Zwei "Proof of Concept"-Förderungen für Uni Wien
| 07. Mai 2018Zwei Forscher der Universität Wien erhalten einen "Proof of Concept"-Förderpreis des Europäischen Forschungsrats ERC: Mit jeweils 150.000 Euro können der Chemiker Nuno Maulide und der Molekularbiologe Bojan Zagrovic das Potenzial ihrer bereits früher mit ERC-Mitteln erzielten Ergebnisse erkunden.
Mit dem Förderprogramm "Proof of Concept" will der ERC die Kluft zwischen Grundlagenforschung und frühen Phasen einer marktfähigen Innovation überbrücken. In der ersten Vergaberunde dieses Jahres kamen insgesamt 50 WissenschafterInnen zum Zug, die bereits vorher in einer der hochdotierten Förderschienen des ERC erfolgreich waren.
Mit elf Auszeichnungen waren WissenschafterInnen aus Großbritannien am erfolgreichsten, gefolgt von acht ForscherInnen aus Israel und sieben in Deutschland. Nach Österreich gingen insgesamt zwei Auszeichnungen – und beide an die Universität Wien. Die Mittel können etwa zum Ausloten von Geschäftsideen oder zur Anmeldung von Patenten auf Basis der Forschungsarbeit eingesetzt werden, wie der ERC kürzlich mitteilte.
Vom Consolidator Grant zum Proof of Concept
Einer der beiden österreichischen Grants geht an Nuno Maulide von der Fakultät für Chemie der Universität Wien. Mit seinem Consolidator Grant hat er eine Kohlenstoff-Kohlenstoff verknüpfende Reaktion entdeckt, die ausgehend von Citronellal ohne den Einsatz jeglicher Metalle Menthol produziert – und das in nur einem Schritt. "Nun geht es uns darum, diese metallfreie Umsetzung von Citronellal zu Menthol in nur einem Reaktionschritt zu optimieren, die technische Anwendbarkeit der Reaktion durch große Maßstäbe zu demonstrieren und die Implementierung in den vorhandenen Markt zu untersuchen", so Nuno Maulide über seinen "Proof of Concept"-Grant "Neutramenth".
Umweltfreundliche Menthol-Synthese
Menthol ist aufgrund seines einzigartigen "Frischegeschmacks" einer der meistverbreiteten Aromastoffe der Welt. Es begegnet uns im Alltag in den verschiedensten Produkten, vom Duschgel bis hin zur Zahnpasta. Ungefähr 40 Prozent des Menthols stammen dabei nicht aus natürlichen Quellen wie Pfefferminze, sondern aus der industriellen Synthese. Üblicherweise wird Menthol dabei aus Citronellal hergestellt – und zwar mithilfe chemischer Reaktionen, die Metalle verwenden. Die Verwendung von Metallen in diesem Prozess ist jedoch teuer und umweltschädlich.
"Außerdem besteht die Gefahr, dass Spuren des Metalls das Produkt kontaminieren", so Maulide, der nun diese Methode, in einem einzigen Produktionsschritt Menthol zu synthetisieren, ohne dabei auf teure und umweltschädliche Metalle zurückgreifen zu müssen, weiterentwickeln will.
Nuno Maulide ist seit Oktober 2013 Professor für Organische Synthese an der Fakultät für Chemie der Universität Wien. Hier forscht er vor allem im Bereich der stereoselektiven Synthese von organischen Verbindungen und an der Entwicklung von neuen Synthesemethoden, sowie deren Anwendungen für die gezielte Herstellung bioaktiver Naturstoffe. 2011 erhielt er einen ERC-Starting Grant und 2016 einen ERC-Consolidator Grant. (© Universität Wien / derknopfdruecker.com)
Vom Starting Grant zum Proof of Concept
Der zweite österreichische Grant geht an Bojan Zagrovic vom Department für Strukturbiologie und Computational Biology der Universität Wien. Im Rahmen des Starting Grants, der Bojan Zagrovic 2011 zuerkannt wurde, befasste sich der Forscher an den Max F. Perutz Laboratories mit der Frage, wie sich Biomoleküle in der Zelle finden und miteinander interagieren. Die "Proof of Concept"-Förderung wird der Kroate für die Weiterentwicklung von Therapieansätzen mit hochkonzentrierten monoklonalen Antikörpern nutzen.
Bojan Zagrovic ist Professor für Molekulare Biophysik an den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der MedUni Wien. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Aufklärung der grundlegenden physikalisch-chemischen Prinzipien der RNA-Protein-Wechselwirkungen, die Rolle der Entropie in biomolekularen Wechselwirkungen und dem Einfluss von Konformationsänderungen in biomolekularen Strukturbestimmung. 2011 erhielt er den Starting Grant. (© MFPL/Daniel Hinterramskogler)
Proteinlöslichkeit verbessern
Therapeutische monoklonale Antikörper (mAbs) haben sich in den letzten 20 Jahren zu einer der wirksamsten Methoden bei der Behandlung verschiedener Krebsarten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Autoimmunkrankheiten entwickelt. Bei der Herstellung der mAbs stellt die Löslichkeit der Proteine eine große Herausforderung dar, da eine hohe Proteinkonzentration für die Herstellung von mAbs erforderlich ist.
"Die gängigen Ansätze zur Bewältigung dieser Herausforderungen sind bis dato nicht zufriedenstellend, da verschiedene Probleme wie unzureichende Aktivität oder zu geringe Spezifizität entstehen", so Bojan Zagrovic, der dabei auf einen offensichtlichen Bedarf verweist, die Techniken für Proteinlöslichkeit zu verbessern, um die gewünschte Kosteneffektivität und Zielspezifität zu erreichen.
Computersoftware für RNA-Liganden
Gemeinsam mit seinem Team wird er den neu erworbenen "Proof of Concept" genau für dieses Problem einsetzen. Die WissenschafterInnen planen dafür, einen der zentralen biologischen Interaktionspartner von Proteinen heranzuziehen: die RNA-Moleküle. "Konkret wollen wir eine Computersoftware entwickeln, die RNA-Liganden entwirft, die zur Verbesserung der Löslichkeit von mAb-Therapeutika beitragen", erklärt Zagrovic. Diese Software soll dann in einem nächsten Schritt in einem biopharmazeutischen Kontext kommerzialisiert werden.
Im Jahr 2011 erhielt der Physiker der Universität Wien Markus Aspelmeyer einen "Proof of Concept". Damit gibt es an der Universität Wien nun drei Wissenschafter, die mit dem "Proof of Concept" des ERC ausgezeichnet wurden. (APA/red)