4 Spezialforschungsbereiche und 2 Doktoratskollegs verlängert

Erfolgreiche Bilanz: 2014 bewilligte der Wissenschaftsfonds FWF 140 Projekte mit Beteiligung der Universität Wien. Vier hochkarätige universitätsübergreifende Spezialforschungsbereiche sowie zwei interdisziplinäre Doktoratskollegs gehen in die Verlängerung.

Spezialforschungsbereiche (SFB) – die "Königsklasse" der FWF-Bewilligungen – sind eng vernetzte Forschungsverbünde, die Zentren der Spitzenforschung in internationalem Maßstab darstellen. Sie können über mehrere Universitäten verteilt sein und werden – bei einer Laufzeit von acht Jahren – nach vier Jahren zwischenbegutachtet. Die "Doktoratskollegs" (DK) des FWF sind strukturierte Doktoratsprogramme und richten sich an den hoch qualifizierten akademischen Nachwuchs aus der nationalen und internationalen Scientific Community.

2014 konnten vier große Spezialforschungsbereiche und zwei Doktoratskollegs, an denen die Universität Wien maßgeblich beteiligt ist, erfolgreich verlängert werden – Neueinreichungen hat der FWF 2014 für beide Programme ausgesetzt.

Insgesamt waren im vergangenen Jahr 140 Projekte mit Beteiligung von WissenschafterInnen der Universität Wien in den FWF-Vergaberunden erfolgreich – quer über die Wissenschaftsbereiche verteilt. Eingeworben wurde eine Fördersumme von über 37 Mio. Euro.


SFB
"Vienna Computational Materials Laboratory" (SFB ViCoM)



Computersimulationen haben sich über die letzten Jahrzehnte als unverzichtbares Forschungsinstrument in vielen Bereichen der Naturwissenschaften etabliert. Insbesondere in der Materialforschung spielt High-Performance-Computing mittlerweile eine zentrale Rolle. Wien gehört im Bereich der Computational Materials Science zu den international führenden Forschungsstandorten – u.a. kommen drei der weltweit meist zitierten wissenschaftlichen Arbeiten von Forschern, die am SFB ViCoM teilnehmen.
Seit 2010 läuft an der Universität Wien und der TU Wien der Spezialforschungsbereich "Vienna Computational Materials Laboratory (SFB ViCoM)". Ziel ist es, rechnerunterstützte quantenmechanische Methoden und Methoden der statistischen Mechanik zu entwickeln und anzuwenden, um die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Materialien möglichst präzise zu berechnen, beispielsweise für Mikroelektronik, Solarzellen oder Materialien für magnetische und magneto-optische Speicher.

"Wir wollen mithilfe des Computers neue Hochleistungsmaterialien simulieren und vorhersagen", präzisiert der Sprecher des Spezialforschungsbereichs, Georg Kresse von der Fakultät für Physik. Als Ausgangspunkt dienen Arbeiten der österreichischen Physiker Schrödinger und Boltzmann, die die theoretischen Grundlagen der Quantenmechanik und der statistischen Physik bilden.

Von der Universität Wien sind neben Georg Kresse, die Physiker Frank Verstraete, Christoph Dellago, Christos Likos, sowie die kürzlich nach Tübingen berufene Sabine Andergassen und der Mathematiker Norbert Mauser am Spezialforschungsbereich beteiligt, der nun vom FWF nach äußerst erfolgreicher Zwischenevaluierung für weitere vier Jahre verlängert und  finanziell noch besser ausgestattet wurde. Internationale Gutachter sind sich darin einig, dass es in diesem Arbeitsbereich weltweit keine Forschungsgruppe gibt, die sich mit den Leistungen des SFB ViCoM messen kann.   

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SFB "Visions of Community" (VISCOM)



Wie beeinflussten Universalreligionen die Herausbildung einzelner Gemeinschaften und Identitäten? Der FWF-Spezialforschungsbereich "Visions of Community" (VISCOM) vergleicht die Wechselwirkung zwischen religiösen und politischen Gemeinschaftsvorstellungen im Bereich dreier Religionen: Christentum, Islam und Buddhismus. Ein interdisziplinäres Team an der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften untersucht religiöse, ethnische und städtische Gemeinschaften in Europa, Südarabien und Tibet. Das Projektteam arbeitet Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus, die teils bis heute nachwirken.

"Der SFB bietet uns die außergewöhnliche Möglichkeit, in intensiver Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen Vergleiche zwischen weit entfernten Regionen zu erarbeiten und dabei zu den Grundlagen vorzudringen. Das war von Anfang an eine faszinierende Herausforderung. Gerade jetzt ist ein vertieftes Verständnis von der unterschiedlichen Dynamik im Bereich der drei großen Religionen ein wichtiges Forschungsziel, und dazu können wir einen wichtigen Beitrag leisten", so Walter Pohl vom Institut für Geschichte der Universität Wien und Direktor des Instituts für Mittelalterforschung der ÖAW, der den SFB gemeinsam mit Andre Gingrich vom Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien und Institut für Sozialanthropologie der ÖAW leitet.

Von der Universität Wien sind weiters Christina Lutter vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung und Oliver Schmitt vom Institut für Osteuropäische Geschichte mit Projekten am groß angelegten Forschungsvorhaben beteiligt, das vor kurzem vom FWF für weitere vier Jahre verlängert wurde.

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SFB
"RNA Regulation of the Transcriptome"



13 Forschungsgruppen der Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien sowie weiterer Forschungsinstitute am Vienna Biocenter (IMP, IMBA und GMI) wollen im Spezialforschungsbereich "RNA Regulation of the Transcriptome" die RNA-gesteuerten Ereignisse in der Zelle besser verstehen.

Das Forschungsnetzwerk wurde im Dezember 2010 vom FWF genehmigt und nun – nach erfolgreicher Zwischenevaluierung – für weitere vier Jahre verlängert.

"Durch den technologischen Fortschritt der vergangenen Jahre haben wir enorme Erkenntnisse über Zahl, Ursprung und Art verschiedener regulatorischer RNAs gewonnen. Ebenso konnten wir Einblick in wichtige RNA regulierte zelluläre Prozesse gewinnen. Dennoch ist unser Verständnis der komplexen RNA-Regulationsnetzwerke und deren Auswirkung auf physiologische Prozesse noch sehr begrenzt", erklärt der Sprecher des SFB, Michael Jantsch, Leiter des Departments für Chromosomenbiologie an den Max F. Perutz Laboratories (MFPL).

In der ersten Förderungsperiode identifizierten die ForscherInnen funktionelle Motive bzw. Domänen der verschiedenen RNA-Klassen, deren regulatorische Regelkreise und biologischen Auswirkungen in den nächsten vier Jahren entschlüsselt werden sollen.

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SFB
"Transmembrane Transporters in Health and Disease"



Der Spezialforschungsbereich "Transmembrane Transporters in Health and Disease", wird von der MedUni Wien koordiniert; beteiligt sind die Universität Wien – mit Gerhard Ecker vom Department für Pharmazeutische Chemie der Fakultät für Lebenswissenschaften –, die Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der MedUni Wien sowie die TU Wien, die JKU Linz und das IST Austria.
 
Im Fokus des Großprojekts steht die Untersuchung von Transportproteinen: Sie spielen für eine Vielzahl von Substanzen eine zentrale Rolle bei der Überwindung von Biomembranen. Im menschlichen Organismus regeln insgesamt über 400 Transporter nahezu alle fundamentalen biologischen Prozesse, wie z.B. Metabolismus und Energieversorgung, zelluläre Konzentrationen von Ionen, Signaltransduktion und Abwehr gegen potenziell giftige Substanzen. Aufgrund der großen klinischen Bedeutung gehört Transporter-Biologie zu den am stärksten wachsenden wissenschaftlichen Feldern. Insbesondere die Umsetzung mechanistischer Einsichten in therapeutische Verbesserungen, wie z.B. die Entwicklung selektiver Antidepressiva, die Überwindung von Resistenz bei Chemotherapie, die Erforschung Medikamenten-resistenter Epilepsie, etc., sind von großem Interesse.
 
Mit der Forschung im SFB, der nun vom FWF verlängert wurde, wird ein breites Spektrum abgedeckt: vom Bakterium bis zum Mensch, von der Strukturanalyse zum Verständnis komplexer Erkrankungen, von der Visualisierung einzelner Moleküle bis zur funktionellen Darstellung von Transportern im lebenden Gehirn.

Die Arbeitsgruppe von Gerhard Ecker wird in der dritten Förderperiode einen "Transporter Informatics Workspace" entwickeln, der es erlaubt, die vielen im Konsortium gewonnenen Daten nachhaltig für die wissenschaftliche Community bereitzustellen. "Weiters werden wir uns der Translation von in vitro zu in vivo Daten sowie dem Phänomen der kinetischen Selektivität widmen", erklärt Gerhard Ecker. So verbinden die WissenschafterInnen biologische Grundlagenforschung mit klinischer Medizin.
 
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DK
"Molecular Drug Targets" (MolTag)


 
Das FWF-Doktoratskolleg "Molecular Drug Targets" (MolTag) unter der Leitung von Steffen Hering, Vorstand des Departments für Pharmakologie und Toxikologie der Fakultät für Lebenswissenschaften, ist eine Kooperation der Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien, der Technischen Universität Wien und des Institute of Science and Technology Austria (IST Austria). Das Programm läuft seit 1. Oktober 2011.
 
"Wir wollen unseren KollegiatInnen ein umfassendes Betreuungsumfeld bieten, in dem sie die Möglichkeit haben, sich sowohl untereinander als auch mit renommierten internationalen ForscherInnen zu vernetzen. Unsere AbsolventInnen verfügen über ein breites Fachwissen und vielseitige Jobmöglichkeiten", so DK-Sprecher Steffen Hering.
 
Denn um neue Arzneimittel entdecken und erforschen zu können, sind umfangreiche interdisziplinäre Kenntnisse in Molekularbiologie, Pharmazie, Medizin, Genetik, Biophysik, Chemie und Informatik notwendig. Von MolTag werden alle diese Bereiche abgedeckt. Durch die Teilnahme von Forschungsgruppen aus dem IST Austria wird in der neuen Förderperiode auf hochaktuelle Gebieten wie Optogenetik, Optopharmakologie, Stammzellen und transgene Tiere als Krankheitsmodelle geforscht.

Hauptinhalte der hochkarätigen Ausbildung bleiben die Grundlagen der Interaktion von Arznei- und Naturstoffen mit Ionenkanälen und Transportproteinen. "Dieser inhaltliche Fokus ist in Österreich einmalig", ist Hering überzeugt.

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DK
"Vienna Graduate School of Population Genetics"



Natürlich vorkommende DNA- und Proteinvarianten und ihre funktionellen Auswirkungen sind von zentraler Bedeutung für die biologische Grundlagenforschung und für medizinische Anwendungen. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren zahlreiche Genomprojekte initiiert, die die Variabilitätsmuster in natürlichen Populationen untersuchen.
"Wien ist schon seit längerem ein internationales Zentrum der Evolutionsforschung und insbesondere der Populationsgenetik. Durch das 2009 gegründete Doktoratskolleg 'Vienna Graduate School of Population Genetics' – eine Kooperation der Universität Wien und Vetmeduni Wien – wurde dieser Schwerpunkt auch in die universitäre Ausbildung integriert", erklärt der stv. Sprecher Joachim Hermisson vom Institut für Mathematik der Universität Wien. Die Förderung des Dokoratskollegs durch den FWF wurde nun für weitere vier Jahre verlängert.

Das DK ist interdisziplinär ausgerichtet und verbindet experimentelle Populationsgenetik und Entwicklungsgenetik mit theoretischer Populationsgenetik und Statistik. "Durch diese Breite der beteiligten Gruppen wird eine Ausbildung garantiert, die sowohl empirische als auch quantitative Methoden umfasst – eine Kombination von Fähigkeiten, die in der akademischen und industriellen Forschung immer stärker nachgefragt wird", so Hermisson.

Die Forschungsthemen des Programms umfassen die Gewinnung von Genomdaten aus natürlichen Populationen oder nach experimenteller Evolution im Labor, die mathematische Modellbildung und die statistische Datenanalyse. Der Sprecher des DKs ist Christian Schlötterer (Vetmeduni Wien); neben dem stv. Sprecher Joachim Hermisson sind von der Universität Wien weiters Angela Hancock (Max F. Perutz Laboratories), Reinhard Bürger (Institut für Mathematik) und Ovidiu Paun (Institut für Botanik und Biodiversität) in der Faculty vertreten. Fünf Faculty-Mitglieder – zuletzt Angela Hancock und Ovidiu Paun – haben in den vergangenen Jahren hochdotierte Förderungen des Europäischen Forschungsrats (ERC Grants) oder einen Startpreis des FWF erhalten.

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