschung in den nächsten Monaten u.a. mit dem Gewerberecht und mit Fragen des Migrationsrechts auseinandersetzen wird. (dy)
Univ.-Prof. Dr. Magdalena Pöschl, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, hält am Mittwoch, 5. März 2014, 18 Uhr, ihre Antrittsvorlesung zum Thema "Schwarze Löcher im Grundrechtsschutz? Neue Machtfelder zwischen Staat und Privaten als Herausforderung für das Öffentliche Recht" im Kleinen Festsaal gemeinsam mit Miloš Vec.
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