Millionenstädte ohne Verkehrsprobleme?
| 07. Dezember 2016Lkw bringen Waren vom Hersteller zum Supermarkt im Grätzel und garantieren unsere Nahversorgung. Der Nachteil: dichter Verkehr, Lärm- und Umweltbelastung. Im Video präsentieren Logistikexperte Karl Dörner und sein Team eine effiziente und umweltfreundliche Lösung: Green City Hubs.
Elektrofahrzeuge könnten viele der Probleme, die der Verkehr in Millionenstädten wie Wien mit sich bringt, lösen – aber nicht alle: Für den Transport von Waren aus den großen Logistikzentren außerhalb der Stadt in die mehr oder weniger voneinander unabhängigen Kaufhäuser im Zentrum reichen die Akkuleistungen heute noch nicht aus.
An der Universität Wien arbeiten die ForscherInnen des Christian Doppler Labors für Effiziente Intermodale Transportsteuerung unter der Leitung von Karl Dörner an neuen Möglichkeiten der "grünen" Logistik. "Dazu gehören Fragen wie: Welche Kombination von Verkehrsmitteln ist optimal, wie können Aufträge gebündelt und Leerfahrten vermieden werden, welche Pufferzeiten sind nötig?", erklärt der Experte für Produktion und Logistik.
Green City Hubs
Zur Lösung des Verkehrsproblems in Wien schlagen die ExpertInnen konkret sogenannte "Green City Hubs" vor: kleine Umschlagplätze in der Innenstadt, an denen die Waren vom Lkw auf Elektrotransporter oder elektrisch betriebene Fahrräder umgeladen werden. Diese legen die letzten Kilometer zum Nahversorger zurück.
"Die City Hubs selbst sind möglichst simpel konzipiert und brauchen wenig Platz – das kann beispielsweise ein einfacher Parkplatz sein", erklärt Karl Dörner. Das von der FFG geförderte Projekt "Green City Hubs" wurde heuer erfolgreich abgeschlossen: "Das Konzept ist ausgearbeitet – aus technischer, stadtplanerischer und transportorientierter Perspektive", so Dörner. Jetzt liege es an der Politik, die Anreize für die vollständige Umsetzung zu schaffen.
Angewandte Forschung
Im Christian Doppler Labor kooperieren die BetriebswirtInnen der Universität Wien mit Partnern aus der Wirtschaft wie Logistikunternehmen, aber auch mit der Stadt Wien und den Wiener Linien. Grundlage der Forschungsarbeit sind mathematische Modelle und Methoden, die nach intensiven Gesprächen mit den Partnern zu Entscheidungsunterstützungssystemen ausgearbeitet werden – und schlussendlich wieder dazu dienen, die Partner durch Aufzeigen der Einsparungspotenziale von den Ideen zu überzeugen.
"Die Unternehmen können für solche Projekte zumeist nur dann gewonnen werden, wenn deutliche Kosteneinsparungen für sie entstehen", erklärt Universitätsassistentin Alina-Gabriela Dragomir: "Aber auch bei Logistikunternehmen spielen neben Effizienzsteigerung und Kostensenkung immer mehr auch umweltorientierte Ziele eine Rolle."
Logistik 4.0
Ein weiterer wichtiger Forschungsschwerpunkt im Christian Doppler Labor ist die Digitalisierung – auch in der Logistikbranche ist Big Data ein großes Thema: Durch das gezielte Sammeln und Verwerten von Daten können Tourenplanungen effizienter und "Just-in-time" gestaltet werden. "Anhand von Echtzeitdaten kann man beispielsweise nachvollziehen, wo sich der Kunde bzw. die Kundin aktuell befindet, und das in die Tourenoptimierung einbauen", veranschaulicht Universitätsassistentin Jasmin Grabenschweiger.
In der Digitalisierung steckt also ein hohes Potenzial, was das Einsparen von Emissionen und Kosten betrifft. Mit ihrer Forschung im Christian Doppler Labor sind die WirtschaftswissenschafterInnen der Universität Wien am Puls der Zeit und wollen weiterhin Anreize für Politik und Unternehmen schaffen, in eine grüne Logistikzukunft zu investieren. (bf/br)
Das CD-Labor für Effiziente Intermodale Transportsteuerung unter der Leitung von Karl F. Dörner vom Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Wien läuft seit Februar 2013 bis Ende Jänner 2020. Unternehmenspartner sind die Industrie-Logistik-Link GmbH und die Wiener Linien GmbH & Co KG. Das Projekt "Green City Hubs – Konzeptionierung einer Last-Mile Zustelllogistik mit mehreren Hubs sowie alternativer Fahrzeug- bzw. Antriebstechnik" wurde von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert und im März 2016 abgeschlossen.