Forschung hautnah
| 13. März 2014Die Haut schützt uns. So wie sich Krankheitserreger einiges einfallen lassen, um diese Hülle zu durchdringen, tüftelt auch die Forschung über das gezielte Einschleusen von Wirkstoffen. Deren "schwierigen Weg durch die Haut" verfolgt die Pharmatechnologin Claudia Valenta mit einem neuen Verfahren.
Unser größtes Organ ist gleichzeitig unser größter Schutz gegen schädliche Einflüsse und Eindringlinge von außen – doch auch für Arzneistoffe ist die Haut eine fast unüberwindbare Barriere: "Hat es ein Wirkstoff erstmal durch die Hornschicht, das Stratum corneum, geschafft, kann er jedoch überall hin", erklärt Claudia Valenta vom Department für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Wien. Da viele Arzneistoffe – wie z.B. Entzündungshemmer – für den Magen schlecht verträglich sind, wäre es sinnvoll, diese lokal in Form von Cremes oder Gels aufzutragen.
Mechanismus verstehen
Solche Präparate gibt es bereits. So hat die Pharmazeutische Technologie in den letzten Jahren einige neue "Abgabesysteme" mit einer höheren Eindringtiefe – wie Liposomen und Mikroemulsionen – entwickelt. In ihrer Wirksamkeit sind sie aber noch nicht optimal. "Und es ist noch unklar, wie genau diese neuen Systeme die Haut durchdringen", betont Claudia Valenta.
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Gemeinsam mit ihrer Dissertantin Denise Mahrhauser arbeitet Valenta nun daran, bedeutend mehr vom jeweiligen Wirkstoff durch die Haut zu schleusen, damit er dort seinen Dienst verrichten kann: "Dafür müssen wir aber zunächst verstehen, mit welchem Mechanismus Arzneistoffe und Vehikelbestandteile durch die nahezu undurchdringliche äußerste Hautschicht gelangen." Als Vehikelbestandteile werden z.B. fluorierte Lipide oder Fluor-Tenside eingesetzt. "Vehikel sind jene Moleküle, die Wirkstoffe ans Ziel bringen und dort freigeben", erklärt die Pharmatechnologin.
Kombination biophysikalischer Techniken
In einem aktuellen FWF-Projekt analysieren die Forscherinnen der Universität Wien deshalb die Hautpenetration von Arzneistoffen und Tensiden mittels einer neuen komplexen Analysemethode und kombinieren verschiedene biophysikalische Techniken. "Dafür haben wir zunächst aus zwei fluorierten Tensiden Mikroemulsionen hergestellt – und zwar aus Öl, Wasser und dem jeweiligen Tensid", erklärt Projektmitarbeiterin Denise Mahrhauser. Wasser und Öl allein sind nicht mischbar – erst mit dem Tensid, das als "Lösungsvermittler" wirkt, lassen sich die beiden Flüssigkeiten miteinander vermengen. "Die Mischungen haben wir mikroskopisch charakterisiert und so die Bereiche der Mikroemulsionen erhalten", so Mahrhauser weiter.
Claudia Valenta und Denise Mahrhauser verwenden für das "Tape Stripping" fluorierte Bestandteile. Dadurch können sie für die Analytik die besonders empfindliche und störungsfreie 19 Fluor-Kernresonanzspektroskopie (19F-NMR) heranziehen. Der Vorteil dabei: Es sind keine aufwändigen Fluoreszenz- oder radioaktiven Markierungen notwendig. Außerdem bleiben die Proben während der Messung unversehrt. Die Messungen führt der Kooperationspartner Hanspeter Kählig vom Institut für Organische Chemie der Universität Wien durch. |
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Tape Stripping
Anhand dieser Mikroemulsionen ist es für die Forscherinnen nun möglich, sowohl die Hautpenetration des Arzneistoffs als auch des Tensids mittels Tape Stripping – sprich medizintechnischen Klebestreifen – gleichzeitig zu messen. Dafür haben Valenta und Mahrhauser die Emulsion auf Schweinehaut – diese ist der menschlichen Haut am ähnlichsten – aufgetragen. "Anschließend haben wir einen Strip nach dem anderen abgezogen und pro Strip analysiert, wie viel von dem Wirkstoff und dem Tensid durch die Haut penetriert ist", erklärt Valenta. "Dabei hat sich gezeigt, dass die Tenside eine große Rolle spielen", ergänzt die Leiterin der Forschungsplattform "Characterisation of Drug Involved Mechanisms".
Relevanz für "Anti-Aging"
Mehr Wirkstoff unter die Haut zu bringen, ist nicht nur für den Pharmabereich, sondern auch für die Kosmetikindustrie relevant – vor allem in Hinblick auf die begehrten "Anti-Aging"-Produkte. "Die 'Botox-Creme' wird es zwar nicht geben, aber mit neuen Vehikeln könnte man mehr Lipide und Proteine in die Zelle einschleusen, damit sie dort den gewünschten Effekt erzeugen", so Valenta.
Persönlich setzt sie nicht auf Anti-Aging – "obwohl es in dem Bereich schon einige gute Sachen gibt" – sondern auf die altbewährte Feuchtigkeitspflege. "Dafür greife ich aber nicht unbedingt zu den teuren Produkten", schmunzelt die Forscherin. Die normale Hautalterung könne man ohnehin nicht aufhalten und für die Anwendung von Anti-Aging-Produkten fehle ihr auch die Zeit: "Diese müssen mindestens zweimal täglich aufgetragen werden, da unser Organismus die Wirkstoffe ständig wieder abbaut", so der Hautpflege-Tipp der 59-jährigen Pharmatechnologin.
Förderung der Jungwissenschafterinnen
Sie selbst nutzt ihre Zeit lieber für andere Dinge, wie z.B. die Förderung der Jungwissenschafterinnen. "Mein Ziel ist es, eine Dissertantin zur Habilitation zu bringen – das hab ich bisher leider noch nicht geschafft", so Valenta, die sich auch im Mentoring-Programm der Universität Wien engagiert hat und die Förderung von Frauen in der Wissenschaft begrüßt: "Die Zahlen sprechen leider immer noch für sich. Ich habe Top-Leute, die auch einige Preise eingeheimst haben – aber vor allem bei den Frauen ist nach dem Doktorat oft Schluss mit der wissenschaftlichen Karriere", bedauert die Forscherin. An diesem Punkt kreuzt sich die Karriere oftmals mit der Familienplanung – was natürlich Frauen eher betrifft als Männer. "Vor allem in Hinblick auf außerfamiliäre Kinderbetreuung leben wir ja in einem recht konservativen Land." Und Teilzeitarbeit in der Wissenschaft sei bekanntermaßen schwierig. (ps)
Das FWF-Projekt "Simultane Bestimmung der Hautpenetration von Arzneistoffen und Vehikelbestandteilen" läuft von 1. Dezember 2012 bis 30. November 2015 unter der Leitung von ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Claudia Valenta vom Department für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie und Leiterin der Forschungsplattform Characterisation of Drug Involved Mechanisms. Projektmitarbeiterin ist Mag. Denise Mahrhauser vom Department für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie.