Schimpfen auf Wienerisch

Die Germanistin Oksana Havryliv untersucht, warum Menschen Schimpfwörter benutzen, und welche Rolle dabei u.a. Alter, Geschlecht und Status spielen. Ihr Augenmerk liegt auf dem Wiener Dialekt. Im Video erklärt sie, warum Frauen zwar anders schimpfen als Männer, aber nicht weniger.

Schimpfwörter sind alltäglich. Jeder von uns benutzt mehr oder weniger oft beleidigende Worte. Die Hintergründe der verbalen Aggression untersuchte Oksana Havrilyv vom Institut für Germanistik in einem kürzlich abgeschlossenen FWF-Projekt unter dem Titel "Verbale Aggression und soziale Variablen".

Die Germanistin der Universität Wien erforscht bereits seit 20 Jahren die "pejorative Lexik", so die wissenschaftliche Bezeichnung der Schimpfwörter. Die Inspiration für ihr Forschungsthema holt sich die Wissenschafterin aus Dialektwörterbüchern, da diese besonders viele pejorative Ausdrücke enthalten. Vor allem der Wiener Dialekt ist aufgrund seines Facettenreichtums eine gute Quelle für einschlägige Vokabeln.

Männer und Frauen schimpfen gleich viel

Anhand von Fragebögen und Einzelgesprächen untersuchte Havryliv, was Menschen dazu bewegt, beleidigende Worte wie "Depperter" oder "Trottel" zu verwenden und welche Rolle dabei Alter, Geschlecht oder sozialer Status spielen. "Verbalaggressive Äußerungen können viele Funktionen haben", erklärt die Wissenschafterin. 64 Prozent der Befragten gebrauchen Schimpfwörter vor allem zum "Abreagieren von Emotionen", an zweiter Stelle steht der "scherzhafte Gebrauch" von aggressiven Sprechakten (25 Prozent). "Die Absicht, die adressierte Person zu beleidigen, spielt nur eine sehr geringe Rolle, das sind elf Prozent", so Havryliv.

Und was sagt die Expertin zum Klischee, dass junge, weniger gebildete Männer am häufigsten Schimpfwörter benutzen? Laut Havryliv schimpfen Männer und Frauen gleich viel, nehmen Beleidigungen aber anders wahr. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden demnächst publiziert.

Das FWF-Projekt "Verbale Aggression und soziale Variablen" unter der Leitung von Dr. Oksana Havryliv vom Institut für Germanistik der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät wird im Rahmen des Elise-Richter-Programms gefördert und lief von 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2016.

Buchtipp:
"Verbale Aggression: Formen und Funktionen am Beispiel des Wienerischen" von Oksana Havryliv, Reihe Schriften zur deutschen Sprache in Österreich, Verlag Peter Lang, 2008